piwik no script img

Parlamentswahl in SpanienDie Sozialisten haben abgewirtschaftet

Die Arbeitslosigkeit steigt, das Wirtschaftswachstum sinkt, und die Konservativen dürften gewinnen. Doch auch sie werden gnadenlos sparen müssen

Hat einen schweren Stand beim Wahlvolk: Alfredo Perez Rubalcabader, der sozialistische Kandidat für das Amt des spanischen Premiers. Bild: dpa

Spaniens sozialistische PSOE steht vor einem Wahldebakel ohnegleichen. Die Umfragen sagen für die Partei des noch regierenden José Luis Rodríguez Zapatero den Verlust von mehr als einem Viertel der Parlamentssitze voraus. Mit nur noch knapp 30 Prozent der Stimmen liegen die Sozialdemokraten, die Zapateros ehemaligen Stellvertreter Alfredo Pérez Rubalcaba ins Rennen schicken, rund 17 Punkte hinter der konservativen Partido Popular (PP) unter Mariano Rajoy. Die PP wird voraussichtlich eine breite absolute Mehrheit im Parlament erringen. Die Sozialisten werden damit für die Wirtschaftskrise abgestraft, unter der Spanien leidet wie nur wenige andere Länder in Europa.

Kleine Parteien dürfen sich Hoffnung auf einen Teil der unzufriedenen Wähler aus dem sozialistischen Lager machen. Die postkommunistische Vereinigte Linke (IU) könnte nach dem 20. November mit acht statt bisher einem Abgeordneten im neuen Parlament vertreten sein. Und die in der Mitte angesiedelte Partei Union für Fortschritt und Demokratie, die sich aus Dissidenten der PSOE und der PP speist, könnte ebenfalls statt einem zukünftig zwei oder drei Mandate haben.

Besonders spannend wird es für die Ökobewegung in Spanien. Erstmals tritt eine neue, grüne Partei unter dem Namen Equo an. Spitzenkandidat Juan López de Uralde, einstiger Chef der spanischen Greenpeace-Sektion, hat unabhängige Umweltaktivisten sowie 35 ökologische Gruppierungen um sich geschart. Da die meisten Umfragen nur bereits im Parlament vertretene Parteien berücksichtigen, liegen keine genauen Prognosen vor. Equo selbst hofft auf drei bis fünf Abgeordnete.

Die neue Regierung wird vor der schwierigen Aufgabe stehen, Spanien aus der Krise zu führen. Die Arbeitslosenquote hat die 20-Prozent-Marke überstiegen, über fünf Millionen Spanier sind arbeitslos gemeldet. Das Wirtschaftswachstum liegt unter einem Prozent, das Defizit ist schwer in den Griff zu bekommen. Die Finanzmärkte üben enormen Druck auf Spanien aus. Die Zinsen für die Staatsanleihen sind am Dienstag auf über 6,5 Prozent gestiegen. Sie liegen damit kurz vor dem, was die Ökonomen den "point of no return" nennen.

Eins ist klar: Auf Spanien kommen weitere Kürzungen zu. Die noch regierenden Sozialisten haben Vorarbeit geleistet, doch ohne den gewünschten Erfolg. Sozialleistungen wie das Kindergeld, die Hilfe für Langzeitarbeitslose wurden gestrichen, Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst gekürzt, lukrative Staatsbetriebe privatisiert. Das Defizit sollte damit von 11,2 Prozent im Jahr 2009 auf 6 Prozent zum Ende dieses Jahres gesenkt werden. Es wird wohl nicht gelingen. Mindestens 6,6 Prozent werden es sein und 2012 wohl 5,9 Prozent statt der vorgesehenen 4,4 Prozent und 2013 5,3 statt der 3 Prozent, die das Abkommen von Maastricht einst als Obergrenze setzte. Der zusätzliche Sparbedarf beläuft sich für die nächsten beiden Jahre auf mindestens 36 Milliarden Euro. Zapatero kürzte 2010 gerade einmal zehn Milliarden.

Ein Blick in die von den Konservativen regierten Regionen Spaniens zeigt, wie das Wirtschafts- und Sozialprogramm Rajoys aussehen könnte. Dort werden Teile des Gesundheits- und Bildungssystem privatisiert, Sozialausgaben gekürzt und Angestellte aus dem öffentlichen Dienst entlassen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • LG
    linker geldverschwender

    "Das Rezept der unbeholfenen Linken - mehr Steuergeld auszugeben als vorhanden - scheint nicht aufgegangen zu sein. War so, ist so und bleibt auch so! Nicht nur in Spanien."

     

    @zombie1969:

     

    Bis zum Beginn der gewaltigen Immobilienkrise hatte Spanien ausgeglichene Haushalte vorzuweisen.

    Hierzulande wurde der wirtschaftliche Kurs Spaniens von allen wirtschaftsliberalen Experten hochgelobt, obwohl es nie ein Geheimnis war, dass in Spanien jedes Jahr mehr Wohnungen gebaut wurden, als in D, F und GB zusammen. Nie wurde von den europäischen Freunden gemahnt.

