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Parteienstreit um FlüchtlingeSPD verteidigt Merkel gegen CSU

Immer vehementer wird die Abgrenzung der CSU von Merkels Flüchtlingspolitik. Beim Koalitionspartner SPD stößt das auf Unverständnis.

Im Mai war das Verhältnis noch besser: Angela Merkel und Viktor Orban. Foto: dpa

Berlin dpa | Der Koalitionspartner SPD hat Kanzlerin Angela Merkel gegen die scharfen Attacken von CSU-Chef Horst Seehofer in der Flüchtlingspolitik in Schutz genommen. Die Kritik sei unsachgemäß und helfe nicht weiter, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann dem Südwestrundfunk. „Diese Kritik aus der CSU, die ist wohlfeil. Die CSU kann keine Alternative aufzeigen.“

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte: „Ich halte überhaupt nichts davon, auf dem Rücken der Flüchtlinge jetzt parteipolitisches Gezänk zu betreiben.“ Das verunsichere nur die Menschen in Deutschland und zerstöre die vorhandene Hilfsbereitschaft, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Wir sollten jetzt alle Kraft darauf verwenden, die richtigen Entschlüsse zu fassen, um die Flüchtlinge unterzubringen und rasch zu integrieren.“

Seehofer hatte Merkels Entscheidung vom vergangenen Wochenende kritisiert, Flüchtlinge aus Ungarn unregistriert nach Deutschland reisen zu lassen. „Das war ein Fehler, der uns noch lange beschäftigen wird. Ich sehe keine Möglichkeit, den Stöpsel wieder auf die Flasche zu kriegen“, sagte er dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Zugleich kündigte er an, den umstrittenen ungarischen Regierungschef Viktor Orban zur nächsten CSU-Klausurtagung einzuladen, um gemeinsam mit ihm nach einer Lösung der Flüchtlingskrise suchen.

Dies kritisierte SPD-Bundesvize Ralf Stegner. Dass Seehofer demonstrativ die Nähe „des unseligen ungarischen Rechtspopulisten“ Orban suche, zeige, „dass die CSU ihre Geisterfahrt in der Flüchtlings- und Europapolitik fortsetzen will“. Dem Handelsblatt sagte Stegner: „Zum Glück für Deutschland wird so eine unverantwortliche Haltung niemals gemeinsame Politik einer Bundesregierung sein können, an der die SPD beteiligt ist.“

Außerdem verglich Stegner Seehofer mit Donald Trump, einem Kandidaten der US-Republikaner für die nächste Präsidentenwahl. „Horst Seehofer muss aufpassen, dass er nicht zu einem deutschen Donald Trump wird“, sagte er der Bild am Sonntag.

Mit Orban reden?

Kritik an der CSU kam auch aus der Opposition. Statt dafür zu sorgen, dass Asylsuchende gut versorgt und integriert würden, spiele die CSU „den Rambo“ und setze weiter „auf Abgrenzung und Schikanen“, sagte Grünen-Chefin Simone Peter den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Der Parteivorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, warf der CSU vor, „Rassismus endgültig zur Chefsache“ zu machen. „Nachdem bislang fast jeder aus der CSU mit fragwürdigen Äußerungen über Flüchtlinge vorpreschen durfte, setzt Seehofer jetzt noch einen drauf und macht damit klar, dass die CSU sich (...) mit einem strammen Rechtskurs profilieren will.“

Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), verteidigte die Einladung des ungarischen Regierungschefs durch Seehofer. „Man muss mit Orban reden. Bei der Grenzsicherung bringt er Dinge ein, die wir in Europa diskutieren müssen“, sagte er der Mittelbayerischen Zeitung. „Wer den Schengenraum und damit die Reisefreiheit erhalten will, muss dafür sorgen, dass die Außengrenze gesichert wird.“

Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) forderte die Kanzlerin auf, stärker auf die Sorgen der Skeptiker einzugehen. „Wir müssen denen, die sich Sorgen machen, sagen, was in einem, in zwei Jahren ist. Dazu ist die Bundesregierung bisher noch sehr zurückhaltend. Aber darauf wird es ankommen“, sagte Stoiber der Zeitung Die Welt.

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8 Kommentare

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  • "Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) forderte die Kanzlerin auf, stärker auf die Sorgen der Skeptiker einzugehen."

     

    Gibt es BAYGIDA? Bayrische besorgte Bürger? Oder wünscht Stoiber sich gar so eine "Bewegung" wie in der Landeshauptstadt von Sachsen?

     

    (Die gehen jetzt übrigens wieder JEDEN Montag "spazieren" und feiern bald groß Geburtstag, wenn es frühabends wieder draußen dunkel ist...)

  • Wer hier wohlfeile Ratschläge gibt?

     

    Ist es nicht Gabriel, der stolz verkünden darf, dass er dieses Jahr doppelt so viele Waffen ins Ausland verkauft hat?

     

    Und was tut man mit Waffen? Man benutzt sie oder man läuft vor ihnen weg. Eben.

     

    Das mal zu dem ach so humanitären Aspekt der SPD Politik in Sachen Flüchtlinge.

     

    (Ist das jetzt zu kritisch und man wird es WIEDER nicht abdrucken? Sollte ich lieber noch schnell etwas Positives zur Regierung hinzufügen?)

