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Archiv-Artikel

räumungsurteil Permanente Rechtsbeugung

Es wirkt wie eine olle Kamelle. Sechs Jahre nach der Räumung eines besetzten Hauses urteilt ein Gericht: Der Polizeieinsatz war rechtswidrig. Na und? Besetzer gibt es schon seit langem nicht mehr. Und doch hat das Urteil eine weitreichende Bedeutung.

Kommentar von GEREON ASMUTH

Die geringsten Auswirkungen hat es noch für den klagenden Exbesetzer. Er darf sich nur darüber freuen, Recht gehabt zu haben. Mehr nicht. Seine Ausdauer aber ist nicht zu unterschätzen.

Denn im Regelfall gilt leider: Wo kein Kläger, da kein Richter. Der damalige Innensenator Schönbohm ließ in seiner zweijährigen Amtszeit ein gutes Dutzend langjährig besetzter Häuser und Wagenburgen räumen. Das wurde in der Regel mit „Gefahr im Verzug“ begründet. Genau dies hat das Gericht jetzt als als Verstoß gegen das Grundgesetz gewertet. Der heutige Brandenburger Innenminister muss sich mithin nun den Vorwurf der permanenten Rechtsbeugung während seiner Berliner Amtszeit gefallen lassen. Persönliche Konsequenzen sind von Schönbohm, der sämtliche Kritik an sich abprallen lässt, dennoch leider nicht zu erwarten.

Viel wichtiger ist das Urteil daher für die Zukunft. Denn das Gericht ermahnt Polizei und Politik, dass Grundrechte gerade auch im Umgang mit gesellschaftlichen Außenseitern anzuwenden sind. Auch wenn sie nicht ins Weltbild des Mainstreams passen. Auch wenn sie politischen oder ökonomischen Interessen anderer im Wege stehen. Und selbst dann, wenn sie selbst den Rahmen der Legalität überschritten haben. Eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit. Schade, dass Politiker daran von Gerichten erinnert werden müssen. Schade aber auch, dass das Gericht sechs Jahre brauchte, um den Mut zu dieser Selbstverständlichkeit aufzubringen.