Pokalwochenende: Der doppelte Brobbey
Neuer Stoff für die Sucht nach Elfmeterschießen: DFB-Pokal und Supercup halten mit dem Ajax-Spektakel in der Europa League mit. Na ja, fast.
E s geht wieder los, die neue Fußballsaison beginnt – und zwar gewaltig. In meinem Umfeld gibt es nur zwei Sorten von Menschen: die in einem ähnlichem Maße Fußballverrückten, und normal denkende Personen, die am Stöhnen sind. Denn ab Freitag ist Fußballwochenende, montags werden die Highlights und Fachmagazine inhaliert, Dienstage und Mittwoche sind oft mit einer englischen Woche gesegnet. Also Donnerstag einfach mal ins Kino gehen hab ich mir gedacht, doch nicht ohne mir den Spielstand vom Sensations-Team KI Klaksvik aus Färöer in der Euro League Quali anzupinnen.
Ich leide nämlich unter etwas, das ich selbst den Malaga-Effekt nenne, nach dem Viertelfinalrückspiel 2013. Der BVB kommt durch zwei Tore in der Nachspielzeit weiter. Das krasseste Spiel damals, das ich aber nicht gesehen habe, weil ich in der Schulwoche früh ins Bett musste. Und seitdem bin ich auf der Suche nach der nächsten Sensation von historischem Ausmaß.
Tja, also gucke ich mir so ein bisschen an, was in der 3. Qualifikationsrunde der Europa League passiert. KI Klaksvik ist zwar ausgeschieden, doch bei Ajax Amsterdam gegen Panathinaikos Athen geht’s ins Elfmeterschießen. Warum nicht auf einer illegalen Streamingplattform anschauen, wo der Film im Freiluftkino doch schon aus ist?
Eine goldrichtige Entscheidung, denn dieses Elferschießen hatte es in sich. Von den ersten zehn Schützen verschoss der erste von Athen und der fünfte von Ajax. Ab jetzt kann jederzeit Schluss sein; doch egal, ob Athens Spieler trafen oder verschossen, Amsterdam macht es ihnen nach. Und jedes Mal hab ich mich gefreut, wenn das Spektakel verlängert wurde. Völlig egal, wer weiterkommt, ich wollte einfach nur das größtmögliche Spektakel sehen.
GFC vs. GU
Tatsächlich gab es in der letzten Saison ein Elfmeterschießen mit noch mehr Treffern, nämlich in der 1. Qualirunde für die Conference League. Dort trafen die Spieler von Glentoran FC und Gżira United 27 Mal, bevor jemand vom erstgenannten Team nicht traf. Bei Ajax-Athen wurden sechs Elfer mehr geschossen, Amsterdams 40-jähriger Torwart Remko Pasveer hielt ganze fünf Versuche und traf selber, während Ajax-Stürmer Brian Brobbey gleich zweimal kläglich scheiterte. Vermutlich auch ein Rekord.
Endergebnis 13:12.
Eine derartige Spannung konnte uns der nationale Pokalwettbewerb noch nicht bieten, obwohl es ja nicht schlecht losging im DFB-Pokal. Auch in Halle, wo Bundesligist St. Pauli das erste Pflichtspiel bestreitet, sieht es lange nach Elfmeterschießen aus, ebenso in Würzburg, wo sich die Kickers mit Hoffenheim messen. Nach 120 Minuten wird dort die Entscheidung vom Punkt getroffen, doch ein Favoritensieg nach nur 9 Elfmetern ist schon ein wenig enttäuschend. Genau wie die Tatsache, dass es im Pokal Stand Sonntagmittag keine richtige Sensation gab.
Am Samstag geht es mit ein paar Freunden nach Hamburg, Phönix Lübeck gegen Dortmund spielt hier. Großartige Stimmung, doch das Spiel bot weder Sensation noch Torfestival. In den anderen Spielen sah es ähnlich aus. Und das nach der letzten Saison, wo viele Bundesligisten im Pokal früh die Segel streichen mussten. Nun ja, die Suche und die Sucht nach der nächsten Sensation geht weiter. Jetzt am Montag im Pokal, Dienstag bis Donnerstag sind die Play-offs für die internationalen Wettbewerbe und ab Freitag ist die Bundesliga am Start. Irgendwie kann ich mich gar nicht mehr daran erinnern, wann das letzte mal Fußballpause war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht