Paris St. Germain in der Königsklasse: Stumpfes Starensemble

Paris St. Germain tritt mit Vorsprung bei Real Madrid an – aber ohne die Aura eines Dreamteams. Immerhin auf einen ist Verlass.

Messi Neymar und Mbappè stehen auf dem Spielfeld zusammen

Die drei Heiligen: Messi, Neymar und Mbappé finden in Paris noch nicht gut zusammen Foto: imago

MADRID taz | Vergangenen Sommer schien der Epochenwechsel im europäischen Fußball endgültig vollzogen. Antizyklisch zu pandemiebedingten Sparzwängen anderswo verstärkte Paris St. Germain sein Team auf allen Positionen und steckt am Ende noch Lionel Messi mit in die Einkaufstüte. Der siebenfache Weltfußballer wurde präsentiert wie ein Pharao. Wer sollte diese Mannschaft schlagen können?

Ein halbes Jahr später reisen die Pariser zum Achtelfinalrückspiel der Champions League bei Real Madrid mit einem 1:0-Vorsprung, aber ohne die Aura eines Dreamteams an. Als präsenteste Zugänge zeigten sich die wenig Beachteten, die Außenverteidiger Achraf Hakimi und Nuno Mendes.

Bei Welttorwart Gianluigi Donnarumma reicht es hingegen nur zu einer Rotation mit dem angestammten Keylor Navas, der erhoffte Abwehrleader Sergio Ramos bestritt wegen Verletzungen erst 283 Minuten und Mittelfeldmann Georginio Wijnaldum ist zum Ergänzungsspieler abgestiegen. Vor allem aber erweist sich der vermeintliche Jahrhundertangriff aus Messi sowie Neymar und Kylian Mbappé bislang als stumpfes Gerät.

Wegen Verletzungen besonders von Neymar stand das Angriffstrio bislang nur in zehn von 37 Spielen zusammen in der Startformation – dabei setzte es für den PSG drei seiner vier Saisonniederlagen. Das nachlässige Defensivverhalten von Diven ist dabei der erwartbare Teil des Problems. Überraschender ist die stockende Offensivproduktion. Und dabei wird nicht jedem dieselbe Schuld gegeben.

Formidable Einzelleistung vom Mbappé

Bei der ersten Pleite ohne volle Starkapelle fehlte am Samstag der gelb gesperrte Mbappé, es gab ein 0:1 beim Tabellenzweiten in Nizza. Dessen Trainer Christophe Galtier sagte danach: „Es gibt einen PSG mit Mbappé und einen ohne ihn.“ Galtiers Urteil ist hoch einzuschätzen: Er entriss Paris vorige Saison mit Lille die Meisterschaft und blieb diese Saison mit Nizza in drei Matches gegen die Hauptstädter ohne Gegentor. Die Zahlen – Mbappé hat mit 24 Saisontoren mehr als doppelt so viele erzielt wie Messi und Neymar zusammen – stützen seinen Befund sowieso, die Eindrücke ebenso: Im Hinspiel gegen seinen möglicherweise künftigen Verein Madrid war Mbappé der überragende Mann und erzielte mit einer formidablen Einzelleistung in der Nachspielzeit das Siegtor. Zuvor hatte er einen Elfmeter herausgeholt – den Messi verschoss.

Seit Monaten entzünden sich die Kritiken an dem Argentinier. Das Problem ist seine Chancenverwertung. Als ob Messi mit der Nummer 10 sein altes Ich abgestreift hätte, traf der sechsfache Gewinner des Goldenen Schuhs für Europas besten Torschützen in der Ligue 1 erst zwei Mal. Gegen solche Zahlen verblassen taktische Erklärungen wie jene, dass er tiefer im Mittelfeld agiert als früher und sich mehr am Spielaufbau beteiligt.

Der ehemalige Starangreifer Thierry Henry spekulierte in der Sportzeitung L’Equipe über seelische Hintergründe. „Wenn wir über so außergewöhnliche Spieler wie Messi oder Neymar sprechen, übersehen wir diese Dimension zu stark.“ Henry erinnert an Neymars jüngere Äußerungen über Druck und Rücktrittsgedanken. Im Hinblick auf Messi spricht Henry von einem „emotionalen Schock“ nach dessen „unprogrammiertem“ Ausscheiden bei seinem Kindheitsklub.

Befreit wirkt nur Mbappé, trotz der Dauerdebatte um seine Zukunft. Im Alter von 23 muss er die altgedienten Starkumpels heute an die Hand nehmen. Nach der Shoppingtour des Sommers wäre ein Aus für den PSG und seine katarischen Besitzer ein Desaster. Ein gutes Omen immerhin: das Siegtor im Hinspiel erzielte Mbappé auf Vorlage des eingewechselten Neymar. Und auf dem Platz standen in diesem Moment alle drei.

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