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Politik 2.0 mit Ralf StegnerRoter Rambo mal lieb

SPDler Ralf Stegner ist gar nicht so ruppig. Beim Twittern zeigt er sich ganz milde - schockt aber seine knapp 2.000 Followers mit gewöhnungsbedürftigen Musiktipps.

Geht für seine Familie Brötchen holen: "Obergiftzwerg" Ralf Stegner. Bild: ap

Kann 'ne fiese Möpp auf "Morning has broken" stehen? Schwer vorstellbar, dass sich ausgerechnet der Obergiftzwerg der schleswig-holsteinischen SPD, Ralf Stegner frühmorgens mit dieser Kirchenfreizeitschnulze von Cat Stevens in den Tag einstimmen lässt, bevor er zu seinem alltäglichen Verbalattacken auf Ex-Koalitionspartner Peter-Harry Carstensen ausholt.

Doch genau so ist es. Wer ihm in den vergangenen Tagen auf dem Mikroblogging-Dienst Twitter "gefolgt" ist, weiß auch, dass der ruppige Sozialdemokrat auf Gute-Laune-Evergreens wie "Kodachrome" von Paul Simon oder "Caroline" von Status Quo steht. Vor der großen Landtagssitzung am Donnerstag, auf der Carstensen das Misstrauen ausgesprochen wurde, ließ sich Stegner gar mit Udo Lindenbergs "Stark wie zwei" berieseln.

Was will Ralf Stegner mit solch intimen Informationen seinen 1.938 Followern mitteilen? Schon seine Ziehmutter, Alt-Ministerpräsidentin Heide Simonis, soll ihm geraten haben, sich in der Öffentlichkeit nicht nur "schneidend kalt", sondern auch mal von seiner "milden" Seite zu zeigen. Das hat sich der Rote Rambo nun offensichtlich zu Herzen genommen.

Viele Sympathiepunkte wird der 1959 Geborene mit einem solchen Musikgeschmack in der Twitter-Gemeinde zwar nicht ernten. Aber auch seine sonstigen Einträge sollen suggerieren, dass sich hinter der schroffen Fassade ein ausgesprochen netter und lebensfroher Mensch verbirgt. Er schreibt übers Wetter, wünscht allen einen wunderschönen Tag und will zeigen, dass er nicht nur verbissen seine politischen Gegner anpöbelt, sondern sich zwischendurch auch mal den schönen Dingen des Lebens zu widmen vermag.

"Schönes SHMF-Konzert (Schleswig-Holstein Musik-Festival Anm. des Autors) in Kiel in der Ostseehalle", twittert er am Sonntagmittag über sein iPhone, mitten in seiner wahrscheinlich bis dato turbulentesten Zeit, seitdem er als Politiker in Kiel mitmischt. "Toller SPD-Familiensommer in Trappenkamp: Viele Kinder, Sonne und gute Laune!" heißt es von ihm eine Stunde später in bester Stimmung.

Und dass er am Tag, nachdem die Bombe mit dem Koalitionsbruch geplatzt ist, seinen Twitter-Fans mitteilt: "Moin aus regnerischem SH. Nun Interview im Deutschlandfunk, dann für Familie Brötchen holen", und dazu noch "In the garden" von Bob James hört, soll zeigen, wie herrlich normal er sein Leben fortzuführen weiß. Er selbst behauptet dann auch, dass er privat "harmoniesüchtig" sei. Und je härter es im Politgeschäft zugehe, desto ruhiger würde er werden.

So ganz lassen kann er es mit den Sticheleien aber auch an der Twitterfront nicht. "Nord-CDU will durchregieren wie in alten Zeiten vor 1988: Stilloser und unwürdiger Rausschmiss der SPD-Minister", schreibt er am Dienstag und spielt damit zum wiederholten Male auf die Barschel-Affäre an, die mit dem Tod des damaligen CDU-Ministerpräsidenten in der Badewanne endete. Mit Wirkung: Die jetzige CDU bringt er mit diesem Gezwitscher zur Weißglut.

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