: Pattsituation bei Studiengebühren
Wird das Studium richtig teuer? Von Trotha, schärfster Gebührenfan der Republik, meint: Bafög wichtiger als Bezahlen
KARLSRUHE taz ■ Sabine Kiel geht „das Theater um Studiengebühren inzwischen tierisch auf die Nerven“. Kiel hat als Mitarbeiterin des hannoverschen Studentenwerks tagtäglich die Folgen des Geredes ums bezahlte Studium auszubaden: Der akademische Nachwuchs trommelt bei Kiel und ihren KollegInnen an die Türen des Studentenwerks – um sich über die miserable Studienförderung (Bafög) zu beschweren und Nebenjobs zu fordern. Kiel hat das Gebührenthema satt.
Als Sprecherin der grünen Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung muss Sabine Kiel sich aber ums Bezahlstudium sorgen. Denn, so ihre Prophezeiung: Studiengebühren von 30.000 Mark pro Jahr werden in Deutschland in naher Zukunft anstehen. Wie kommt Kiel darauf? Dass die Länder allein mit den gerade beschlossenen Gebühren für „Langzeitstudenten“ die Finanzprobleme der Unis nicht lösen könnten.
Tatsächlich haben die Länderchefs so entschieden: Sie fanden zwar den Vorschlag ihrer Kultusminister gut, überall im Land so genannte Bummelstudenten mit 1.000 Mark zur Kasse zu bitten. Aber auch brave Grund- oder Hauptstudis wollten die Ministerpräsidenten von der Gebühr keinesfalls auf Dauer befreien. Also lehnten sie einen Staatsvertrag darüber ab. Wird Studieren also schon morgen richtig teuer?
Nein, nein, nein, winkt nun überaschend der schärfste Befürworter von Studiengebühren ab. Klaus von Trotha (CDU), Wissenschaftsminister des bislang einzigen Landes mit Uni-Gebühren, sagte der taz: Baden-Württemberg „wird jetzt nicht mit der Einführung allgemeiner Gebühren durchziehen“. Trotha zeigte sich in einem Gespräch in Karlsruhe geradezu stolz, dass inzwischen „ein breiter gesellschaftlicher und politischer Konsens pro Studiengebühren herrscht“. Sein Land habe erheblichen Anteil daran, dass das von der rot-grünen Berliner Koalition angestrebte generelle Verbot von Studiengebühren nicht zustande kam. Für Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD), sagte Trotha, „ist dies eine verdiente Niederlage“.
Trotzdem mag der Gebührenfan das bezahlte Studium für alle Studierenden jetzt nicht angehen. „Sozialen Schieflagen“, sagte der Minister, „kann man nur mit sozialen Gesetzen begegnen.“ Was Trotha daher anmahnt, ist eine Reform der Ausbildungsförderung: Es müsse zunächst das Bafög gründlich überarbeitet werden – erst dann seien allgemeine Studiengebühren sinnvoll. Dass der Mann aus dem neben Nordrhein-Westfalen und Bayern wichtigsten Hochschulland von Gebühren ganz ablässt, bedeutet das aber keinesfalls. „Sie sind unverzichtbar“, sagt er, „mittelfristig.“ CHRISTIAN FÜLLER
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