Pflanzenschutzmittel im Hobbygarten: Glyphosat fliegt raus – teilweise
Mehrere Baumärkte wollen den Pestizidwirkstoff aus den Regalen schmeißen. Genau wie Substanzen, die Bienen schaden sollen.
Glyphosat ist einer der weltweit meistgenutzte Wirkstoff in Unkrautvernichtungsmitteln. Im Juli dieses Jahres war die Substanz von der Internationalen Agentur für Krebsforschung, einem Gremium der Weltgesundheitsorganisation, als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ eingestuft worden. Kritiker fordern, das Pflanzenschutzmittel zu verbieten.
Greenpeace lobt daher die Unternehmen, die Glyphosat freiwillig aus ihrem Sortiment nehmen: „Die Baumärkte erkennen, dass sie mitverantwortlich dafür sind, ob gefährliche Gifte in Gärten und auf Balkone gelangen“, sagte Christiane Huxdorff von der Umweltschutzorganisation. Sie fordert, dass auch die Baumärkte Dehner, Hagebau und Hellweg auf den Wirkstoff verzichten.
Auch für die Bienen gibt es teilweise gute Nachrichten: Einige Baumärkte haben Pestizide mit Neonikotinoiden, die laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Bienen gefährden, aus ihrem Sortiment gezogen. Nach einer Umfrage des BUND unter den 31 größten Baumarktketten in Deutschland, die unabhängig von der Greenpeace-Umfrage am Dienstag veröffentlicht wurde, haben fünf der befragten Märkte (Leitermann, Gartencenter Mecklenburg, Metro Cash & Carry, Plaza Gartencenter und Real) sämtliche Pestizide mit Neonikotinoiden bereits vollständig aus dem Sortiment genommen.
Weitere neun Märkte, darunter Obi, Toom und Bauhaus, verzichten demnach zumindest teilweise auf Neonikotinoide: Pflanzenschutzmittel mit dem besonders umstrittenen Wirkstoff Thiacloprid wurden bereits aus dem Sortiment genommen, während andere mit dem Neonikotinoid Acetamiprid weiterhin verkauft werden. Trotzdem: Knapp die Hälfte der untersuchten Märkte bietet nach Angaben des BUND weiterhin neonikotinoidhaltige Produkte an.
Der BUND fordert ein EU-weites Verbot
Neonikotinoide sind Nervengifte, die gegen Schädlinge in der Landwirtschaft und im Hobbygarten eingesetzt werden. Dabei greifen sie aber nicht nur Schädlinge an, so Corinna Hölzel, Bienenexpertin beim BUND: „Zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass Neonikotinoide Honig- und Wildbienen schädigen.“ Durch das Nervengift erlitten die Bienen Gedächtnis- und Orientierungsstörungen und fänden deshalb teilweise nicht mehr zu ihren Stöcken zurück, sagt Hölzel. Außerdem schade das Gift dem Immunsystem der Bienen.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) dagegen stuft Neonikotinoide als ungefährlich für Bienen ein. „Diese Kategorisierung ist aber völlig überaltert, die Erkenntnisse aus neuen Studien fehlen. Außerdem werden die Schwächung des Immunsystems und die Gedächnisstörungen nicht in die Einstufung mit eingezogen“, entgegnet Hölzel. Daher begrüßt der BUND zwar, dass einige Baumärkte nun freiwillig auf die umstrittenen Mittel verzichten. „Es reicht aber nicht, dass es bei der Freiwilligkeit bleibt. Stattdessen brauchen wir ein konsequentes Verbot aller Neonikotinoide, EU-weit“, fordert Hölzel.
Das Chemieunternehmen Bayer, deren neonikotinoid-haltige Produkte Calypso und Lizetan aus dem Programm einiger Baumärkte genommen wurden, verweisen auf Nachfrage auf das BVL. „Die Produkte sind umfassend von uns und von den Behörden geprüft worden und als ungefährlich für Bienen eingestuft worden“, so der Pressesprecher von Bayer Cropscience, Utz Klages. „Es ist die Entscheidung der Baumärkte, wenn sie diese Produkte zurückziehen. Wir sind weiterhin von der Sicherheit der Produkte überzeugt“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss