Parlamentswahl in Ex-Sowjetrepublik: Der Missionar von Moldova
Moldovas Sozialisten-Chef Igor Dodon gratuliert Ungarns Premier Orbán zum Anti-LGBTQ-Gesetz. Damit macht er vor den Wahlen erneut klar, was er vorhat.
Igor Dodon, Chef der Sozialisten in der Republik Moldova, konnte das Wasser nicht halten. An diesem Mittwoch gratulierte er Ungarns Regierungschef Viktor Orbán und dem ungarischen Volk zu dem famosen Anti-LGBTQ-Gesetz, das trotz des Widerstandes einiger europäischer Länder und der liberalen Lobby in Ungarn zustande gekommen sei.
Der Mann sorgt sich schon lange um die europäischen Werte – so wie er sie versteht. Als im Mai 2017 eine friedliche Pride in der Hauptstadt Chisinau nach massiven Bedrohungen orthodoxer Gruppen abgebrochen werden musste, diktierte Dodon, damals noch erster Mann im Staat, Journalist*innen in den Block, er sei nicht der Präsident von Schwulen. Zwei Jahre später setzten selbst ernannte Hüter*innen von Moral und Tradition einem LGBTQ-Solidaritätsmarsch ein kollektives geselliges Beisammensein entgegen – die Schirrmherrschaft für das „Familienfest“ hatte Dodon übernommen
Seine jüngste Grußadresse an Budapest wäre wahrscheinlich komplett untergegangen, weil sich kaum jemand für das trostlose, zwischen Rumänien und der Ukraine eingeklemmte Ländchen interessiert. Doch dieser Tage ist das anders. Am kommenden Sonntag findet Parlamentswahl statt und die spannende Frage ist, ob es in Moldova demnächst zur Abwechslung auch einmal eine funktionierende Regierung geben wird.
Im Mai nutzten die Sozialisten ihren Wahlkampfauftakt jedenfalls dafür, Gesetze gegen die LGBTQ-Community anzukündigen. Vorschriften wie die Kriminalisierung von Werbung für „nicht traditionelle sexuelle Beziehungen“ dürfen da natürlich nicht fehlen. Dodon missioniert gerade im ganzen Land auf Veranstaltungen der „Familien-Woche“.
Offenbar etwas erfolglos. Seinem Bündnis mit den Kommunisten werden bei den Wahlen überschaubare Ergebnisse vorhergesagt. Die Partei „Aktion und Solidarität“ (PAS) der pro-Europäischen Staatschefin Maia Sandu hingegen erfreut sich wachsenden Zuspruchs. Doch mit der Solidarität ist das so eine Sache. In dem Wahlprogramm der PAS findet sich zu Minderheitenrechten kein Wort. Schweigen ist offenbar auch eine Lösung.
Vielleicht sollte auch die EU genauer nach Moldova gucken. Schließlich pampert sie Chisinau in den kommenden drei Jahren mit 600 Millionen Euro. Ein Teil des Geldes soll in die Entwicklung des Rechtsstaates fließen. Wie gut das geklappt hat, ist ja in Ungarn zu besichtigen. Das sollte als Anschauungsmaterial reichen. Eigentlich. Doch sicher ist das leider nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen