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Parodie auf AtomkampagneWerber gegen Umweltschützer

Die Agentur Jung von Matt will eine Parodie ihrer RWE-Spots verbieten lassen. Die Umweltorganisation "Urgewald" veränderte den Slogan in "teuer, dreckig und gefährlich".

Da da da: Die Neue-Deutsche-Welle-Band Trio wirbt für den Energiekonzern RWE. Bild: screenshot/rwe.com

BERLIN taz Es war kein Aprilscherz - Christian Unsinn, Anwalt der Werbeagentur Jung von Matt, hat seinen Brief vom Mittwoch ernst gemeint. Er droht der Umweltorganisation Urgewald mit einer Klage wegen Urheberrechtsverletzung. Jung von Matt hatte für den Energiekonzern RWE einen Werbespot entwickelt. Darin trällert die frühere Neue-Deutsche-Welle-Band Trio als Animation in blauen T-Shirts ihren 80er-Hit "Da da da". Wo man früher "Du liebst mich nicht, ich lieb dich nicht" sang, wird jetzt Werbung für RWEs neue Strommarke gemacht. Die nennt sich fröhlich "Pro-Klima", da sie zu gut zwei Dritteln aus Atomkraft besteht und daher besonders CO2-freundlich sei.

Eine Einladung zur Parodie, die Umweltschützer gerne aufgriffen. Urgewald machte für die Atomausstiegskampagne "Ausgestrahlt" einen neuen Flyer: Das RWE-Logo "VoRWEg gehen" wurde ersetzt durch "FingeRWEg". Darin sind die Trio-Mitglieder schemenhaft dargestellt und preisen statt der Preisgarantie bis 2011 nun andere Merkmale des RWE-Stroms: "Teuer", "dreckig" und "gefährlich" sei dieser, so Jochen Stay, Sprecher von Ausgestrahlt.

Eine gelungene Persiflage, finden die Umweltschützer; eine Verletzung der Urheberrechte, urteilen die Werbeleute. Sollte die Anzeige weiter verwendet werden, droht Anwalt Unsinn mit Schadensersatzforderungen. Er möchte jedoch ausdrücklich darauf hinweisen, dass Jung von Matt die Arbeit der Umweltschützer nicht behindern wolle. Heffa Schücking, Geschäftsführerin von Urgewald, widerspricht: "Es ist offensichtlich, dass hier die Meinungsfreiheit eingeschränkt und wichtige Kritiker des Konzerns eingeschüchtert werden sollen." Sie fordert Jung von Matt auf, die Unterlassungsaufforderung sofort zurückzuziehen.

Hintergrund für die Kritik der Umweltschützer ist RWEs Vorhaben, in Bulgarien in ein neues Atomkraftwerk zu investieren. "Das Kraftwerk soll in einer Region gebaut werden, in der es regelmäßig Erdbeben gibt", sagt Stay. Schon sowjetische Wissenschaftler der bulgarischen Atomaufsicht hätten in den 1980ern vor dem Standort gewarnt.

Einige Fans von Trio lieben die Band nach dem Spot nun auch nicht mehr. "Da muss aber jemand das Geld wirklich nötig haben!", schreibt ein Jürgen Frey im Fan-Forum. Den Geldspartipp liefert ein anderer User gleich hinterher: echter Ökostrom rein aus erneuerbarer Energie. Der sei nämlich vielerorts um einiges billiger als der Atomstrom von RWE.

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12 Kommentare

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  • A
    Atomstromboykotteur

    @ E. Punkt: ein wirklich aussagekräftiges Bild! Und ein guter Aufhänger für eine betriebsinterne Fortbildung bei Jung von Matt, hier kann man noch von Kollegen lernen.

