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Parteitag der GrünenKlima „first“

Raus aus der Kohle – das ist die Forderung der Grünen, die auf dem Parteitag bekräftigt wurde. Auch die „Ehe für alle“ soll vorangebracht werden.

Setzt auf Kohleausstieg: der Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir Foto: dpa

BERLIN taz | Am zweiten Tag des Grünen-Parteitages geht es zunächst um Klimapolitik. Top-Thema: Wann kommt der Kohleausstieg? Zur Auswahl stehen drei Varianten, entweder bis 2025, 2030 oder schnellstmöglich. Der Vorschlag des Bundesvorstands überzeugt die Delegierten: Mit einer deutlichen Mehrheit stimmen sie für den Kohleausstieg 2030. Der Spitzenkandidat Cem Özdemir versichert, dass er und und Katrin Göring-Eckhardt nur einen Koalitionsvertrag unterschreiben werden, in dem der Kohleausstieg gesetzt ist. Diesen will er „radikal, verantwortungsbewusst und realistisch“ durchziehen.

Göring-Eckhardt macht in ihrer Rede deutlich, dass die Grünen den Kampf aufnehmen wollen. Der Bundeskanzlerin wirft sie vor, keine Klimakanzlerin zu sein. Nach 50 Minuten bekommt Göring-Eckhardt vier Minuten Applaus. Während des Lobes nimmt sie ein Foto mit einer Botschaft für US-Präsident Donald Trump auf. Das Motto: Klima und Planet „first“, wie Trumps: „America first.“

Die Delegierten stimmen außerdem dafür, die Stromsteuer abzuschaffen und in eine CO2-Bepreisung umwandeln zu wollen. Genaue Zahlen für gibt es bisher nicht. Auch für einige Fahrzeugtypen soll bald Schluss sein: 2030 soll nach Ansinnen der Grünen das letzte Auto mit Verbrennungsmotor vom Band rollen. Ab dann soll es nur noch abgasfreie Autos geben. Die Delegierten verabschieden auch diesen entsprechenden Antrag mit großer Mehrheit.

Die Grünen wollen zudem einen großflächigen Ausbau des Radverkehrs, einen deutschlandweiten Mobilpass zur Vernetzung von öffentlichem Verkehr mit Car- und Bikesharing. „Das Auto stand viel zu lang im Mittelpunkt der Mobilitätspolitik“, so die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther. Vor allem Menschen auf dem Land sollen das Auto weiter nutzen können. Günther spricht sich insbesondere in ländlichen Gebieten für ein Nahverkehrsnetz mit einer dichteren Taktung aus.

Außerdem machen die Grünen die Ehe für Schwule und Lesben zur Bedingung für eine Koalition im Bund. „Mit uns wird es keinen Koalitionsvertrag ohne die Ehe für alle geben“, heißt es nach der Übernahme eines Antrags des Bundestagsabgeordneten Volker Beck nun im Wahlprogramm.

Eine gesonderte Abstimmung über die Ehe für alle vermied die Leitung des Bundesparteitages, eigentlich waren feste rote Linien für eine Koalition nicht vorgesehen. Die Ehe für alle ist auch Teil des „Zehn-Punkte-Plans für grünes Regieren“ der beiden Spitzenkandidaten Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt. Dort heißt es etwas weicher, wer mit den Grünen koalieren wolle, der müsse bereit sein, „bei diesen Vorhaben entschieden mit voranzugehen“.

Nach einer Rede der der UN-Sonderbotschafterin Nadia Murad zum Thema Menschenrechte übernahm der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin das Wort. Er forderte „den Kampf gegen den Terrorismus auf die Basis eines Mandats der Vereinten Nationen stellen.“ Der Einsatz deutscher Tornados über Irak und Syrien sei zudem nicht mit dem Grundgesetz gedeckt. Trittin fordert, alle Waffenlieferungen in Krisengebiete zu beenden, auch in die Türkei. Zudem will Trittin ein Rüstungsexportgesetz, dass den Handel mit allen Rüstungsgütern an klare Kriterien knüpfe, massiv begrenze und den Export in Staaten außerhalb von NATO und Europäischer Union unterbinde. Die Delegierten stimmten dem entsprechenden Kapitel des Programmentwurfs zu.

