Pferdefleisch nicht billiger als Rind: Hoppe hoppe Reiter
Wie kommt man eigentlich auf die Idee, Pferd mit Rind zu mischen? Fragen und Antworten der taz zur Wirtschaftlichkeit von Pferdefleisch.
BERLIN taz | Ein französisches Unternehmen hat Rinderhack mit Pferdefleisch gestreckt – also nicht mit alten Hühnern, Mastschweinen oder Straßenhunden, sondern mit einem Fleisch, das eigentlich als qualitativ hochwertig gilt.
Überschwemmt Pferdefleisch nun den gesamten europäischen Markt?
Nein. Grundsätzlich ist der Markt für Pferdefleisch zumindest in Deutschland klein. Im Jahr 2012 wurden hierzulande insgesamt 11.300 Pferde geschlachtet. Durch Importe kamen noch mal 1.000 Tonnen Pferdefleisch hinzu. Nur ein Teil des Fleisches war dabei für den Verzehr durch den Menschen gedacht; das meiste geht in die Tierfütterung. Durchschnittlich aß jeder Bundesbürger 100 Gramm Pferdefleisch. Zum Vergleich: Insgesamt verzehrten die Deutschen durchschnittlich 89 Kilogramm Fleisch.
Ist Pferdefleisch billiger als Rindfleisch?
Nein. „Man kann Pferd und Rind von den Preisen her ungefähr gleichsetzen“, sagt Marko Mecke, Pferdemetzger aus Werne im Münsterland. Theoretisch dürfte es also keinen Sinn für Großhändler haben, Rindfleisch mit Pferd zu strecken. Aufgrund der geringen Menge gibt es allerdings, anders als beim Rindfleisch, keine bundesweiten Preisstandards. Die Preise können von Region zu Region verschieden sein. Ein Händler kann mit billigem Fleisch mal ein Schnäppchen machen. So dürfte es bei dem französischen Zulieferer Spanghero gelaufen sein. „Der vorliegende Betrugsfall macht nur Sinn, wenn das Fleisch günstiger war – oder man das erworbene Fleisch doch nicht so vermarkten konnte, wie man es geplant hatte. Bei der Menge kann ich mir aber nicht vorstellen, dass die Firma keine Pläne für die Menge an Fleisch hatte“, so Heike Harstick vom Verband der Fleischwirtschaft (VDF). Auf jeden Fall handele es sich um Betrug, der strengstens verfolgt und hart bestraft werden müsse.
Wird Pferdefleisch in Deutschland auch industriell verarbeitet?
Heike Harstick: „Pferdefleisch ist nur ein Nischenprodukt. Es gibt nur ein winziges Angebot und eine ebenso geringe Nachfrage.“ Die ganze Verarbeitungskette ist in regionaler Hand: Pferde werden in der Regel von kleinen Fleischereien aufgekauft, geschlachtet und an Marktständen und in einzelnen Metzgereien verkauft.
Große Schlachthöfe für Pferde gibt es in Deutschland generell nicht, in seltenen Fällen wird mal ein Pferd in einem Schlachthof für Rinder geschlachtet. Auch das als Tierfutter bestimmte Fleisch wird direkt vertrieben. In Nordrhein-Westfalen gibt es zum Beispiel eine direkte Kooperation zwischen Pferdemetzgern und zoologischen Gärten, erklärt Susanne Hennig von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung: „Raubkatzen in NRW werden zum großen Teil mit Pferdefleisch gefüttert.“
Was sind das für Pferde, die beim Pferdemetzger landen?
In Deutschland stammt das Pferdefleisch, anders als etwa in Österreich, ausschließlich von ausrangierten Nutzpferden. Ein Pferdehalter muss sich kurz nach Geburt des Fohlens entscheiden, ob er es am Ende seines Lebens zum Pferdemetzger geben will. Entscheidet er sich dafür, wird das Pferd in seinem Pass zum Schlachtvieh. Es darf ein Jahr vor seinem Tod nicht mehr medikamentös behandelt werden. Bevor ein Fleischer also das Tier schlachten kann, muss er sicherstellen, dass das Pferd tatsächlich eingetragenes Schlachtvieh ist. Außerdem muss der Besitzer schriftlich bestätigen, dass das Tier zwölf Monate vor seinem Tod keine Medikamente erhalten hat. Fleischeinfuhren stammen fast ausschließlich aus der EU. „Der Fleischmarkt ist sehr stark reglementiert. Nur sehr wenige Länder außerhalb der EU sind als Lieferanten zugelassen“, sagt Heike Harstick.
Müssen Pferdemetzger für den Skandal nun büßen?
Nein. Der Ruf der Fleischindustrie mag durch den neuen Skandal gelitten haben. Aber den wenigen Pferdemetzgern in Deutschland geht es prima: „In letzter Zeit habe ich immer mehr Kunden, die viel über Pferdeburger gehört haben und nun selbst einen probieren wollen. Plötzlich kommen Leute ins Geschäft, die 20 Kilometer gefahren sind, weil sie eine Frikadelle mit 100 statt nur 30 Prozent Pferdefleisch probieren wollen“, sagt Pferdemetzger Marko Mecke.
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