Parlamentswahl in Griechenland: Konservative laut Prognose vorn
Die griechischen Wähler haben demnach für einen Machtwechsel in Athen gestimmt. Es deutet sich an, dass die Partei Nea Dimokratia sogar allein regieren kann.
Sollte die Prognose amtlich bestätigt werden, erhielten die Nea Dimokratia (ND) die absolute Mehrheit im Parlament und wären nicht auf einen Koalitionspartner angewiesen. Dies sagten übereinstimmend Demoskopen im staatlichen Fernsehen und in mehreren privaten TV-Sendern. In Griechenland erhält die stärkste Partei 50 Sitze zusätzlich im 300-köpfigen Parlament. Dies soll die Regierungsbildung vereinfachen.
Beobachter führten die Niederlage des linken Regierungschefs Alexis Tsipras und seiner Partei Syriza auf die harten Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre zurück, die hauptsächlich die Mittelklasse getroffen haben. Ein großer Teil des Mittelstands, der in Griechenland traditionell über den Ausgang der Wahlen entscheidet, hat demnach der Syriza den Rücken gekehrt und auf die Konservativen gesetzt. Auch viele Rentner wandten sich von der linken Partei ab, nachdem Tsipras mehrere Rentenkürzungen durchgeführt hatte. Zudem konnte die Nea Dimokratia bereits bei den Europawahlen im Mai stark bei jungen Wählern punkten.
Als drittstärkste Kraft kam die sozialdemokratische Partei Bewegung des Wandels mit rund 7 Prozent ins Parlament, ihr folgt die Kommunistische Partei (KKE) mit rund 6 Prozent. Die Partei MeRA25 des ehemaligen griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis wird es wohl ebenfalls schaffen – sie hat laut Prognose gut 3 Prozent erreicht, die Prozenthürde, die in Griechenland für den Einzug ins Parlament gilt. Bangen müssen die rechtsextremistische Goldene Morgenröte und die rechtspopulistische Partei Griechische Lösung.
Zehn Millionen Wahlberechtigte
Mitsotakis' Partei gilt als proeuropäisch und wirtschaftsfreundlich. Er versprach während des Wahlkampfes, die Privatisierungen zu fördern, mit der Senkung von Steuern die Wirtschaft anzukurbeln und damit auch die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Zurzeit sind mehr als 18 Prozent der Griechen ohne Job. Auch Tsipras hatte im Wahlkampf versprochen, sich um die Mittelklasse zu kümmern, dabei allerdings auch soziale Aspekte nicht zu vergessen.
Wahlberechtigt sind rund zehn Millionen Bürger. Das verwirrt zunächst, weil Griechenland nur knapp elf Millionen Einwohner hat. Allerdings gibt es mehr als drei Millionen griechische Staatsbürger, die im Ausland leben – vor allem in den USA, in Australien und Kanada, aber auch in Deutschland, wo rund 375.000 Griechen leben. Weil es in Griechenland keine Briefwahl gibt, fallen ihre Stimmen weg, es sei denn, sie reisen eigens zur Wahl in die Heimat. Zudem wird vermutet, dass in griechischen Wahllisten bis heute etliche Tote aufgeführt sind, was die Zahl der potenziellen Wähler ebenfalls verfälscht. Griechische Medien gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Wahlberechtigten bei rund 6,5 Millionen liegt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“