Hier die Austrittserklärung im Wortlaut:
Berlin, 30. Oktober 2009
Lieber Kollege Henkel, lieber Frank,
wie auch Dir nicht verborgen blieb, startete die ehemalige Ausländerbeauftragte, Barbara John, eine heftige Kampagne gegen unsere Veranstaltung am 4. November 2009 im Berliner Abgeordnetenhaus.
Kurz nachdem öffentlich bekannt wurde, dass diese Veranstaltung stattfinden wird, bemühte sich Frau John beim Präsidenten mit fadenscheinigen Argumenten um ein „Verbot“. Fadenscheinig deshalb, weil es absolut üblich und schon tausendfach geschehen ist, dass auch Organisationen, Vereine, Einzelpersonen, Zeitungen, Radio, Fernsehen oder wer auch immer auf Veranstaltungen hinweisen, sie auch mit eigenen Beiträgen bewerben oder Freunde und Bekannte ermuntern, ein solches Angebot anzunehmen und dies, ohne dass sie selbst Veranstalter sind. Daran kann es nicht gelegen haben. Nach ihrer erfolglosen Intervention beim Präsidenten bemühte sie verschiedene Journalisten mehrerer Berliner Tageszeitungen. So unterstellte sie einen Konflikt innerhalb der Berliner CDU, der dann auch dankend aufgegriffen wurde.
Ihre Motive scheinen klar, ist doch Frau John aufgrund ihrer mehr als 20-jährigen Tätigkeit als Ausländerbeauftragte höchst mitverantwortlich für die Situation in Berlin. Viel zu groß war die Gefahr, dass eine solche Veranstaltung zugleich entlarvt, mit welcher Naivität und mangelnder Weitschicht Frau John ihr Amt ausgeführt hat. Dies dürfte ihr größeres Problem gewesen sein.
Ich denke aber, dass es notwendig ist, dass gerade die Berliner CDU – ohne Furcht vor der Aufdeckung eigener Fehler der Vergangenheit – Integrationsprobleme deutlich benennen, ihr politisches Handeln der aktuellen Lage anpassen und gleichzeitig den Berliner Senat zum Umsteuern treiben muss.
Das Wegsehen, Abducken und Schönreden können wir uns nicht mehr leisten!
Viel zu deutlich begegnen uns die Probleme in den Brennpunktgebieten, die ständig weiter gewachsen sind. In diesen Gebieten, die von einem unterdurchschnittlichen Bildungsniveau, von einer enorm hohen Arbeitslosigkeit und einer überdurchschnittlichen Gewaltstatistik geprägt sind, haben viel zu oft teils rechtslose türkisch- und arabischstämmige Großfamilien das Sagen, werden längst tägliche Belange nach dem Scharia-Recht entschieden, möchte aus verständlichen Gründen kaum jemand Lehrer, Polizist oder Richter sein. Der staatliche Einfluss begrenzt sich auf das Transferieren von finanziellen Leistungen, die uns für die notwendige Entwicklung unserer Stadt in anderen Bereichen dringend fehlen. Der Integrationserfolg bleibt jedoch aus. Isolation, Zwangsheirat, Perspektivlosigkeit und die Unfähigkeit selbst in der dritten und vierten Generation die deutsche Sprache wenigstens akzentfrei sprechen zu können, kennzeichnen diese Gebiete bis heute und werden sie – ohne ein Umsteuern der Politik – auch noch in Jahren kennzeichnen. In diesen Gebieten hat sich schlichtweg eine andere Gesellschaftsordnung herausgebildet. Hier lebt man nach dem islamischen Recht. Kinder und Jugendliche geraten unweigerlich in eine höchst gefährliche Konfliktsituation zwischen zwei Weltanschauungen, zwischen zwei Gesellschaftsmodellen.
Wenn selbst der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland feststellt: „Die Glaubensgrundsätze (des Islam) und das islamische Recht (Scharia) zeigen den quasitotalen Anspruch der Religion auf Mensch und Gesellschaft.“ (aus: Ayyub Axel Köhler “Islam-Leitbilder”, S. 28) oder im selben Text weiter: „Das islamische Gesellschaftssystem wird damit aber keineswegs zu einer Demokratie. Diese Staatsform ist dem Islam fremd.“ (S. 33), wenn wichtige Quellen über den Islam dies klar belegen, dann muss ein gesellschaftlicher Konsens darüber bestehen, dass es nötig und geboten ist, über den Zusammenhang zwischen Integrationsdefiziten und Islam zu diskutieren.
Genau dieser Frage wollten wir mit dieser Diskussionsveranstaltung sachlich auf den Grund gehen und hierzu waren die Referenten bereit. Es geht nicht um ein Gegeneinander aber auch nicht um ein undifferenziertes Miteinander und schon gar nicht um ein schöngefärbtes Nebeneinander. Es geht um die klare Formulierung von Integrationszielen, um die Brennpunktgebiete Stück für Stück in den Griff zu bekommen und es geht um die Stärkung derer, die sich um Integration bemühen.