    Die PSOE hat keine linke wirtschaftspolitik gemacht, sondern bestenfalls das Geld aus einer neoliberalen Spekulationswelle teilweise in soziale Projekte investiert.

    Dass die alte spanische Regierung Fehler gemacht hat, ist keine Frage, sie hat einfach kein festes Konzept.

    Genausowenig wie die aktuelle dt. Regierung, die sich bisher aber am Liebsten an ausländischen Haushalten vergeht.

  • Z
    zombie1969

    Das Rezept der unbeholfenen Linken - mehr Steuergeld auszugeben als vorhanden - scheint nicht aufgegangen zu sein. War so, ist so und bleibt auch so! Nicht nur in Spanien.

  • B
    Branko

    Eine typische Nachrichtenmeldung:

    "[sozialisten/Konservative] abgewählt,

    [sozialisten/Konservative] an der Macht - jetzt ändert sich was."

     

    Nein.

    Falsch.

     

    Das fatale an der Situation

    - egal ob Spanien, Griechenland, Frankreich, USA oder Deutschland -

    ist, daß die Mehrheit der Wähler nicht kapiert, daß weder mit "rechts-bürgerlich-konservativen" (CDU, Republikaner) noch mit "Sozialdemokraten" (SPD, Demokraten) ein Kurswechsel stattfinden wird, und auch nicht kapieren wird, daß es einerseits nicht zwangläufig radikal sein muß, wenn man eine andere Partei als eine der beiden großen Nicht-Mehr-Volks-Parteien wählt (außer diesem braunen Abschaum, versteht sich - ich rede hier von Demokratie, nicht von Schwachsinn, Tod und Verderben.) und andererseits gemäßigte Maßnahmen den großen Knall ohnehin nicht mehr aufhalten werden.

    Das hat doch gerade erst schon wieder die Berlin-Wahl beispielhaft im 'Kleinen' bewiesen.

     

    Der Unterschied in der "Wirtschaftskompetenz" zwischen SPD und CDU besteht unterm Strich nämlich nur darin,

    daß die CDU davon überzeugt ist, daß man das Geld 'unten' wegnehmen muß, wohingegen die SPD davon überzeugt ist, daß es nach 'oben' umverteilt werden muß, damit es wirtschaftlich bergauf geht.

    Sicher sagen die jeweils das Gegenteil, wenn sie auf der Oppositionsbank sitzen *lach*.

     

    Das Ergebnis über vierzig Jahre dieser "Wachstumspolitik" zeichnet sich mitlerweile ja so deutlich ab, daß das nicht nur der gehoben Mittelstand am Portemonnaie merkt, sondern sogar die Superreichen endlich kapiert haben, daß sie den Ast absägen auf dem sie selbst sitzen.

    Nur die beiden großen Parteien haben das nicht kapiert.

    Und die werden das nicht kapieren.

    Weil dann müssten sie Fehler zugeben, und einen Kurs einschlagen, für den andere stehen.

     

    Insoweit sind Demos wie Occupy nur als niedlich zu betrachten.

    Leute, Ihr müsst komplett anders wählen oder gar neue Parteien gründen (Nix Braunes, versteht sich).

    Rot, schwarz, schwarz-rot oder rot-schwarz... das haben wir vierzig Jahre durch.

    Das uns dahin gebracht, wo wir jetzt sind.

  • H
    Harun

    Bein einem historisch nie dagewesenen Höchststand der Produktivkkräfte und ebensolcher Konzentration von Wert- und stofflichem Reichtum in den meisten kapitalistischen Ländern rast inzwischen eine gnadenlose Verarmungswelle über die mit solchem Reichtum an Produktivkräften und Privateigentum daran ausgestatteten Länder.

    Bei dem evtl. schon 2012 erreichten Finale dieses Verreichungs- und Verarmungsprozesses wird dieser mit voller Wucht auf Deutschland durchschlagen, einfach deshalb , weil dann die via Dumpinglöhnen und Währungsvorteilen auf Höchststand laufende BRD-Exyportmaschine ihre preisgünstigeren Waren in den seit Jahren von ihr verarmten Ländern nicht mehr abzusetzen vermag. Da sie dann nicht mehr auf einen Binnenmarkt als Ersatzmarkt für ihre Waren zurückgreifen kann, weil sie den ja mit Hilfe der willigen Gewerkschaftsbosse über Reallohnsenkungen nieder gemacht hat, wird eine beispiellose Verarmungswelle Deutschland verwüsten.

    Dann werden hoffentlich die Restbelegschaften in Zusammenarbeit mit den kapitalistisch überflüssig gemachten "Transferempfängern" beginnen, den kapitalistisch dominierten Staat´, die korrupten Gewerkschaftsführer von Sommer bis Huber endlich angzugreifen bzw. zum Teufel zu jagen und mit politischen Streiks, Enteignungen der bisherigen Produktionsmittelbesitzer via Belegschaftssozialismus usw. die gesellschaftliche Produktion, Distribution und Konsumtion endlich selbst in die Hände zu nehmen!

  • D
    dev

    und die finanz-kapitalisten in den usa haben gewonnen? lächerlich.