piwik no script img

Peta klagt gegen WettfischenSie zappeln noch

Tierschützer finden Angeln grausam. Oft klagen sie gegen Sportfischer und verlieren. Auch der aktuelle Fall in Flensburg verspricht kaum Erfolg.

Wer angelt, muss auch Fisch essen: Ein Barsch hängt am Angelhaken Foto: dpa

Flensburg taz | „Sie zappeln am Haken, ringen nach Luft und kämpfen um ihr Leben – vergeblich.“ So drastisch schildert der Tierschutzverein Peta die Leiden der Fische, die beim „Schleiangeln“ am Campingplatz Olpenitz aus dem Wasser gezogen wurden.

Das Problem für die Tierschützer: Das Schleiangeln hatte Wettbewerbscharakter. Dabei ist „im Rahmen der ordnungsgemäßen Fischerei“ Wettfischen „insbesondere verboten“, so das Landesfischereigesetz. Peta hat daher Klage bei der Staatsanwaltschaft Flensburg eingereicht.

Im Sommer 2017 seien auch Mitglieder des Arctic-Sea-Teams aus Hamburg am Schleiangeln beteiligt gewesen. Das Arctic-Sea-Team besteht deren Homepage zufolge aus erfahrenen Anglern. Sie testen neue Geräte und Tourenangebote und schrei­ben regelmäßig für Fachblätter wie „Rolle&Rute“ oder „Fisch&Fjord“. Der Vorwurf, sie hätten Fische gequält und Recht gebrochen, wiegt also schwer – solche Profis müssten die Gesetzeslage kennen. Das tun sie auch: Wahrscheinlich wird die Peta-Klage für die Angler zu einem Freispruch führen.

„Bei den Fällen, die ich vertreten habe, lege ich Wert darauf, dass nicht wegen Geringfügigkeit, sondern wegen Unschuld eingestellt wird“, sagt Robert Vollborn, Jurist und Geschäftsführer des Landessportfischerverbandes Schleswig-Holstein (LSFV SH).

Von dem konkreten Fall in Olpenitz und einem weiteren, bei dem es um das „Brandungsvergleichsangeln“ im Oktober am Strand von Weidefeld geht, hat Vollborn noch nichts gehört. Das Modell aber kennt er genau: Es ist nicht die erste Klage von Peta, und „es kommen immer wieder dieselben Argumente“.

Peta klagt seit Jahren bundesweit

Tatsächlich klagt Peta seit Jahren bundesweit gegen Angler und ihre Veranstaltungen. Betroffen sind „Schnuppertage“ für Kinder im Rahmen eines Sommerferienangebots oder der Saisonstart lokaler Vereine. Auslöser für die Klagen sind oft Artikel in lokalen Zeitungen oder Internet-Quellen.

Inzwischen kennen die Angelvereine die Vorwürfe, auch Vollborn rappelt die Argumente nur so herunter. „Wettangeln“ sei in Schleswig-Holstein klar definiert, so der Jurist. „Wenn der Hegepflichtige zustimmt und es zu einer ordungsgemäßen Verwertung der Fische kommt, dann ist es nie ein verbotenes Wettfischen, selbst wenn es Weltmeisterschaft hieße.“

Zu Petas Vorwurf, die Angelei sei grausam, sagt der LSFV-Geschäftsführer: „Es ist wissenschaftlich nicht geklärt, dass Fische überhaupt Schmerz empfinden können.“ Gemeint ist, dass Fische über keinen Neocortex verfügen. In dieser Gehirnregion spielt sich bei Säugetieren das Schmerzempfinden ab. Doch laut Peta, die sich auf Gutachten und Studien beruft, fühlt der Fisch genauso – nur an einer anderen Stelle im Gehirn.

Schmerzempfinden sehr wahrscheinlich

Tatsächlich scheint es sehr unwahrscheinlich, dass ein hoch entwickeltes Wesen kein Schmerzempfinden hat. „Könnten Fische ihre Schmerzen durch Schreie ausdrücken, würde niemand mehr behaupten, Angeln sei eine Beschäftigung, die der Erholung dient“, sagt Tanja Breining, Fachreferentin für Fische und Meerestiere bei Peta.

Dieses Zitat von Breining steht wortgleich in jeder Klage und jeder Pressemitteilung der Organisation. „Seit Jahren lesen wir immer wieder diese Textbausteine“, sagt Vollborn. „Es wäre schön, wenn Peta auf unsere Argumente eingehen und mit uns ins Gespräch kommen würde, statt immer wieder mit den Klagen gegen die Wand zu laufen.“

Rund 39.000 Menschen sind in Schleswig-Holstein allein bei den Mitgliedsvereinen des Sportfischerverbands organisiert, rund 75.000 Angelscheine werden jährlich ausgeteilt, unter anderem an zahlreiche Touristen: Der Sport mit den toten Fischen ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.

Als wichtigstes Verbandsziel nennt der Landesangelverband übrigens keineswegs „Fische aus dem Wasser holen“, sondern „den dauerhaften Schutz der gesamten Tier- und Pflanzenwelt, die Sicherung der Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft“. Das passe bestens zusammen, meint Vollborn: „ Naturschutz im Sinne der Gesetze meint, dass wir nutzen, was die Natur produziert.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!