    Dieses Bild ist prädestiniert, um einen Text wie „Uranboom im afrikanischen Niger – verseuchtes Wasser, verstrahlter Sand“ zu illustrieren

  • KP
    Kerstin Peters

    JvM verdient mit Imgagekampagnen für einen Großkonzern, der mit seiner verantwortungslosen Politik maßgeblich seinen Teil an der Umweltzerstörung trägt. Damit verdient die Werbeagentur nicht nur viel Geld sondern eine Abmmahnung aller Leidtragenden des Klimawandels!

  • J
    juergen

    Die besagte Broschüre kann (noch) hier bestellt werden:

    http://www.ausgestrahlt.de/atom/shop/broschuere

     

    Darin wird dann auch auf den anderen Song Bezug genommen, daher wohl die Verwechslung des Redakteurs.

    Auch hat nicht "urgewald" den Flyer für ".ausgestrahlt" gemacht, sondern er wird von beiden Vereinen gemeinsam herausgegeben!

  • EP
    E. Punkt

    Herzlichen Dank an die Werbeagentur Jung von Matt. Ohne diese tolle PR-Kampagne hätte ich weder die schöne RWE-Persiflage von http://www.ausgestrahlt.de/atom/rwe kennen gelernt, noch hätte ich dieses schöne Foto aus dem Hause Jung von Matt gefunden: http://blog.koormann.de/files/archive-dec-2007.php, für die Unicef-Kampagne „bad water kills more children than war“. Sehen wir hier ein Kind aus der bettelarmen Republik Niger? Dort wo der Uran-Abbau das Trinkwasser vergiftet und wo strahlender Gift-Staub durch den Wüstenwind verweht wird?

    In der Agentur, die auf vergiftetes Trinkwasser aufmerksam macht, hat man nicht begriffen, dass auch die von ihr beworbene Atomkraft Trinkwasser vergiftet.

  • M
    Mare

    Als die Werbung von RWE ins Haus flatterte kam mir nur noch die Kotze - nachdem in unserer kleinen Stadt der Bau eines neuen Kohlekraftwerks beschlossen wurde, würgt es mich, wenn ich diese Verblendung durch Massenaussendung an alle Haushalte sehe.

     

    Es ist traurig. So fängt man also Unwissende: Einfach einen Haufen grünklingender Sprüche rein, den Trend zur "Grün"färberei der eigenen Technik nicht vergessen, schön viel alternative Energiegewinnung auf das Cover und nichts von dem erzählen, was man falsch macht, bzw. wie man die Umwelt verpestet.

     

    Da sind wir doch alle wieder total glücklich, wenn die Werbung stimmt (bloss nicht die Realität abbilden, das macht ja traurig).

    Wir wollen doch alle happy sein. Und da muss die Werbung auch happy sein, dann kann man auch mit Umweltverschmutzung noch als Umweltretter durchgehen. Äh... ja.

     

    Mir bleibt schlecht...

  • EP
    E. Punkt

    Herzlichen Dank an die Werbeagentur Jung von Matt. Ohne diese tolle PR-Kampagne hätte ich weder die schöne RWE-Persiflage von http://www.ausgestrahlt.de/atom/rwe kennen gelernt, noch hätte ich dieses schöne Foto aus dem Hause Jung von Matt gefunden: http://blog.koormann.de/files/archive-dec-2007.php , für die Unicef-Kampagne „bad water kills more children than war“. Sehen wir hier ein Kind aus der bettelarmen Republik Niger? Dort wo der Uran-Abbau das Trinkwasser vergiftet und wo strahlender Gift-Staub durch den Wüstenwind verweht wird?

    In der Agentur, die auf vergiftetes Trinkwasser aufmerksam macht, hat man nicht begriffen, dass auch die von ihr beworbene Atomkraft Trinkwasser vergiftet.

