Personen-Suchmaschine: Der Alptraum der Datenschützer
Die Webseite Spock.com durchforstet das Web nach Informationen über Personen und stellt sie gebündelt zur Verfügung. Auch Einträge aus Blogs fließen ein.
BERLIN taz Wer gut im Internet recherchiert, hat schon immer erstaunliche Dinge über seine Mitmenschen herausgefunden. Mit der neuen Suchmaschine spock.com wird es jetzt noch einfacher, mit wenigen Klicks alle Informationen zu finden, die über einen Menschen im Internet verfügbar sind. Seit einer Woche online, ist der Internet-Dienst des kalifornischen Start-Up-Unternehmens spock.com explizit auf Personensuche spezialisiert. Die Suchmaschine streckt ihre digitalen Tentakel nach allen Informationen aus, die im Internet über eine Person öffentlich verfügbar sind.
Zum Beispiel über Bill aus Cleveland. Sein Foto erscheint mit 66 anderen Profilen, sobald bei spock.com der Suchbegriff "drunk driver" eingegeben wird - gemeinsam mit Portraits populärer Fahrtrinker wie Mel Gibson und Paris Hilton. Bill, so verrät das Profil weiter, ist 32 Jahre alt, schraubt gerne an Autos herum, mag Pornos und hat zwei Kinder.
Wohnort, Augenfarbe, Kollegen - alle Arten von Informationen können hier einfließen. - egal ob Bill es wollte oder nicht. Wie Bill wurden schon jetzt 100 Millionen Menschen von spock.com erfasst, zum großen Teil aus dem englischsprachigen Raum. Doch es sollen noch viel, viel mehr werden.
Auf den ersten Blick ist der Unterschied zur Suchmaschine Google nicht sehr groß. Doch anders als dort stellt spock.com nach eigenen Angaben nur personenrelevante Daten zusammen. Dazu durchforstet spock.com, kurz für "Single Point of Contact and Knowledge", Social-Networking-Seiten wie MySpace, Facebook oder Xing und findet so die Informationen, die eine Person über sich selbst ins Netz gestellt hat - und auch alle anderen Fakten, die irgendwann einmal ins Internet eingespeist wurden.
Praktisch, finden die einen - endlich ein Überblick, mit dessen Hilfe man überprüfen kann, ob Gesprächs- und Geschäftspartner im Netz seriös sind, was dahinter steckt. Wer viel im Netz arbeitet und publiziert, für den könnte das Spock-Profil eine zweite Visitenkarte werden.
Für Datenschützer dagegen ist spock.com ein Alptraum. Denn in einer Zeit, in der immer mehr Informationen über Privatpersonen im Netz herumgeistern, haben Werbetreibende, Stalker und Ermittler dank spock.com noch leichteres Spiel als ohnehin schon.
Bei der Spock-Spitzenriege treffen solche Bedenken auf Unverständnis. "Jeder muss sich klarmachen, wie viel über ihn bereits im Internet steht. Wir bündeln diese Informationen nur", sagte Spock-Mitgründer Jaideep Singh der Süddeutschen Zeitung. Außerdem veröffentlicht Spock nach eigenen Angaben keine persönlichen Daten wie Sozialversicherungsnummer, Email und Telefonnummer.
Doch so einfach ist das nicht. Denn in das Spock-Personenprofil fließen auch Informationen aus Blogs ein - möglich also, dass falsche Informationen über eine Person ins Internet einfließen. Zwar bietet Spock den Service an, auf Wunsch einzelne Informationen oder gar das gesamte Profil von der Seite zu löschen. Dazu muss der Betroffene nur kurz nachweisen, dass er derjenige ist, auf den sich das Profil bezieht - indem er sich zum Beispiel in einen der verlinkten Onlinedienste einloggt. Wer allerdings sein gesamtes Profil löschen möchte, sollte sicherstellen, auch die zugrunde liegenden Daten aus dem Internet zu löschen: Sonst taucht das Spock-Profil in einigen Tagen wieder auf. Doch wenn der Profilierte den Fehler nicht bemerkt, stehen die Falschinformationen Tage, Wochen und Monate lang im Netz.
Berlins oberster Datenschützer Alexander Dix spricht zwar von einer "neuen Qualität" des Zusammentragens von Daten - im Kern geschehe dort aber nichts Neues, wie er dem Internetdienst heise.de sagte. Doch er hofft, "dass bei vielen nun das Bewusstsein dafür geschärft wird, was sie von sich im Internet preisgeben".
Wem die eigene Privatsphäre wichtig ist, sollte in Zukunft etwas genauer überlegen, welche Informationen er über sich ins Netz stellt - beziehungsweise welche er öffentlich zugänglich macht. Wer Internetdienste nutzt, sollte zudem die Einstellungen zum Datenschutz, die sogenannten Privacy-Settings, ein wenig durchsehen. Häufig genügt es schon, wie im Fall von Social Networking-Diensten wie StudiVZ oder dem amerikanischen Facebook, das eigene Profil auf "nicht-öffentlich" umzustellen - oder sich eben gar nicht erst eintragen.
Ansonsten dürfte es die eine oder andere Überraschung geben, wenn die Suchroboter von Spock längst verschollen geglaubte Daten wieder ausgraben. Ob in Foren, Weblogs oder Social Networking-Diensten: Das Internet vergisst nichts. Doch das war ja eigentlich auch schon vor dem Start von spock.com bekannt.
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