Parteitag der AfD Hessen in Hofheim: Wasserwerfer vor der Stadthalle
In Hofheim demonstrierten rund 1500 Menschen gegen den Landesparteitag der AfD. Trotz massiver Polizeipräsenz blieb der Protest überwiegend friedlich.
Bereits am frühen Morgen gegen 7 Uhr blockierten rund zweihundert Demonstrierende kurzzeitig die Zufahrtsstraßen zur Stadthalle, wo der AfD-Parteitag an diesem Wochenende stattfand. Vereinzelt kam es zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen ihnen und den Teilnehmern der Veranstaltung, so die Polizei Westhessen. Eine Person wurde zur Identitätsfeststellung kontrolliert.
Für das Aktionswochenende gegen die AfD sind insgesamt Beamte „im niedrigen vierstelligen Bereich“ sowie Hubschrauber, Drohnen, Reiterstaffeln und ein Wasserwerfer im Einsatz, wie die Polizei mitteilte. Einige Demonstrierende empfanden dies als übertrieben: „Es sind doppelt so viele Polizisten wie Demonstranten im Einsatz. Ich frage mich, wen sie schützen“, sagte Ingrid Schmidt von „Omas gegen Rechts“. Die 62-Jährige war bereits um 4 Uhr aus Gießen nach Hofheim gereist, um den AfD-Landesparteitag zu verhindern.
„Wir wollen die AfD nicht in der Regierung sehen. Aber mittlerweile betreiben auch alle anderen Parteien rechte Politik, und das wollen wir nicht“, sagte die 76-jährige Renate Weber, ebenfalls aus Gießen. Der große Polizeieinsatz ärgerte sie ebenfalls. „Das können sie nur dank des von den Grünen verabschiedeten Versammlungsgesetzes tun“, fügte Weber hinzu. „Das ist einschüchternd.“
Auch vor der Stadthalle Hofheim, wo die AfD an diesem Wochenende ihre Kandidat*innen für die Bundestagswahl 2025 aufstellt, gab es eine Mahnwache von rund 1500 Menschen, organisiert vom Bündnis „Main-Taunus-Kreis gegen Rechts“.
„Die Menschenrechte und unsere Gesellschaft sind durch die völkisch-nationalistische Hetze der AfD existenziell bedroht“, erklärte das Bündnis. Die AfD wolle Hunderttausende Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland vertreiben und habe den Boden für das rassistische Attentat in Hanau und den Mord an Walter Lübcke bereitet. „Wir gehen den Weg in den zivilisatorischen Abgrund nicht mit, sondern stellen uns dem Vormarsch der AfD entschieden entgegen“, hieß es weiter.
Am Samstag waren rund 300 Delegierte der AfD in die Stadthalle im Taunus gekommen. Vier AfD-Mitglieder aus Hessen sitzen im Bundestag – Jan Nolte, Mariana Harder-Kühnel, Uwe Schulz und Albrecht Glaser. Die Gießener Bundestagsabgeordnete Joana Cotar war ebenfalls für die AfD ins Parlament eingezogen, hatte die Partei jedoch 2022 verlassen.
Hessen ist eines der wichtigsten Standbeine der AfD. Hier wurde die Partei 2013 gegründet, und derzeit bildet die hessische AfD die zweitstärkste Fraktion im Hessischen Landtag. Doch ohne Skandale bleibt die größte Oppositionsfraktion in Hessen nicht: In der vergangenen Woche hatte der hessische AfD-Landtagsabgeordnete Maximilian Müger für Aufregung gesorgt, nachdem er auf TikTok ein Video mit einem Sturmgewehr veröffentlicht hatte.
In dem Video, das schnell wieder gelöscht wurde, zeigte Müger sich mit einem Sturmgewehr und forderte „freie Waffen für freie Bürger“, während er dreimal in die Luft schoss. Mit Bezug auf das Messerattentat in Solingen, bei dem drei Menschen starben, sagte er: „Man ist in deutschen Städten nicht mehr sicher und muss Angst haben, auf einem Fest oder auf dem Heimweg erstochen oder anderweitig ermordet zu werden.“
Am vergangenen Freitag, so die Landesparteispitze, habe Müger seine Partei und Fraktion verlassen. Miriam Dahlke, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Landtagsfraktion, kritisierte die Reaktion der AfD am Samstag: „Eine Aufforderung zum Parteiaustritt reicht nicht. Die AfD sollte den Abgeordneten Müger auffordern, sein Mandat im hessischen Landtag niederzulegen“ Das Video mit dem Sturmgewehr sei eines Abgeordneten des Hessischen Landtags in jeder Hinsicht unwürdig.
Auch am Sonntag wird der Parteitag in Hofheim von einer Mahnwache begleitet. Bereits am Vorabend des Parteitags hatten mehrere Hundert Menschen demonstriert und eine Menschenkette vor der Stadthalle gebildet. Die Demonstrationen am Freitag und Samstag verliefen laut Polizei bis auf kleinere Vorfälle friedlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour