Petrodollars im Westen investiert: Ölscheichs haben sich verzockt

In den arabischen Golfstaaten sind die Aktienmärkte ebenfalls eingebrochen: Die Drei-Tages-Verluste belaufen sich auf 150 Milliarden Dollar.

Da waren die Zeiten noch besser: Scheich bei Formel-1-Rennen Bild: dpa

Petrodollars schützen offensichtlich nicht vor dem finanziellen Einbruch. Diese bittere Erfahrung mussten jetzt die Finanzmärkte der arabischen Golfstaaten am vierten Tag in Folge machen - denn auch vor ihnen hat die globale Finanzkrise nicht Halt gemacht. Laut Berichten sollen die dortigen sieben Aktienmärkte alleine in den letzten drei Tagen 150 Milliarden Dollar verloren haben. Alleine der Ölgigant Saudi-Arabien hat auf seinem Aktienmarkt Verluste von acht Prozent zu verzeichnen. Der dortige Tadawul-Index ist auf dem niedrigsten Stand seit vier Jahren.

Im benachbarten Kuwait haben die Aktien seit Ende des islamischen Beiram-Festes am Wochenende zehn Prozent ihres Wertes verloren. Inzwischen hat die dortige Zentralbank den Leitzins um 1,25 Prozent gesenkt. Auch das mit reichen Gasvorkommen versorgte Emirat Katar hatte am Mittwoch auf dem Doha Securities Market Index einen Verlust von mehr als acht Prozent zu verzeichnen.

"Öl sprudelt nun einmal nicht aus dem Boden und landet bei denjenigen, die sich einen Kredit bei der Bank holen. Es knirscht im System. Bis die Petrodollars tatsächlich bei den industriellen Projekten landen, gibt es Verzögerungen", erklärt Peter Göpfrich, Delegierter der deutschen Wirtschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch der globale Geldfluss ist für die Krise verantwortlich. Wenn in den USA und Europa getankt wird, landet ein Teil der Einnahmen als Petrodollars am Golf, die werden aber wieder zum großen Teil in den USA oder Europa investiert.

Dabei gibt es wenig Transparenz und nur Schätzungen. Göpfrich geht davon aus, dass der hohe Ölpreis für zusätzliche 600 Milliarden Dollar in den Kassen der Golfstaaten gesorgt hat. Die Hälfte soll wieder in den USA angelegt worden sein, geschätzte 100 Milliarden Dollar in Europa. Damit stecken die Petrodollars jetzt mitten in der amerikanischen und europäischen Bankenkrise.

"Wir sind ein Teil dieser Welt und psychologisch und praktisch davon beeinflusst, was auf dem Weltmarkt geschieht", fasst der kuwaitische Wirtschaftswissenschaftler Ahmad Schahin zusammen.

Ob die Golfstaaten die Krise meistern können, hängt nicht zuletzt von ihrem Ölvorkommen ab. Dubai wird es schwer haben. Es besitzt kaum mehr Öl und hat sich auf die internationalen Finanzmärkte konzentriert. Saudi-Arabien hat dagegen mit seinen Ölvorkommen einen "Riesenpuffer", wie es Göpfrich nennt. Dort werde es erst kritisch, wenn der Ölpreis unter 50 Dollar fallen würde. So richtig abschätzen kann derzeit niemand, wie es weitergehen wird. Göpfrich spricht von drei möglichen Szenarien. "Die Pessimisten glauben, dass dies keine leichte Delle ist und sich vor allem die arabischen Bauunternehmen verzockt haben", wie es Göpfrich beschreibt. Andere waren ohnehin der Meinung, dass der Baumarkt am Golf vollkommen überhitzt war und es gesünder wäre, in Zukunft etwas vorsichtiger zu sein. Das wahrscheinlichste Szenario für Göpfrich ist allerdings, dass die Golfstaaten ihren großen Öl-Puffer nutzen werden, um ihr eigenes Finanzsystem zu stützen, allerdings weniger transparent, als dies in den USA oder Europa geschieht.

Auch der Vizechef der saudischen Währungsagentur Mohammed Al-Jasser kämpft im arabischen Nachrichtensender al-Arabija gegen die aufkommende Panik der arabischen Anleger an: "Wir haben sowohl die Möglichkeiten als auch die Mechanismen, um unseren Märkten zu jeder Liquidität zu verhelfen, die sie brauchen." So kann dieser Tage nur jemand sprechen, der auf den größten Ölvorkommen der Welt sitzt. Ein wenig scheinen seine Worte bereits geholfen zu haben: Am Mittwoch hatte zumindest der saudische Aktienindex seine Verluste fast wieder wettgemacht.

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