Perlentaucher besiegt "SZ" und "FAZ": Überraschung vor Gericht

Der Online-Feuilletondienst Perlentaucher siegt gegen "Süddeutsche Zeitung" und "Frankfurter Allgemeine Zeitung" - und darf weiter Texte zusammenfassen.

"Diese Gefahr ist vorläufig abgewendet": Perlentaucher bleibt weiter bestehen Bild: Screenshot www.perlentaucher.de

Es hatte sich ein anderes Urteil abgezeichnet, und wäre es am Dienstag vor dem Oberlandesgericht Frankfurt gefällt worden, hätte es den Perlentaucher theoretisch in seiner Existenz bedrohen können. "Diese Gefahr ist vorläufig abgewendet", sagt Thierry Chervel, einer der Gründer des Online-Feuilletondienstes. Im für den Perlentaucher schlimmsten Fall hätte er die Prozesskosten tragen, sein Geschäftsmodell ändern und Schadensersatz zahlen müssen.

Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Allgemeine Zeitung hatten gegen den Dienst geklagt, der unter anderem Texte aus den Zeitungsfeuilletonszusammenfasst; die Zusammenfassungen von Buchrezensionen verkauft er an Internetbuchhändler weiter - und darin sahen sich die Zeitungen benachteiligt. Die urheberrechtliche Frage, die im Zentrum stand, war: Haben die Abstracts des Perlentauchers einen eigenen schöpferischen Gehalt, oder sind sie, wie die Zeitungen argumentierten, zu nah an den Originalen? Nachdem der Perlentaucher vor dem Frankfurter Landgericht in erster Instanz gewonnen hatte, entschied nun auch das Oberlandesgericht zu seinen Gunsten - überraschend, wie sowohl ein Sprecher der SZ als auch Chervel sagten.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass gerade in der Komprimierung eine "eigene schöpferische Leistung liegen" könne. Ein generelles Verbot von Zusammenfassungen könne es nicht geben, weil grundsätzlich jeder ein veröffentlichtes Werk - in diesem Fall die Buchkritiken - beschreiben dürfe. Für Onlinemedien bedeutet das: Die verkürzte Wiedergabe von Texten im Internet ist zulässig. Doch, so das Gericht, je weiter man sich bei einer Zusammenfassung vom Original entfernt, desto unbedenklicher.

Die Zeitungen wollen beim Bundesgerichtshof eventuell in Berufung gehen - wenn sie Erfolgsaussichten sehen.

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