KOMMENTAR: Pleite nach Maß
■ Selbst ihre Besitzer haben die Markthalle aufgegeben (S. 22)
In Bremen steht unter dem selbst für Eingeweihte rätselhaften Namen „Markthalle“ seit 10 Wochen das ehemalige Zentralbad ziemlich unbeachtet rum. Wenn die Eigentümer, die das Ex-Schwimmbad für 40 Millionen renoviert und umgebaut haben, tatsächlich die Absicht haben sollten, hier irgendwann „Markt“ zu veranstalten, haben sie gestern eine entscheidende Chance vertan. Es könnte ihre letzte gewesen sein.
Zwei Dutzend kleiner Einzelhändler, die den großen Investoren vertraut haben und deren Vertrauen offensichtlich mißbraucht wurde, zeigten gestern Bereitschaft und gute Ideen, um die Karre gemeinsam aus dem Dreck zu ziehen. Was sie bei ihren Vermietern ernteten, waren allenfalls vage Absichtserklärungen. Dabei dürfte niemand besser wissen als die Investoren selbst: Jeder tatentlos verstrichene Tag treibt auch ihre treuesten Mieter dem Ruin näher und die letzten Kunden aus der Halle heraus. Zu beweisen ist es noch nicht, die Vermutung drängt sich aber auf: Nachdem die Investoren eine gute Idee erst fahrlässig ruiniert haben, geben sie ihr jetzt vorsätzlich den Rest. Die absehbare Pleite ist ab sofort kein Management-Fehler mehr. Sie ist neues Management-Konzept.
Klaus Schloesser
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