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Pläne für GroßelternzeitKritik von allen Seiten

Pläne von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) zur Einführung einer Großelternzeit stoßen auf Widerspruch. Stattdessen soll es mehr Kita-Plätze geben.

Kritisierte Pläne: Das Familienministerium will, dass sich Großeltern mehr um ihre Enkel kümmern können. Bild: dpa

DÜSSELDORF dapd | Die Regierungspläne zur Ausweitung der Elternzeit auf Großeltern trifft in der Koalition selbst, aber auch in der SPD und der Wirtschaft auf breite Kritik. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig bezeichnete die Pläne als „unausgegoren“. In einem Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung plädierte sie stattdessen für einen verstärkten Ausbau von Kita-Plätzen.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, sieht in der geplanten Großelternzeit Nachteile für die Unternehmen. Die familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Miriam Gruß, sagte, die Familienministerin sollte sich auf die wesentlichen familienpolitischen Themen konzentrieren.

Nach Plänen von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) sollen neben Vätern und Müttern künftig auch Großeltern von der Elternzeit profitieren. Zwar will Schröder Großeltern nicht finanziell für Erziehungsleistungen entschädigen, doch sollen sie laut ihrem Gesetzentwurf einen rechtlichen Anspruch auf berufliche Freistellung und Kündigungsschutz erhalten - ungeachtet von Alter und beruflicher Situation der Eltern.

Schwesig betonte, grundsätzlich sei es zu begrüßen, wenn Oma und Opa leichter eine Auszeit vom Beruf nehmen können, wenn sie sich um ihre Enkelkinder kümmern. Doch oft sei die Tatsache, dass Großeltern sich bei der Kinderbetreuung einbringen, purer Notwendigkeit geschuldet. „Denn meistens mangelt es an Kitaplätzen, sodass die Eltern auf das familiäre Umfeld zurückgreifen müssen. Deswegen hat für uns der Betreuungsausbau absolute Priorität.“

Ausreichend Betreuungsplätze schaffen

Driftmann, sieht in der geplanten Großelternzeit Nachteile für die Unternehmen. Wenn künftig Eltern und Großeltern nicht nur gleichzeitig, sondern auch nach eigenen Wünschen bis zum 14. Lebensjahr des Kindes Eltern- beziehungsweise Großelternzeit nehmen könnten, erschwere das die Personalplanung besonders in mittelständischen Betrieben sehr, sagte Driftmann der Düsseldorfer Rheinischen Post. Hilfreicher für Eltern und Unternehmen wäre es, wenn endlich ausreichend Betreuungsplätze geschaffen würden.

Die Pläne, einen Rechtsanspruch auf Großelternzeit zur Betreuung von Enkelkindern einzuführen, stoßen auch auf Widerstand in der FDP. „Die Familienministerin sollte sich auf die wesentlichen familienpolitischen Themen konzentrieren“, sagte Miriam Gruß, familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, der Passauer Neuen Presse.

Dringender als eine Großelternzeit sei es, weiterhin die Vereinbarkeit von Beruf und Elternschaft zu verbessern, beispielsweise durch die verstärkte Förderung von Ganztagsbetreuung auch bei Schulkindern.

Skepsis auch bei Unionsfraktionsvize

Auch bei den Wirtschaftspolitikern der Unionsfraktion stößt die Großelternzeit auf Vorbehalte. „Meine Skepsis ist groß. Wir sollten genau überlegen, ob das in den Firmen überhaupt umsetzbar ist“, sagte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU). „Firmen, die keine eigenen Personalabteilungen haben, verfügen nicht über die notwendigen Kapazitäten, um die Großelternzeit zu organisieren.“

Ähnlich äußern sich auch die Arbeitgeber. „Zahlreiche gesetzliche, tarifvertragliche und betriebliche Regelungen unterstützen heute bereits umfassend die Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, sagte ein Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Eine Ausweitung des Anspruchs auf Großelternzeit sei nicht notwendig.

