Platz für Flüchtlinge: Willkommen im Kasernenhaus

In das ehemalige Bundeswehrhochhaus ziehen ab heute 150 Flüchtlinge ein. Weitere 1.400 Wohnheim-Plätze sollen bis Ende 2015 geschaffen werden.

Obdach verzweifelt gesucht: Notunterkunft in den Messehallen. Foto: dpa

Frisch poliert glänzen im melierten 1960er-Jahre Stil die unkaputtbaren PVC-Bodenfliesen unter dem gleißenden Deckenlicht. Abdrücke zeigen noch ehemalige Standorte von Aktenschränken. Seit fünf Jahren steht das Bundeswehrhochhaus an der Falkenstraße 45 leer. Die alten Geister sind in den letzen acht Umbauwochen vertrieben worden, aber der historische Behördencharme ist trotz farblicher Aufhellung, modernem Brandmelder-Deckendesign, kindergesicherter Elektrik und neuen Sanitäranlagen geblieben. In das umgebaute Haus ziehen ab heute 150 Flüchtlinge.

Bisher waren sie in den Messehallen auf der Bürgerweide untergebracht. Sie stammen aus Syrien, Albanien, Mazedonien, Ägypten und Eritrea. 66 Einzel-, Doppel- und Familienzimmer stehen zur Verfügung, außerdem 40 Notfallschlafplätze. Für jeden Bewohner ein Metallbett und ein -spind sowie Tisch und Stuhl. Innenarchitektonische Reminiszenzen an Jugendherbergen von anno dazumal. Auch Assoziationen an den spartanischen Kasernenstil liegen nahe.

Am Donnerstag wurden die unteren sechs Etagen des 15-geschossigen Ungetüms an den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) als Träger übergeben. Die oberen Etagen sind durch dicke Gefängnisgitter abgesperrt - die Feuerleiter reicht nicht weiter. Heimleiterin Larissa Meyer und ein dreiköpfiges Hausmeisterteam wollen sich wochentags von 7 bis 22 Uhr um die Bewohner kümmern. Ein Wachdienst sei stets vor Ort. Kinderbetreuung und Deutschunterricht würden organisiert. Auch ein Spielplatz entstehe auf dem von Autos umtosten Verkehrsinselgrundstück. Wenn im Erdgeschoss ein Rolltor hochfährt, werde dahinter das ausgegeben, was ein Essen-Bringdienst angeliefert hat. „Umbaukosten insgesamt: eine Million Euro“, sagte Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne). „2011 hatten wir drei Übergangswohnheime in Bremen, jetzt sind es 30.“ Das entspreche der „rasant steigenden“ Zuwanderung. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres habe das Land annähernd 1.600 Flüchtlinge aufgenommen, das sind im Vergleichszeitraum dreimal so viele wie in Jahr zuvor und fünfmal so viele wie in 2013. Die Neubremer haben nach dreimonatigem Aufenthalt im Übergangswohnheim das Recht auf eine private Unterkunft. An denen es mangele. Stahmann: „Wir können jeden Monat 100 Menschen eine Wohnung vermitteln.“

Die 6.700 Quadratmeter des Hochhauses wurden bis 2007 vor allem als Kreiswehrersatzamt, später vom Hauptzollamt und für „Tatort“-Dreharbeiten genutzt. Seit September 2014 bot die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) das bundeseigene Gebäude zum Verkauf an, stellt es nun aber erst einmal für drei Jahre mietfrei zur Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung. Anschließend will die Gewoba das 1969 hochgezogene Gebäude erwerben, inklusive Tiefgarage und Atombunker. Laut Stahmann entstünden dann in zentraler Lage „bezahlbare Wohnungen“ für Studenten oder Menschen mit geringem Einkommen. „In die oberen Etagen würde ich sofort einziehen, der Ausblick über Bremen ist toll.“

Mit dem Bundeswehrhochhaus sind die Unterbringungsprobleme aber bei Weitem nicht gelöst. Weitere 1.400 Plätze sollen bis Jahresende geschaffen werden.

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