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Poker um Springer–Kartell

■ Kirch–Gruppe will zur Beruhigung der Gemüter beitragen / Leo Kirch und Burda verfügen noch nicht über die Mehrheit im Springer–Konzern

Von Benedict Mülder

Berlin (taz) - Erstmals unterrichteten am Donnerstagnachmittag die Springer–Aktionäre Kirch und Burda, vertreten durch die Rechtsanwälte Theye und Warth, das Bundeskartellamt in Berlin über ihre gemeinsamen Pläne für die Zukunft des Pressekonzerns. Ein von beiden unterzeichneter Pool–Vertrag hatte im März für erhebliche Unruhe im Springer– Verlag gesorgt und das Kartellamt auf den Plan gerufen. Doch wie ein Sprecher des Kartellamtes gestern auf Anfrage mitteilte, seien Kirch und Burda noch „eine ganze Ecke davon entfernt“, über die 50–Prozent–Hürde zu springen. Offiziell besitzen die Burda–Brüder Franz und Frieder 25,9 Prozent der Anteile und Leo Kirch lediglich 10 Prozent. Er selbst hatte allerdings immer wieder davon gesprochen, über weitere 16 Prozent zu „disponieren“. Dies hat sich nach Meinung des Kartellamtssprechers in dem Gespräch nicht bestätigt. Auch die Sprecherin der Kirch–Gruppe, Armgard von Burgsdorff, betonte jetzt gegenüber der taz, Gegenstand des Pool–Vertrages seien 36 Prozent sowie noch anzustrebende 16 Prozent. In diesem Lichte, so das Kartellamt, sei der Pool–Vertrag aus kartellrechtlicher Sicht nicht so bedeutend. Gleichwohl seien die Konsequenzen einer gemeinsam kontrollierten Mehrheitsbeteiligung nicht abzusehen. Die Kirch–Gruppe dementierte in diesem Zusammenhang angebliche Pläne, Vorstand und Aufsichtsrat im Springer– Verlag kippen zu wollen. Es gebe keinepersonellen Vorstellungen geschweige denn Festlegungen für die Besetzung irgendwelcher Gremien. Darüberhinaus betonte Frau Burgsdorff ähnlich wie Frieder Burda in einem Brief an die gestrige Hamburger Belegschaftsversammlung, daß Kirch mit Sicherheit nicht als Arbeitsplatzkiller auftreten werde. Verlagsentscheidungen stünden zum jetzigen Zeitpunkt nicht zur Diskussion. Im übrigen hofft die Kirch– Gruppe weiterhin auf ein Einvernehmen aller Beteiligten bei der Lösung der anstehenden Probleme. Der Wirtschafts– und Verlagsausschuß des Springer–Konzerns ließ sich am Donnerstag jedenfalls nicht von seiner routinemäßigen Tagesordnung abbringen. Es ginge nicht ans Eingemachte, hieß es.

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