Polens EU-Ratspräsidentschaft: Schweres Erbe
Altlasten der PiS-Regierung machen der Regierung Donald Tusk das Leben schwer. Die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft wird die nächste große Aufgabe.
F ür Polens größte Oppositionsgruppe im Parlament, die national-populistische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), hätte das neue Jahr gar nicht besser beginnen können. Schon bald könnten beim PiS-Chef Jarosław Kaczyński und seinen Getreuen umgerechnet knapp vier Millionen Euro aus dem Staatssäckel auf dem Parteikonto landen. Der Grund dafür ist eine Entscheidung der Wahlkommission von Anfang dieser Woche, einen Finanzbericht der PiS aus dem Jahre 2023 doch anzuerkennen.
Noch im August vergangenen Jahres hatte ebenjene Kommission den Bericht abgelehnt, da die PiS angeblich etwa 840.000 Euro regelwidrig für ihren Wahlkampf 2023 ausgegeben habe. Die unerfreuliche Folge für die PiS wäre gewesen: empfindliche Einschnitte bei der staatlichen Finanzierung und damit klamme Kassen vor den Präsidentenwahlen im kommenden Mai.
Nun ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass ein Gremium bei der Bewertung eines Sachverhalts zu einer anderen Einschätzung kommt. In Polen reicht das Problem jedoch tiefer. Denn die Grundlage für den Rückzieher der Kommission ist ein Urteil einer der Kammern des Obersten Gerichtshofes. Dummerweise ist die personelle Zusammensetzung vieler Organe der dritten Gewalt eine Altlast von acht Jahren PiS-Regierung. Eine umfängliche Reform der Justiz, klingelt da etwas? Genau.
Schwierige Entscheidungen geerbt
Das war damals eine vornehme Umschreibung für erfolgreiche Versuche der PiS, im Sinne einer Gleichschaltung von Institutionen demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft zu setzen, um die eigene politische Agenda durchziehen zu können. Erinnert sei nur an die Dauerfehde zwischen Warschau und Brüssel in dieser Causa, die diese Entwicklung allenfalls bedingt aufzuhalten vermochte.
Das Beispiel PiS und ihren Einsatz von Mitteln im Wahlkampf macht einmal mehr deutlich, vor welchen innenpolitischen Herausforderungen die Regierung von Donald Tusk steht. Anlässlich der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft am 1. Januar 2025 unter dem Motto „Sicherheit, Europa“ sagte er, das Erbe erzwinge schwierige Entscheidungen. Wohl wahr.
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