Pechstein für den Bundestag: Politics on Ice
Eisschnellläuferin Claudia Pechstein will Berlins Südosten für die CDU im Bundestag vertreten. Ihr Lebensgefährte hatte da einst Hausverbot.
Wie das gekommen ist? Nun ja, die CDU hat eine neue Kandidatin gebraucht, weil Niels Korte, der in der Vergangenheit in den hoffnungslosen Kampf gegen Gregor Gysi um das Direktmandat im Südosten der Hauptstadt gezogen war, in einen jener sinistren Maskendeals verwickelt war, die zur Pandemie in Deutschland gehören wie Diskussionen über den Wert von Inzidenzangaben. Dass Pechstein auf Platz sechs der Landesliste gelandet ist, war dann doch eine Überraschung.
Sollte die CDU in Berlin ähnlich abschneiden wie vor vier Jahren, als sie 22 Prozent geholt hat, könnte Pechstein tatsächlich in den Bundestag einziehen. Vielleicht zieht es sie dann in den Sportausschuss. Das ist jenes Gremium, dessen Mitglieder von Pechsteins Lebensgefährten einst bedroht worden sind, was zur Folge hatte, dass der Bundesinnenminister ein Hausverbot für Pechsteins Liebsten ausgesprochen hat.
Blutiger Verdacht
Es ging in jener Zeit hoch her rund um die Person Pechstein. Weil einer ihrer Blutwerte auffällig war, hatte die Internationale Eisschnelllaufunion Pechstein 2009 für zwei Jahre gesperrt. Die ließ daraufhin nichts unversucht, um ihre Unschuld zu beweisen. Später präsentierte sie Gutachten, aus denen hervorging, dass eine angeboren Anomalie zu den auffälligen Werten bei ihr geführt hat. Sie galt als rehabilitiert und lief weiter.
Die 49 Jahre alte Athletin läuft noch immer. Und sie gehört noch immer zur deutschen Elite. Ihr Ziel ist die Qualifikation für die Olympischen Spiele im Februar nächsten Jahres in Peking. Bis dahin hat sich der Bundestag längst konstituiert. Die Bundespolizistin, die sich gerne in Uniform ablichten lässt und das Thema innere Sicherheit zu ihrem politischen Expertenfeld erklärt hat, wäre dann die erste aktive Leistungssportlerin, die im Bundestag sitzt.
Matthias Große, der es als Betreiber von Obdachlosenunterkünften zu ansehnlichem Wohlstand gebracht hat, ist übrigens keine Persona non grata mehr. Als Präsident der Deutschen Eisschnellauf- und Shorttrack-Gesellschaft gehört er zum sportpolitischen Establishment im Land.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken