Patriotismus in Öl: Der Anti-Obama-Künstler
Jon McNaughton malte harmlose Landschaftsbilder. Bis ihm die USA zu links wurden. Nun lässt er den Präsidenten in „patriotischen Bildern“ die Verfassung verbrennen.
Für 59 Dollar kann er in jedem Wohnzimmer hängen, über dem Schränkchen mit dem guten Geschirr, neben den Familienbildern oder hübsch flankiert von der amerikanischen Flagge: Barack Obama in Öl. Der Blick grimmig, eine brennende Verfassung der Vereinigten Staaten in der Hand. „One Nation Under Socialism“ heißt das Werk, gemalt hat es der Amerikaner Jon McNaughton.
Es stammt aus seiner Serie „patriotischer Bilder“, die den 44-Jährigen in den USA von einem durchschnittlichen Maler von Landschafts- und Religionsmotiven zu einem populären konservativen Künstler gemacht hat. Seine Originale verkauft er laut der amerikanischen Website buzzfeed.com für sechsstellige Beträge, der grimmige Obama hängt beim bekannten Fox-News-Moderator Sean Hannity. „Ich sah es und dachte 'wow'“, schmeichelt Hannity dem Künstler in einem Interview mit ihm im April.
Der Wow-Effekt ist McNaugthon mit seinem Stil, den er „Konservativen Realismus“ nennt, sicher. „Landschaftsbilder zu zeichnen ist, als würde man einen Kieselstein in einen Teich schmeißen und die Wellen anschauen“, schreibt McNaugthon der taz. „Wenn ich jetzt meine politischen Bilder male, ist es, als würde ich eine Stange Dynamit in den Teich schmeißen.“
Die den Teich nicht unbedingt hübscher macht. Mögen Konservative den Stil von McNaughton lieben und viel Geld dafür bezahlen – signierte und limitierte Kopien der Originale gibt es für mehrere Hundert Dollar – haben Kritiker nicht viel übrig für McNaughtons Kunst. „Das Bild ist Schrott“, schreibt Christopher Knight von der L.A. Times. Und Jerry Saltz vom New York Magazine nennt es „typische Propaganda-Kunst“.
„Tragödie des Landes“
Tatsächlich hat der im Anzug gemalte Obama mit der brennenden Verfassung in der Hand wenig von einem Sozialisten. Da braucht es schon den Titel, um die Intention klarzumachen. Dass McNaughton als Anti-Obama-Künstler bezeichnet wird, stört ihn mitnichten. „Ich will, dass der Betrachter auf dramatische Art und Weise sieht, welche Wahl sie bei der kommenden Wahl haben.“
Damit diese nicht zugunsten einer zweiten Amtszeit von Obama ausfällt, bannt der Künstler aus Utah seit 2008 seine politischen Ideologien auf Leinwand. Sie tragen Titel wie „The Forgotten Man“, „Wake Up America“ und „One Nation Under God“. Auf McNaugthons Homepage kann jeder, der die Botschaft noch nicht verstanden hat, per Mouse-Over über jede Wolke („das nationale Defizit“) und jede Flagge auf Halbmast (Symbol für die „Tragödie des Landes“) fahren. Um Geld geht es McNaugthon natürlich nicht, wobei die Auswahl an Größen, Druckqualitäten und kostspieligen Rahmungen in seinem Onlineshop mannigfaltig ist.
„Ein Wunder“
Sein neuestes Werk heißt „The Empowered Man“. Es zeigt einen Durchschnittsamerikaner mal wieder mit einer Verfassung in der Hand. Diesmal brennt sie nicht. „Wenn wir unser Land vor dem finanziellen Ruin bewahren wollen, müssen wir uns von unseren Bänken erheben und die Stimme erheben,“ erklärt McNaugthon sein Bild. James Madison, „Vater der Verfassung“ und 4. Präsident der USA, kniet betend daneben. „Ich bin so beeindruckt von dem Mut des Malers. Unglaublich. Ich liebe alle seine Bilder“, schreibt Connie auf McNaughtons Facebook-Seite. Userin Sandra glaubt gar an „ein Wunder“.
Ein Bild voller Hoffnung: Amerika erhebt sich, der wolkenverhangene Himmel klart auf, die amerikanische Flagge weht stolz wieder ganz oben am Fahnenmast. Im Original noch zu haben, mindestens 50.000 Dollar müsste ein Käufer dafür hinlegen. Wenn Bewunderer Sean Hannity mitbietet, vermutlich mehr. Für den nicht ganz so anspruchsvollen Freund patriotischer Kunst tut es dann aber vielleicht auch das ungerahmte Poster für 75 Dollar. Inklusive 30 Tagen Rückgaberecht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern