Paraguays Staatschef ist unerwünscht: „Bruch der demokratischen Ordnung“
Fernando Lugo in Bedrängnis: Das südamerikanische Wirtschaftsbündnis Mercosur will Sanktionen gegen Paraguays Präsident beschließen.
PORTO ALEGRE taz | Die Mitte-links-Regierungen des südamerikanischen Wirtschaftsbündnisses Mercosur stecken in der Zwickmühle. Am Freitag wollen sie im argentinischen Mendoza Sanktionen gegen Paraguays neue Regierung beschließen, die nach der dubiosen Amtsenthebung des linken Präsidenten Fernando Lugo gebildet wurde.
Lugos vereidigter Nachfolger Federico Franco und seine Minister sind auf dem erweiterten Gipfel, zu dem alle Staatschefs Südamerikas geladen sind, unerwünscht.
Lugo hingegen, der am Montag ein Schattenkabinett bildete und den friedlichen Widerstand gegen die neuen Machthaber anführt, wird über seinen Sturz berichten. Der 61-Jährige nennt ihn „Express-Staatsstreich“.
ein historischer Wahlsieg
„Ich habe noch nie einen Prozess erlebt, in dem ein Präsident in 24 Stunden abgesetzt wurde, dessen Wahl 60 Jahre gedauert hat“, sagte Brasiliens Expräsident Lula da Silva. Er spielt auf Lugos historischen Wahlsieg 2008 an, mit dem der „rote Bischof“ das 61-jährige Regime der Colorado-Partei beendet hatte.
Brasiliens Regierung hat sich für die Sprachregelung „Bruch der demokratischen Ordnung“ entschieden. Man werde „im Konsens“ mit den Mercosur-Nachbarn vorgehen, sagte Präsidentschaftsminister Gilberto Carvalho am Montag.
Gerüchte über einen Ausschluss des Gründungsmitglieds Paraguay aus dem Mercosur, auf den vor allem Argentinien drängt, wollte er nicht bestätigen.
Auf dem falschen Fuß erwischt
Präsidentin Dilma Rousseff, deren Diplomaten von Lugos Sturz auf dem falschen Fuß erwischt wurden, steht unter Druck der brasilianischen Rechten, vor allem der Vertreter des Agrobusiness.
Die 400.000 „Brasiguayos“ betrachten Franco als einen der Ihren. Die teilweise seit mehreren Generationen in Paraguay ansässigen, meist aus Südbrasilien stammenden Farmer sind die treibende Kraft hinter dem Gensojaboom, der Paraguay zum viergrößten Sojaexporteur gemacht hat.
Lugo verzeihen sie seine Nähe zu den Kleinbauern nicht, obwohl diese in der Praxis meist folgenlos blieb.
In Paraguays Hauptstadt Asunción erklärte derweil der Oberste Gerichtshof Lugos Absetzung für rechtens. Das Auswärtige Amt in Berlin sieht noch Aufklärungsbedarf – anders als Entwicklungsminister Dirk Niebel, der Franco als erster Staatsgast besuchte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm