■ Krümmel: Paradigmenwechsel
Das Atomkraftwerk Krümmel, seit 1983 am Netz, wird von den Energieversorgern PreussenElektra und den Hamburgischen Electricitätswerken betrieben. Wegen der gehäuften Leukämieerkrankungen in der Elbmarsch, mehrfacher Rißbildungen im Rohrleitungssystem, Stillständen sowie erhöhter Radioaktivitätsmessungen ungeklärter Herkunft im Umfeld, steht das AKW seit langem im Verdacht, gesundheitsgefährdend zu sein. Bislang aber erklärte das Kieler Energieministerium als Aufsichtsbehörde, das AKW nicht abschalten zu können. Denn nach dem Atomgesetz müsse erst der direkte Zusammenhang zwischen dem AKW-Betrieb und den Leukämie-Erkrankungen nachgewiesen werden. Die Beweislast liegt bei den AKW-Gegnern. Klarheit über die Leukämie-Ursachen erhofft man sich durch die jetzt anlaufende Fall-Kontroll-Studie des Bremer Epidemiologen Eberhard Greiser.
Unabhängig davon zeichnet sich in der deutschen Rechtsprechung ein „Paradigmenwechsel“ (Energieminister Möller) ab: Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin hat jüngst zugunsten einer Krümmel-Klägerin entschieden, daß erstens einmal erteilte AKW-Betriebsgenehmigungen nicht unbeschränkt gültig sein müssen. Zweitens seien die Elbmarsch-Leukämien bei Erteilung einer Betriebsgenehmigung zu berücksichtigen. Damit bestätigte es erstmalig den möglichen Zusammenhang zwischen Krankheit und Reaktor. Krümmel ist seit dem 31. August zur jährlichen Brennelemente-Revision und zusätzlicher Sonderprüfungen vom Netz. Damit das so bleibt, hofft das Kieler Energieministerium auf baldige schriftliche Begründung des Bundesverwaltungsgerichts-Urteils. hh
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