Pfingstberg in Potsdam: Keine Macht den Mäzenen
Eigentlich wollte sich Springer-Chef Döpfner als gutmütiger Geldgeber präsentieren. Daraus wird jetzt nichts.

Jetzt schmeißt Mathias Döpfner also hin: Der Springer-Vorstandsvorsitzende erklärte am Freitag, er werde sich von seinem Engagement am Potsdamer Pfingstberg zurückziehen. Döpfner hatte bereits begonnen, die verfallene Villa Schlieffen samt dem umgebenden sechs Hektar großen Park zu sanieren. Dafür, dass der Verleger die Arbeiten an dem verfallenen Unesco-Welterbe bezahlt, hatte ihm die landeseigene Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) ein „zeitlich befristetes Nießbrauchsrecht“ zugesichert.
Diesen Vertrag will Döpfner nun wieder lösen. Der Grund: Eine Bürgerinitiative protestiert seit Monaten öffentlich gegen die Umzäunung des öffentlichen Geländes und gegen eine private Nutzung durch Döpfner an den Wochenenden. Nun ist wieder alles auf Null: Der Geldgeber ist beleidigt, und die klamme Eigentümerin muss neue Quellen auftun.
Potsdam ist kein leichtes Pflaster mehr für Mäzene: Bereits der SAP-Milliardär Hasso Plattner musste auf öffentlichen Druck von seinem Plan für eine Kunsthalle am Lustgarten lassen und sich mit einer weniger prominenten Lage begnügen. Nun darf auch der Promi Döpfner, dem bereits die benachbarte Villa Henckel samt Park gehört, nicht so über seine Nachbarschaft verfügen, wie er es gern wollte. Für ihn mag das ein Problem sein. Für die Stadt und den Pfingstberg, der mit seinen sowjetischen Abhöranlagen auch ein wichtiger Protestort für die DDR-Opposition war, ist Döpfners Rückzug eine Chance.
Die Zeiten, in denen Städte im Stillen auf die Suche nach solventen Partnern gehen und mit ihnen undurchsichtige Verträge aushandeln, sind zum Glück vorbei. Längst sind die Schattenseiten von Privatisierung bekannt. Und längst wehren sich selbstbewusste Bürger dagegen, dass ihnen öffentliche Flächen entzogen werden. Gut so!
Die Frage, wer die Sanierung der Villa und des Parks sonst bezahlen soll, ist zwar wichtig. Aber sie darf nicht zum Totschlagargument werden. Im Mittelpunkt für eine neue Investorensuche muss jetzt die öffentliche Zugänglichkeit des Weltkulturerbes stehen. Und die Suche nach einem „Mäzen“, der sich nicht gebärdet wie ein mittelalterlicher Fürst, sondern sich demokratischen Ideen verpflichtet fühlt – auch wenn er sie mit seinem Privatgeld bezahlt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße