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Politik der StudierendenvertretungenSexismus ist nicht Hochschulpolitik

Laut einer E-Mail fordert der Göttinger AStA einen weniger linken Dachverband. Der erzkonservative RCDS will einen neuen Verband aufbauen.

München, 1967, 7000 Studenten: Waren sie nur vor 50 Jahren politisch? Bild: dpa

GÖTTINGEN taz | „Nicht mehr auf Linie zu bringen“ und „basisdemokratisches Gedöns“ – so beschreibt der Göttinger Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) den „freien Zusammenschluss der Studierendenschaften“ (fzs) in einer E-Mail an andere Studierendenvertretungen. Der AStA wirbt so für den Aufbau eines neuen studentischen Dachverbands, der mittelfristig den fzs als studentische Interessenvertretung in Ministerien und Bundestag „obsolet machen“ soll. Mindestens 20.000 Euro wollen die Göttinger in das Projekt investieren.

Offiziell verschreibt sich der Göttinger AStA einer „sach- und serviceorientierten Politik“ und plant einen „politisch neutralen“ Dachverband. Die E-Mail deutet aber auf ein tiefkonservatives Projekt hin. Dort heißt es, „die Nachteile des fzs als linksemanzipatorischer Dachverband sind hinlänglich bekannt“ oder der fzs sei ein „Quatsch- und Labergremium“. Den neuen Verband „sollen sich die Linken nicht zum Opfer machen können“.

Von solchen Formulierungen distanziert sich der Göttinger AStA-Vorsitzende Daniel Pichl mittlerweile. Auch von „obsolet machen“ redet er lieber nicht. Stattdessen wolle man „Wahlfreiheit zwischen Dachverbänden“ garantieren. Insbesondere sind die Göttinger gegen die Forderung des fzs nach einem allgemeinpolitischen Mandat. Sie behindere Arbeitsprozesse und trage „zu einer verlängerten Entscheidungsfindung bei“, so Pichl. Der neue Verband solle „explizit kein allgemeinpolitisches Mandat vertreten“.

Für fzs-Vorstand Daniel Gaittet ist eine klare Trennung zwischen Allgemeinpolitik und Hochschulpolitik schwierig. Der fzs setze sich etwa gegen Rassismus und Sexismus ein – was überall Thema sei, „von konservativer Seite aber oft als zu allgemeinpolitisch kritisiert werde“.

Wenig Bedarf am RCDS

Die zitierte E-Mail hat Außenreferent Lukas Voss vom Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) unterschrieben. In Göttingen bilden der RCDS und eine parteiunabhängige Fachschaftsliste den AStA, der etwa 27.500 Studierende vertritt. Voss bestritt dem Göttinger Tageblatt gegenüber, die Mail verfasst zu haben, in der es hieß, Gruppenvorsitzende des RCDS hätten das Vorhaben bereits diskutiert und auch der Bundesverband solle eingebunden werden.

Die Nachwuchsorganisationen der Grünen oder der SPD sind laut fzs nicht angesprochen worden. Angesichts der Konkurrenz sei man „recht entspannt“. Zahlreiche Nichtmitglieder hätten den fzs über Anfragen aus Göttingen informiert. „Viele, die mit dem fzs nichts anfangen können, fühlen sich durch den RCDS noch weniger vertreten“, so Daniel Gaittet. Die Göttinger halten trotzdem an ihrem Vorhaben fest. Pichl spricht von 20 Hochschulen, mit denen man in Kontakt sei, fest zugesagt habe eine „gute Handvoll“.

Im letzten Jahr sorgte der Rücktritt der Frauenbeauftragten des fzs für Schlagzeilen. Sie warf dem Dachverband mangelnden Rückhalt für ihre Arbeit vor. Heute vertritt der fzs rund 90 Hochschulen. Gaittet sieht den Verband sogar im Aufwind, ihm zufolge diskutieren gerade viele Studierendenvertretungen einen Eintritt. Ob es also wirklich Bedarf an einem weniger „linksemanzipatorischen“ Dachverband gibt, bleibt abzuwarten. Beim fzs zeigt man sich reichlich skeptisch: „Den fzs gibt es seit über 20 Jahren. In dieser Zeit hat keine Initiative den fzs überflüssig gemacht“, so Daniel Gaittet.

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1 Kommentar

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  • So richtig neu ist es nicht, dass es die - nach ihrem Selbstverständnis - geistigen Erben des SDS seit 1968 kräftig wurmt, dass sie kein allgemeinpolitisches Mandat haben. Und dass man die hochschulspezifischen Auswüchse allgemeiner Probleme auch hochschulspezifisch adressieren KÖNNTE, wenn man denn wollte, wird wohl auch niemand ernsthaft anzweifeln.

     

    Die Frage ist also ehrlicherweise: Allgemeinpolitisches Mandat gewollt, ja oder nein? Oder spitzer: Sind die Studierendenvertretungen tatsächlich per se eine Ansammlung jugendlich-progressiver Weisheit, die hochoffiziell der restlichen Gesellschaft erklären sollte, wie sie alles Mögliche anders und besser machen könnte? Oder reichen die üblichen, auch Nichtstudenten zugänglichen Wege allgemeinpolitischen Engangements nicht doch aus, um dieses Talent anzuzapfen?

     

    Letztlich zeugt es aus meiner Sicht von einer reichlich elitären Denke, hier auf Sonderrechte zu pochen.