  • ML
    Mika Latuschek

    hallo kai, raniah ist ein frauenname, wie z.b. ein blick in eine online-bildsuche zeigt.

    aber wie gesagt: lieber der falsche name als der falsche strom!

    lg mika (w)

  • BG
    Bürger G.

    warum nimmt die taz eigntlich jeden schnipsel auf um gegen Kernkraft zu wettern?! Ist das nicht Bild-Niveau?! Wollte die taz 1979 nicht mal eine andere Tageszeitung sein?! Peinlich!

     

    zu Trio: Respekt, dass sich mal jemand nicht von der Anti-AKW-Propaganda in diesem Land anstecken läßt!

     

    zu Jochen Stay: er wäre doch der erste gewesen, der eine unterlassungklage angestrebt hätte, im umgekehrten fall!

     

    zum Tarif: er ist wohl deshalb teurer als andere "ÖKO"tarife, da er nicht vom Otto-Normal-Bürger querfinanziert wird!

  • S
    Stefan

    siehe auch

     

    http://www.ausgestrahlt.de/atom/rwe

     

    .augestrahlt ist übrigens die eine Organisation, urgewald (http://www.urgewald.de) die andere; beide zusammen sind dagegen, dass RWE neue Atomkraftwerke baut.

  • KS
    Klaus Schenck

    Vor 2 Tagen hätte ich die Klagedrohung von Anwalt Unsinn (zum Namen erspare ich mir als höflicher Mensch jeden Kommentar) für einen Aprilscherz gehalten. Anstatt herzhaft lachen zu können, bleibt mir letzteres nun im Halse stecken.

     

    Ich hätte den Werbefachleuten mehr Kreativität zugetraut als sich so plump von RWE vor den Karren spannen zu lassen.

     

    Vielleicht sollte gehörten eher die Werbeagentur Jung von Matt und RWE vor den Kadi gezerrt, ist ihre Werbekampagne doch eine grobe Täuschung. Was soll an Atomkraft und Uran Klima- und umweltfreundlich sein?

     

    Um Tschernobyl strahlen ganze Landstriche, und unterirdisch sieht es auch in Niedersachsen nicht besser aus, Asse lässt grüssen.

     

    Auch der Uranabbau hat mit Klimafreundlichkeit absolut nichts zu tun. Nach großen Uranfunden im Amazonasregenwald vor wenigen Wochen droht der nun auch noch von der Atomindustrie in Rauch aufgelöst zu werden.

     

    Was für ein Zufall, dass Kanzlerin Merkel im Mai vergangenen Jahres in Brasilien das Atomabkommen mit dem Land erneuert hat. Da können sich dann die Klimaretter von RWE und Matt und Jung richtig austoben.

     

    Wahrscheinlich verstehen Jung von Matt und RWE mit ihrem so fröhlichen "Pro-Klima" menschenleere Landstriche. Wenn die Menschen tot sind oder vor Atomstrahlen und Baggern flüchten mussten, dann können sie das Klima nicht mehr belasten.

     

    Solange es noch Menschen gibt, empfehle ich denen dringend, über Alternativen zu RWE nachzudenken. An die AktivistenInnen von Urgewald: Lasst euch nicht unterkriegen!

     

    Ich wünsche ein sonniges Wochenende!

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Diese degenerierte Lügenmaschine, als Werbewirtschaft getarnt,

    muss an die Kette.

  • K
    kai

    "Darin trällert .....Trio als Animation in blauen T-Shirts ihren 80er-Hit "Da da da". Wo man früher "Du liebst mich nicht, ich lieb dich nicht" ...."

     

    Eher nicht. Die Vorlage für den RWE Titel ist der Trio Titel "Anna" , der das oben genannte Textbeispiel nicht enthält. Ich empfehle zwecks Fortbildung die A-Seite der 7" Single, 1982, Mercury 6005 257 (B-Seite auch hörenswert) bzw das Album bye bye .

     

    Dieser Fehler des (sehr jungen Redakteurs?) ist aber im Gegensatz zu Trios Einsatz als RWE Söldner verzeihlich...erbärmlich.

     

    cu