piwik no script img

Philipp Rösler und die EnergiewendeWenn aus Nestern Barrikaden werden

Der Plan des Bundeswirtschaftsministers, den Naturschutz für den Ausbau der Stromnetze auszusetzen, findet wenig Freunde – weder in der Koalition noch bei den Netzbetreibern.

Rösler kündigte bereits im Juni an, er wolle für den zügigen Ausbau von Stromauto-bahnen EU-Richtlinien für den Vogel- und Naturschutz zeitweise außer Kraft setzen. Bild: designritter/photocase.com

BERLIN taz | Energie viel zu teuer, Netze nicht fertig, der Zeitplan insgesamt verzockt: Die Energiewende komme nicht voran, jammerte unlängst Umweltminister Peter Altmaier (CDU). Sein FDP-Kollege im Wirtschaftsministerium stimmte ein. Dabei sieht Philipp Rösler sonst eher Lösungen als Probleme: Was nicht passt, macht er passend.

So kündigte Rösler bereits Mitte Juni an, er wolle für den schnellen Ausbau von Stromautobahnen in Deutschland EU-Richtlinien für den Vogel- und Naturschutz zeitweise außer Kraft setzen. „Wir brauchen beides: Naturschutz und neue Netze in Deutschland und in Europa“, sagte Rösler.

Das rückte den Liberalen in ein neues Licht: Rösler will den Weg ins grüne Ökozeitalter beschleunigen und gar nicht behindern, lautete die Botschaft. Das Problem: Die Begünstigten halten nichts davon, das Umweltrecht vorübergehend abzuschaffen.

„Der Engpass beim Netzausbau ist nicht der Naturschutz“, sagte Boris Schucht, Chef des ostdeutschen Netzbetreibers 50Hertz, zur Financial Times Deutschland. Ökovorschriften behinderten den Ausbau keineswegs. Viel eher störten die langen Genehmigungsverfahren.

Kein Zweifel an bestehenden Umweltauflagen

Den Betreibern ist klar: Wenn die Umweltlobby auf die Barrikaden geht, weil eine geschützte Tier- oder Pflanzenart gefährdet ist, nützt die schönste Stromtrasse wenig. „Netzausbau und Naturschutzbelange lassen sich nicht gegeneinander ausspielen“, heißt es bei 50Hertz.

Im Wirtschaftsministerium ist man nicht so erfreut über diese Aussage: „Dass der Ausbau von Netzen auch mit den bestehenden Umweltauflagen möglich ist, bezweifeln wir gar nicht“, verlautet es von dort. „Wir wollen ihn aber noch beschleunigen.“

Konkret gehe es um die Flora-Fauna-Habitate und die europäische Vogelschutzrichtlinie. Um diese zeitweise auszusetzen, spreche man gerade auf Fachebene mit der EU-Kommission. Dass diese im Nichts verlaufen dürften, hat Umweltminister Altmaier jetzt klargestellt: Die EU-Richtlinien sähen „keine generellen Ausnahmemöglichkeiten für bestimmte Vorhaben wie zum Beispiel den Netzausbau“ vor, sagte er.

Logisch, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium, im Alleingang wolle man die Richtlinien ja auch nicht ändern: „Da müssen entsprechende Gespräche stattfinden.“ Laut Altmaier würden diese wohl „Jahre“ dauern.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • W
    Windmüller

    Da kann man mal sehen, was für "Kapazitäten" unsere Regierung zu bieten hat.

    Wenn Rösler glaubt, EU Recht brechen zu müssen, dann hat er in Brüssel eine Klage am Hals, und dann hat es sich ausgetobt.

    Gerade was FFH bedeutet.