  • Die ganze erbärmliche Polemik, wer jetzt die bessere Politik betreibt, ist nicht auszuhalten.

     

    Und das Mieseste, was dabei heraus kommt, ist, dass diese Merkel jetzt da steht, als hätte sie wieder wer-weiß-was für gute Arbeit verrichtet, und in den Medien quatscht man wieder von dieser "alles richtig gemacht" Gehirnwäsche.

     

    Nahezu alle Medien in Deutschland mutieren immer mehr zu Erfüllungsgehilfen dieser neoliberalen Veranstaltung, die sich Regierung Merkel nennt.

     

    Die zeigt nämlich gerade mal wieder eindrucksvoll, wie sehr es dieser Autokratin an Plan mangelt.

     

    KEIN WORT von der Mitschuld unserer Regierung, schäbiger gehts nicht mehr.

     

    Merkel war es sch***egal, was in Syrien und an anderen Brandherden passiert, und sie hat wieder brav gekuscht, weil Onkel Sam am Ruder ist. Was wäre wohl passiert, hätten die Russen die Region so menschenverachtend destabilisiert und in Schutt und Asche gelegt? Merkel hätte Schaum vor dem Mund.

     

    Diese charakterlose, mutlose, fahrlässige Fähnlein-in-den-Wind-Politik, die die "mächtige" Merkel zu verantworten hat, hat schon maßgeblich dazu beigetragen, dass Europa entzweit und entsolidarisiert wird - GENAU DAS rächt sich jetzt in der Flüchtlingspolitik.

     

    Und es zeigt die ganze FEIGHEIT Merkels, die es GERADE JETZT wieder mal NICHT schafft, auch nur EIN EINZIGES Wort gegen die Kriege und Hegemonialbestrebungen der USA zu verlieren, die fast überall Ursache für Flucht und Vertreibung sind! JETZT wäre die Gelegenheit!

     

    Und so eine dermaßen heuchlerische Politikerin wird dann von vielen Deutschen gut "benotet". Ich gratuliere den "unabhängigen" "Qualitäts"-Medien, die dies ermöglichen.

     

    Das ist eine unfassbare Schande.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Als jemand, der nicht gerne nach einem starken Mann/einer starken Frau ruft, frage ich mich aber schon, ob es denn im europäischen Parlament niemanden gibt, der eine Krisensitzung einberuft und bis zu einer mehrheitlich gefundenen Lösung (kein Veto möglich, bitte) alle EU-Zuschüsse stoppt. Dann erst würden sich die ehemaligen Ostblockstaaten vielleicht einmal ernsthaft Gedanken machen und nicht nur ihr rechtes Süppchen köcheln lassen und sich nebenbei die Hände reiben. Und in Deutschland verstehe ich Frau Merkel auch wieder einmal nicht, warum sie dem Seehofer nicht einfach mit einer abgespeckten Koalition droht. Frau Merkel hat schon einige Minister und Bundespräsidenten entfernt. Die 'mächtigste Frau' schafft es nicht, die CSU zu feuern? Und doch wird sie es machen müssen, denn der Flüchtlingsstrom dauert an.

  • Man kann der CSU-Spitze nur eines entgegenhalten, nämlich ein Bibelzitat:

     

    Was Ihr dem Geringsten meiner Brüder antut, das habt Ihr mir angetan!"

     

    Ich kann mir gut vorstellen, dass die gläubigen und wachen Mitglieder dieser christlichen Partei ihre Mitgliedschaft bei der CSU noch gut überdenken werden.

  • Feine Sache:

    Die Kanzlerin tut das, was ihr der Parteiname (Christlich ...) gebietet - und wird von den "Christlich-Sozialen" angegeiert. Toll.

     

    Wird Zeit für eine "Kleine GroKo", ohne den bajuwarischen Ungeist (dann gäbe es auch mehr Minister mit Fähigkeit statt Herkunft)

  • ...und wenn, liebe leitmedienberichterstatter, bilder zu sehen sind von waffen aus den krisenregionen, dann immer bitte auch nahaufnahmen hinzufügen von firmenlogos der hersteller. ins deutsche übersetzt werden müssen die ja selten...

    • @Gion :

      "ins deutsche übersetzt werden müssen die ja selten..."

      Stimmt, die meisten Deutschen verfügen heute über zumindest rudimentäre Englischkenntnisse, von daher kann man die Aufdrucke meist lesen.Die Handwaffen bis zum Sturmgewehr (inklusive der chem. Waffen) stammen meist aus Lybien, schwere Geschütze und gepanzerte Fahrzeuge aus dem Irak (mit "made in USA" sozusagen) wo sie von der flüchtenden Irakischen Armee erbeutet wurden, welche sie vorher von den USA geliefert bekam. Die Hauptwaffe, die "AK" stammt zwar aus russischer Fertigung, ist aber fast über den ganzen Globus verteilt und war natürlich auch massenweise in lybischen Arsenalen.Mit Ausnahme der iranischen Revolutionsgarden, die das deutsche G3 in Lizenherstellung haben (hat der Schah damals bekommen) findet man nirgends in den Krisengebieten im nahen Osten irgendwelche deutschen Waffen.