Partikelfilter für Baumaschinen: Wer rußt, muss raus

Kampf dem Feinstaub: Nun sollen auch Baumaschinen mit den Emissionstandards der Umweltzone gleichziehen - aber nur auf öffentlichen Baustellen.

In einer wachsenden Stadt wird viel gebaut – und viel Dreck in die Luft gepustet. Foto: dpa

Gute Nachrichten für Bronchien und Lungenbläschen: Dank einer Initiative der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt wird die Berliner Luft künftig noch ein wenig reiner. Baumaschinen, die große Mengen gefährlichen Dieselrußes ausstoßen, sollen auf öffentlichen Baustellen im gesamten Stadtgebiet nicht mehr zum Einsatz kommen. Entweder müssen neue Maschinen angeschafft werden oder alte mit Partikelfiltern nachgerüstet werden. Die Neuregelung liegt jetzt dem Rat der Bürgermeister vor und soll ab dem 1. Januar 2016 in zwei Schritten in Kraft treten.

Bagger, Raupen, Kräne oder Kompressoren: All diese meist dieselbetriebenen Fahrzeuge und Geräte dürfen bislang ein Vielfaches an Feinstaub in die Umwelt pusten als Lastkraftwagen oder Busse. Denn für Letztere gelten – zumindest innerhalb des S-Bahn-Rings – die Euro-4-Abgasnorm der Umweltzone. Als sogenannte Non-Road Mobile Machinery (NRMM) sind die Baumaschinen laut einer Verordnung zur Umsetzung des Bundesimmissionsschutzgesetzes von solchen Regelungen ausgenommen. Umweltorganisationen kritisieren das seit Langem.

Auch die Opposition in Berlin drängt den Senat seit geraumer Zeit, hier Abhilfe zu schaffen. Im vergangenen November brachte die Grünenfraktion einen Antrag ins Abgeordnetenhaus ein, mit dem der Senat aufgefordert werden sollte, per Landesverordnung eine Nachrüstung mit Partikelfiltern vorzuschreiben. Außerdem solle sich das Land im Bundesrat für eine Novellierung der Immissionsschutzverordnung einsetzen. Der Antrag wurden in den Umweltausschuss überwiesen, wo er noch immer auf seine Beratung wartet.

Weil das bessere Argument am Ende aber doch verfängt, hat nun Senator Andreas Geisel (SPD) Fakten geschaffen. Seine Lösung des Problems basiert allerdings auf der Ausschreibungspraxis und folgendem Kalkül: Wenn Baufirmen für Land oder Bezirke nur noch mit Geräten ab Motorstandard IIIB tätig werden dürfen (was dem Euro-4-Abgasstandard für Lkw entspricht), werden sie ihren Maschinenpark über kurz oder lang eben auf den neuesten Stand bringen. Eine Broschüre der Senatsverwaltung klärt die Unternehmen über die technischen Anforderungen und Lösungsmöglichkeiten auf.

Filter helfen schnell

„Der Rußausstoß einer Baumaschine lässt sich mit einem Filter um 90 Prozent senken“, verkündete Geisel anlässlich der Neuregelung. „Dieselruß ist krebserregend und erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Außerdem tragen die ultrafeinen schwarzen Partikel zur Klimaerwärmung bei“, weiß der Senator.

Was die tatsächliche Luftverschmutzung durch Baumaschinen in Berlin angeht, stochert die Umweltverwaltung zum Teil erheblich im Dunkeln. Das geht aus der gerade veröffentlichten Antwort auf eine Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (Grüne) hervor.

Die letzten vorliegenden Zahlen stammen demnach aus dem Luftreinhalteplan von 2009: Ihm zufolge verursachten die Baumaschinen insgesamt 140 t Dieselrußpartikel, 1.200 t Stickoxide, 7.100 t Kohlenmonoxid und 350 t organische Gase.

"Keine Daten" hat die Verwaltung dagegen bezüglich der Anzahl aller Berliner Baustellen in den vergangenen fünf Jahren, geschweige denn der von diesen hervorgerufenen örtlichen Luftbelastungen.

Noch erstaunlicher: "Zur Anzahl der Baumaschinen im kommunalen Fuhrpark liegen dem Senat keine Daten vor." Auch wie viele der – laut Gebel – rund 9.000 dieselbetriebenen privaten Baumaschinen bereits mit Partikelfiltern ausgerüstet sind, entzieht sich der Erkenntnis der Behörde.

Aber wenn die Gefahren dieser Substanz hinlänglich bekannt sind, warum agiert der Senat erst jetzt? Laut Umweltverwaltung haben die Vorbereitungen eben viel Zeit in Anspruch genommen: „2011 wurde vom Senat ein Praxistest gestartet, um die Wirksamkeit, Dauerhaltbarkeit und Praxistauglichkeit verschiedener Filtersysteme bei unterschiedlichen Baumaschinen zu demonstrieren“, erklärt Sprecherin Petra Rohland. Erst Ende 2014 sei dieser Test abgeschlossen worden, auch die Abstimmung mit der EU-Kommission sei zeitaufwendig gewesen. Und dass es weiterhin keine Regelung für Baustellen privater Träger gibt, ist laut Verwaltung eine Frage der „Verhältnismäßigkeit und rechtlichen praktikablen Umsetzbarkeit“.

Bei den Grünen wecken die Neuigkeiten aus der Senatsverwaltung denn auch nur verhaltene Zustimmung: „Partikelfilter bei öffentlichen Bauvorhaben sind ein erster Schritt“, findet Silke Gebel, Umweltexpertin der Fraktion. Es müsse aber unbedingt eine Landesverordnung folgen, die für alle Baumaschinen gelte. Die Anpassung der Bundesimmissionsschutzverordnung fordern die Grünen weiterhin: „Es muss eine Änderung für den gesamten deutschen Markt geben“, so Gebel.

Für Geisels Verwaltung steht das aber gar nicht zur Debatte: „Die Umweltzone ist in ihrer jetzigen Form eine Verbotsregelung im Straßenverkehr und daher kein geeignetes Instrument zur Einführung von emissionsarmen Baumaschinen“, sagt Petra Rohland. Weil der Anteil der Baumaschinen, die sich im Straßenverkehr bewegen, verschwindend gering sei, lohne sich eine Änderung der Verordnung nicht.

Bleibt zu hoffen, dass anderer Länder oder gar der Bund aus freien Stücken nachziehen, wenn Berlin voranschreitet.

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