Politiker und Soziale Netzwerke: Westerwelle kriegt Contra bei Facebook
Nicht jedem ist Facebook wohlgesinnt: In Westerwelles Profil gibt es böse Schmähkommentare. Konsequenz: Die nominell freiheitliche Partei wirft Pöbler ganz von der "Fanseite".
Was waren das für Zeiten: Ein FDP-Chef Westerwelle, der mit einem quietschgelben Wohnmobil namens "Guidomobil" durch die Republik dackelte und sich auch nicht zu schade war, im Big-Brother-Container auf Stimmenfang zu gehen. Doch der inzwischen 46-Jährige ist erwachsen geworden. Auf seinem Facebook-Profil zeigt sich der einstige Polithampel nun von seiner staatsmännischen Seite - wären da nicht einige Querulanten, die mit fiesen Kommentaren seinen Webauftritt vermiesen. In seinem Account sammeln sich die Westerwelle-Basher.
Ein Lukas Pollmann schreibt, dass er Herrn Solms ja für "nen besseren repräsentanten für die fdp" halte. Ein Christian Lackner antwortet, Westerwelle sei genau der Richtige. Es gebe ja sonst niemanden der FDP, der ihm rhetorisch das Wasser reichen könne. Und genau darin liege das Problem der FDP" - woraufhin Wolf Mickan fragt: "Du meinst also, es gibt zu wenige, die ihr asoziales Programm ausreichend schönreden können? Stimm ich dir zu 100 % zu!" Gleich an mehreren Stellen hat der Westerwelle-Dauerpöbler Videoclips vom Roadrunner gepostet und vergleicht Westerwelle mit dem ewig versagenden Kojoten.
Und das sind noch die harmlosen Einträge. Ein Link zu einem Plakat, auf dem Westerwelle als schmarotzendes Ferkel abgebildet ist, ist nach nur wenigen Stunden nicht mehr auffindbar. "Sehr geehrter Herr Mickan", heißt es irgendwann. Wie es sich für eine liberale Partei gehört, dürfe auf dieser Pinnwand jeder schreiben, was er will. Die Tonlage der Diskussionen würde aber zunehmend rauer und bisweilen respektlos geführt werden. "Wir werden uns daher vorbehalten, einzelne Beiträge bei Verstoß gegen die Nettikette zu löschen." Unterzeichnet: "Ihr Team Guido Westerwelle." Seit Donnerstag hat das Team des Freiheitsliebenden Kritiker wie Mickan ganz von der Seite geschmissen.
Dabei wollte Westerwelle auf seinem Facebook-Account brav und gesittet daherkommen. Anders als Angela Merkel (CDU), die sich als Anhängerin der ehemaligen DDR-Schmierenrocker Karat outet, oder Frank-Walter Steinmeier (SPD), der krampfhaft versucht, sich mit seinem Bekenntnis zu den Stones ein rebellisches Image zu verschaffen, gibt Westerwelle auf Facebook nur wenig Menschelndes von sich preis. Keine Auskunft über seinen Familienstand, welche Hobbys er pflegt, und nicht einmal, welche kulinarischen Vorlieben er hat. An Videoclips sind bloß die Wahlwerbespots der FDP zu finden. Und das einzige etwas freizügigere Foto auf seiner Galerie ist ein Bild, wie er in kurzer Hose auf einem Gaul sitzend in die Kamera grinst. Ansonsten nur mehr oder weniger spontane Schnappschüsse von irgendwelchen öden Parteiempfängen.
Natürlich tummeln sich auch wahre Westerwelle-Unterstützer auf seiner Seite. So schreibt ein Martin Peters: "Sie haben meine Stimme im September! Bitte setzen Sie sich weiter dafür ein, dass nicht nur Hartz-IV-Familien, sondern auch Familien mit berufstätigen Eltern fühlbar gefördert werden!" Ob mit einem solchen Eintrag die Westerwelle-Sympathiekurve nach oben schnellen wird?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!