Pin-Up-Ikone Page gestorben: Die geheimnisvolle Bettie P.
Die Pin-Up-Ikone Bettie Page ist tot. Für Männer war sie eine Projektionsfläche ihrer Fantasien. Fans rühmen sie als Vorkämpferin eines weiblichen Selbstbewusstseins.
Für das Playboy-Magazin war sie "das Model des Jahrhunderts, und dessen am besten gehütetes Geheimnis." Tatsächlich tat es dem Ruhm der "notorischen" Bettie Page keinen Abbruch, als sie sich Ende der 1950er Jahre überraschend aus der Öffentlichkeit zurückzog. Im Gegenteil. In den folgenden Jahrzehnten festigte sich ihr Status als Ikone des Underground, der Fetisch- und der Striptease-Kultur umso mehr. Reporter versuchten vergeblich, sie aufzuspüren. Lange Zeit wusste niemand, was aus der "Königin des Pin-Up" geworden war. Zugleich wurde ihr Bild immer allgegenwärtiger, auf Kaffeebechern und Feuerzeugen, auf Spielkarten und Comic-Heften. Nichts leichter, als die Markenzeichen des Bettie-Page-Looks zu reproduzieren: große Augen und eine Prinz-Eisenherz-Frisur.
Page selbst soll erst Anfang der 1990er entdeckt haben, welchen Kultstatus sie mittlerweile weltweit erreicht hatte. Ihr Erfolg liest sich wie eines der vielen produktiven Missverständnisse der Popkultur: Auf den Titelblättern von Herrenmagazinen posierte sie als Jungle Queen oder als peitschenbewehrte Domina, in ihrem Privatleben war sie zurückhaltend und gab an, niemals Sex mit einem Mann gehabt zu haben, den sie nicht auch liebte. Zu ihren Bondage-Aufnahmen merkte sie einmal an, sie habe nie verstanden, was daran jemand anziehend finden könnte. Bettie Page war das einfache Mädchen vom Land, das mit seinen pechschwarzen Haaren als "bad girl next door" posieren konnte. Die Frau, deren freizügige Aufnahmen Schockwellen durch die USA fegen ließen, und deren Aufnahmen wegen angeblicher Pornographie gerichtlich verboten wurden, schloss sich 1958 den wiedergeborenen Christen an und zog sich nie wieder vor einer Kamera aus.
Sie war die meist fotografierte Frau ihrer Zeit. Zuerst wollte Bettie Mae Page, geboren 1923 in Nashville, Tennessee, Lehrerin werden. Sie brach ihr Studium ab, um Schauspielunterricht zu nehmen, hatte jedoch, auch wegen ihres Südstaaten-Akzents, bei Produzenten keine Chance. Als sie Anfang der 1950er eher zufällig einem Hobbyfotografen begegnete, begann ihre steile Karriere als Projektionsfläche für Männerfantasien in einer moralisch rigiden Zeit.
Heute feiern ihre Fans sie als Vorkämpferin für ein neues Frauenbewusstsein, als Wegbereiterin der sexuellen Revolution. Marilyn Monroe, ihr blondes und braves Gegenstück, wäre ohne sie nicht denkbar gewesen. Madonna und Uma Thurman haben sich als Bettie Page ablichten lassen, die Neo-Burlesque-Performerin Dita von Teese folgt ihrem Vorbild bis zur Kopie.
Am Donnerstagabend (Ortszeit) starb Bettie Page im Alter von 85 Jahren in einem Krankenhaus von Los Angeles. Neun Tage zuvor hatte sie einen Herzanfall erlitten, von dem sie sich nicht mehr erholte.
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