Es ist absolut nicht hinnehmbar und unerträglich, dass beispielsweise der verlängerte Arm der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Gestalt der DITIB oder sogar die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs mit Unterstützung politisch Verantwortlicher uneingeschränkt in Deutschland agieren können, dass Ableger der Milli-Görüs in Berlin Islamunterricht mit dem Ergebnis erteilen, dass sich die Zahl der unter dem islamischen Kopftuch versteckten Mädchen für jeden deutlich spürbar dramatisch erhöht hat, dass Abmeldungen vom Schwimm- oder Sexualkundeunterricht in vielen Vierteln eher die Regel als die Ausnahme geworden sind, während gleichzeitig Mitglieder unserer Partei dem Vorwurf ausgesetzt werden, nicht auf dem Boden der Verfassung bzw. am äußeren Rand zu stehen.
Seit jeher ist die weit überschätzte Politikprofessorin, Frau John damit beschäftigt, dem politischen Islam in Deutschland zur Etablierung zu verhelfen und gleichzeitig Kritikern den Vorwurf des Rassismus zu machen. Mit umgekehrter Logik wirft sie den Kritikern vor, sie „gefährden den gesellschaftlichen Frieden“. Ich empfehle hierzu die Stellungnahme von Frau Ümmühan Karagözlü auf ihrer Internetseite, die sie erst am 26. Oktober verfasste.
Die Beispiele der überdurchschnittlichen Abiturquoten von hervorragend integrierten Kindern vietnamesischer Einwanderer belegen, dass Integration funktionieren kann und sogar dann, wenn sich kein Ausländer- oder Integrationsbeauftragte des Landes um diese Zuwanderergruppen kümmert. Deshalb muss auch Frau John die Frage beantworten, was ihre mehr als 20-jährige Tätigkeit der Gesellschaft tatsächlich gebracht hat.
Ich bin zutiefst enttäuscht, den mehr als 270 angemeldeten Teilnehmern mitteilen zu müssen, dass die Veranstaltung unser Fraktion nun nicht stattfinden wird, weil sich die Referenten entschieden haben, diese wichtige Debatte einer innerparteilichen Auseinandersetzung der CDU nicht zu opfern.
Ich hatte die Hoffnung und die Erwartung, dass Du als Vorsitzender der CDU Berlin und als Vorsitzender der Fraktion deutlich machst, dass die ehemalige und gescheiterte Ausländerbeauftragte nun nicht im Namen der Christlich Demokratischen Union spricht und es mit Blick auf die parallelgesellschaftlichen Problemkieze dringend notwendig ist, eine ungeschönte und ehrliche Debatte über den Zusammenhang von Integrationsdefiziten und dem politischen Gesellschaftsmodell Islam zu führen. Denn tun wir dies nicht, werden wir nicht nur unsere Problemkieze nicht in den Griff bekommen, sondern wir laufen geradezu in eine gesellschaftspolitische Katastrophe, wie wir sie in Paris oder anderswo in Europa erleben mussten und noch immer erleben müssen.
Ich habe mich in den letzten Jahren sehr intensiv mit dieser schwierigen Thematik befasst. Mir war immer klar, dass man sich bei diesem Thema schnell mehr Feinde als Freunde macht. Und ich habe sehr viele schmerzhafte und verletzende Erfahrungen machen müssen, bin beschimpft und bekämpft worden und habe meine Familie in Gefahr gebracht. Aber ich habe auch viele liebenswerte Menschen kennen gelernt, habe Gespräche geführt mit jungen verzweifelten Frauen, die mir erklärten, dass ein Ausbruch aus dem islamischen System einen Bruch mit ihrer gesamten Familie bedeutet und sie deshalb ihre Peinigung weiterhin geduldig ertragen. Aber sie hoffen. Sie hoffen auf die Reaktion der Gesellschaft. Ich bin stolz darauf, dass sie sich mir anvertrauten.
Ich bin mir auch darüber im Klaren, dass ich auf diesem Weg manches anders hätte machen können oder vielleicht sogar müssen. Aber die mangelnde Unterstützung der eigenen Partei, die letztlich auch zum Scheitern dieser wichtigen Veranstaltung geführt hat, zwingt mich nun zu einer Reaktion.
Schweren Herzens ziehe ich deshalb die Konsequenzen und habe mich unumkehrbar entschieden, Dir heute meinen Austritt aus der CDU zu erklären. Gleichzeitig danke ich allen Freunden und Kollegen, die mich stets motiviert und mir Kraft gegeben haben und bitte jeden einzelnen um Verständnis.
Insbesondere danke ich den fleißigen Mitarbeitern unserer Fraktion und bitte Dich, ihnen dies mitzuteilen.
Bitte werft nicht den Mantel des Schweigens über dieses wichtige Thema.
Mit freundlichen Grüßen
René Stadtkewitz
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