Bereits am Freitag hatte Hans-Christian Ströbele kritisiert, dass die Grünen in ihrem Zehn-Punkte-Programm kein Wort über den Einsatz der Bundeswehr verlieren. Özdemir bezog dazu keine Stellung.

Am Sonntag wird der Parteitag in Berlin fortgesetzt.

(mit dpa)

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6 Kommentare

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  • Bei Eribon und Fricke (http://www.spiegel.de/wirtschaft/deutschland-wirtschaftsweise-gegen-den-rest-der-welt-kolumne-a-1152352.html) können sie nachlesen, dass die Grünen aufgrund ihrer Beteiligung an der Regierung in der letzten Dekade mitverantwortlich sind an der heutigen Lage.

     

    Ohne die damalige Wirtschafts- und Sozialpolitik auch keine AfD, bzw ohne diese Wutleute wären sie in weiten Teilen unter 5 %. (- Diese Wut-leute haben auch in den USA den Ausschlag gegeben- und damit die jetzige Trumpsche Klimapoilitk erst ermöglicht- schon verrückt was alles miteinander zusammenhängt ).

     

    War der Zeitgeist, ok, aber Zeit dies auch mal zu merken und zu korrigieren, inhaltich und personell.

     

    Es gab mal eine Zeit da waren die Grünen auch die Partei der Schlauberger, der besonders Talentierten, der Nerds, derjenigen die Zusammenhänge 10 Jahre vor allen anderen erkannt haben.

  • Diejenigen die sich in der Partei durchsetzen sind nicht unbedingt diejenigen die die eigenen/möglichen potentiellen Wähler ansprechen und mobilisieren.

     

    Dies war in UK zu beobachten mit Herrn Corbyn. Ob Herr Corbyn wirklich so inkompetent ist wie von weiten Teilen der Medien und auch eigenen Parteifreunden behauptet, ist schwer zu sagen. Auf jeden Fall kann er Wahlkampf.

     

    In den USA wurde Bernie Sanders von der eigenen Partei benachteiligt. Diejenigen die daran beteiligt waren haben sich selbst ins Knie geschossen. Auch heute macht Bernie Sanders wirksam Oppositionspolitik, von der Kandidatin ist mir das nicht/bis kaum bekannt.

     

    Herr Schulz hatte aus dem Stand 30 Prozent Wähler einfach dadurch dass die Menschen (ehemalige Wähler) Hoffnung hatten, der verarscht sie nicht wieder wie diejenigen in der Dekade zuvor. Schade, dass er das intellektuell leider nicht einhalten kann. Das Potential ist da, hat man gesehen.

     

    aus dem taz- Interview mit KGE vor ca einer Woche

    "Ich fuhr am Tag des Mauerfalls nicht in den Westen, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Weil dort die Demo stattfand, die die Revolution weiterführen sollte."

     

    Schon beim ersten Satz erklärt sich die Frau, dass Sie den Schuss nicht gehört hat. Vor einiger Zeit erklärte sie noch des öfteren öffentlich "wir wollen Bestehendes bewahren".

     

    Bewahren, konservieren, konservativ, eine christliche Konservative eben, die schon in der letzten Dekade dabei war.

    Eine christliche Konservative die den Schuss nicht gehört hat, will wieder in die Regierung.

     

    Das dies nicht jeder potentielle Grünen Wähler unterstützenswert findet, dürfte einleuchten.

     

    Zukunft wird aus Mut gemacht, genau deshalb, Zeit für den Neuanfang, personellen/inhaltlichen Neustart - auch und gerade bei den Grünen.

  • „Am Sonntag wird der Parteitag in Berlin fortgesetzt.“ Und in welcher Stadt fand der erste Tag des Parteitages statt?

    • 1G
      1714 (Profil gelöscht)
      @Heinrich Baum:

      Sehr witzig! :(

  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Damit werden die Gruenen ihren Niedergang noch beschleunigen. Das sind Themen, mit denen die grosse Mehrheit der Bevoelkerung nicht hinter dem Ofen hervorzulocken ist.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @21272 (Profil gelöscht):

      Politusche Themen untreliegen Konjunkturschwankungen. Wichtig ist, sich treu zu bleiben und nicht opportunistisch jeder Stimmung hinterher zu laufen. Wenn eine Wahl verloren geht, ist das eben so. Mal gewinnt mensch, mal verliert mensch...