„Alle Arbeitnehmer, also auch Großeltern, haben nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz einen Anspruch, ihre Arbeitszeit zu reduzieren“, so der BDA-Sprecher weiter. Hilfreicher als eine Großelternzeit sei es, Eltern mit einer ausreichenden und qualifizierten staatlichen Kinderbetreuung zu unterstützen.

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4 Kommentare

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  • H
    hans

    Sobald irgendjemand einmal einen unorthodoxen

    Vorschlag hervorbringt, wird auf die Person

    eingeprügelt.

    Mit den alten gestandenen Leuten mit

    Berufserfahrung, vernünftiger Bildungslaufbahn,

    praktischen Befähigungen und einem guten

    Draht zu Kindern kann der Einsatz im

    Erziehungsbereich mit Hilfe von Großeltern

    sehr, sehr sinnvoll sein.

    Natürlich muss man, aber die Kinder entscheiden

    lassen mit wem sie ihre Zeit verbringen wollen,

    wen sie akzeptieren.

    Denn es kommt auf Werte mindestens genauso

    an wie auf Belastbarkeit.

    Das Erziehungssystem braucht sich nur einmal

    ihre Hauptschulen und Realschulen anzusehen,

    um zu wissen, dass deren Erziehungsleistung

    bei Jungen sehr dürftig ist.

    Man fürchtet sicherlich zu Recht den Erfolg

    männlicher Erzieher, die sich in der Praxis

    bewährt haben. Kann man dann doch nicht

    weiter so sexistisch diskriminieren, wenn

    es einmal Konkurrenz gibt und Erwachsene

    sich anschauen, wie es dort läuft.

     

    Zu einer Demokratie gehört auch die Offenheit

    der Bildungseinrichtungen für Quereinsteiger

    nicht nur in der Theorie, sondern auch praktisch,

    auch wenn es genug qualifizierte ErzieherInnen

    gibt. Denn Leute von außerhalb sind selbst

    bei Schöffengerichten unerläßlich, um

    Betriebsblindheit und hierarchiebedingte

    Mißstandserduldung nicht weiter zu tolerieren.

    Unser Volk nimmt an einen schlechten

    Bildungssystem zuviel Schaden und damit

    auch die Demokratie.

    Die fehlende Wehrhaftigkeit gegen politische

    Korruption und Aufzwingung unverantwortlicher

    Risiken in Bezug nehmend auf Brüssel (ESM,

    radioaktive Grenzwerte, Gentechnik, Fiskalpakt,

    Bankenunion usw.), extrem hoher Anteil

    öffentlicher Arbeitgeber an der Gesamtbeschäftigung

    im Osten(die nicht selbst vom Bundesland

    finanziert werden kann) sind ein klares

    Indiz für eine sterbende Gesellschaft in Agonie

    und Brüssel gibt den Völkern den Rest!

     

    Frau Schröder zeigt Mut und Initiative.

    Es ist nicht richtig sie zu mobben.

    Ihr Mut sollte im Gegenteil belobigt werden,

    denn sonst werden hier doch alle politischen

    Ideen vom Ausland abgekupfert, weil hier

    kein Klima der grundgesetzkonformen,politischen

    Innovation herrscht!!!!!!!!!!

  • M
    Mutti

    Bevor ich meine Mutter auf meine Kinder los lasse, frag ich lieber einen Wildfremden auf der Strasse ob er sie mal für 10 Minuten sittet.

  • U
    Urgestein

    Bin mal gespannt was unserer Familienministerin als nächstes einfällt, um ihre Untätigkeit und Inkompetenz zu kaschieren. Mein Vorschlag: Befreiung von der Schulpflicht ab der 5.Klasse bei der Betreuung jüngerer Geschwister.

     

    Gilt aber nur für Mädchen, denn die werden später eh Hausfrau und Mutter, da ist (Schul)Bildung über die Grundschule hinaus sowieso nur hinausgeworfenes Steuergeld, gell Kristina?

     

     

    Nicht. meine. Ministerin.

  • A
    aurorua

    Ich plädiere für eine Ur-Großelternzeit, die können sich das mit ihren Renten wenigstens noch leisten.