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Archiv-Artikel

Peiners Wundertüte der Grausamkeiten

Finanzsenator legt Doppelhaushalt für die kommenden beiden Jahre vor: Auf jeden Fall soll um jeden Preis gespart werden. Wer zur Ader gelassen wird, will er aber erst nach der Sommerpause verraten. Opposition spricht von Luftbuchungen und finanzpolitischen Nebelkerzen

„Sie finden kaum ein anderes Bundesland, das eine ähnliche finanzpolitische Zielsetzung aufweist“: Wolfgang Peiner

„Ein Doppelhaushalt verschafft größere Planungssicherheit“, findet Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU). Dem Etatentwurf für die beiden kommenden Jahre, den er gestern nach der Senatssitzung vorlegte, mangelt es allerdings genau daran: Was sich hinter dem umfangreichen Zahlenwerk aus Steigerungsraten, Nettokreditaufnahmevolumina und Konsolidierungszielen konkret verbirgt, soll erst im Herbst verraten werden: „Ich habe viele Einzelmaßnahmen im Kopf“, so Peiner auf mehrfache Nachfragen, „aber Details nenne ich jetzt nicht“. Klar ist lediglich, dass die Wundertüte des Finanzsenators, wenn sie denn ausgepackt wird, vornehmlich aus Grausamkeiten bestehen wird.

Anlass genug für die Opposition, Peiner in ersten Stellungnahmen unisono als „Nebelwerfer“ zu kritisieren. Seine Haushaltspläne brächten „nicht viel Licht ins Dunkel“, so GAL-Finanzpolitiker Willfried Maier. Von einem „Nebel aus Luftbuchungen und Risiken“ sprach SPD-Haushaltsexperte Walter Zuckerer.

Das grundsätzliche Ziel des Finanzsenators ist es, im Jahr 2006 den Betriebshaushalt ausgeglichen zu haben, also sämtliche laufenden Kosten durch Einnahmen zu decken. Deshalb steigt der Etat für das kommende Jahr nur um 0,9 Prozent auf 10,16 Milliarden Euro und ein Jahr später um weitere 0,3 Prozent auf dann 10,21 Milliarden – bei jeweils sinkender Kreditaufnahme. Ab dem Jahr 2007, so Peiners Ziel, sollen sich Überschüsse ergeben. Dann könnten Investitionen – die nicht zu den Betriebsausgaben zählen – von der Stadt teilweise selbst finanziert werden statt durch neue Schulden. Klingt gut und ist ehrgeizig, hat nur ein Problem: So lange die Steuereinnahmen nicht unvorhergesehen und beträchtlich steigen, muss um jeden Preis gespart werden.

Im Jargon der Finanzpolitiker heißt das „konsolidieren“, nach Lesart konservativer Haushaltspolitiker heißt das vor allem, städtische Leistungen für weniger Betuchte kappen. Weitere 150 Millionen Euro sollen deshalb bis 2007 eingespart oder eingenommen werden: Jeweils ein Drittel durch „gezielte Kürzungen bei öffentlichen Leistungen“ und durch Einsparungen im öffentlichen Dienst, je ein Sechstel soll durch Gebührenerhöhungen und durch Kürzungen der Zuwendungen für Einrichtungen aller Art erbracht werden. „Diese Maßnahmen“, sagt der Finanzsenator, „sind ausgewogen.“

Dennoch sollen die konkreten Details monatelang geheim bleiben, erst etwa Ende August seien die Einzelpläne für die Ressorts fertig. Wegen der neuen Behördenzuschnitte sei es „technisch hochkompliziert“, die Haushaltspläne zu errechnen, warb Peiner um Geduld. Beispielsweise müsse der Etat für den Arbeitsmarkt aus der Sozial- in die jetzt zuständige Wirtschaftsbehörde übertragen und dafür der Kita-Haushalt aus der Bildungs- in die Sozialbehörde umgerechnet werden. Nach der Sommerpause also erst wird der Katalog der Grausamkeiten aufgeblättert werden.

Ebenso wie das „Sonderinvestitionsprogramm von einer Milliarde Euro“, das der Senat im Herbst bekannt geben will. Wobei Peiner diese vollmundige Ankündigung gleich wieder halbieren musste. Etwa 500 Millionen Euro, räumte er ein, seien bereits festgelegt für beschlossene Maßnahmen etwa im Straßenbau oder für Schulsanierungen.

„Milchmädchenrechnungen“ und eine unseriöse Politik der „Ankündigungen“ attestierten der rote Zuckerer und der grüne Maier dem schwarzen Peiner. Vor der Verabschiedung des Doppelhaushalts im Dezember durch die Bürgerschaft stehen im Herbst noch wochenlange parlamentarische Beratungen an. Da fielen ihnen, kündigten die beiden oppositionellen Etatexperten an, „viele harte Nachfragen ein“. sven-michael veit