Palästinenser-Präsidentschaftswahl: Abbas will nicht mehr antreten
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sieht keine Chancen mehr für erfolgreichen Friedensprozess. Deshalb will er offenbar nicht noch einmal kandidieren.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas will offenbar nicht noch einmal kandidieren. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sieht der Palästinenserpräsident keine Perspektive für den Nahost-Friedensprozess. In den vergangenen Wochen hat Abbas bei den Palästinensern an Zustimmung deutlich verloren, nachdem er voreilig für eine Verschiebung der UN-Debatte über den "Goldstone"-Bericht plädiert hatte. Ausschlaggebend für seine Entscheidung scheint jedoch die US-amerikanische Haltung zum israelischen Siedlungsbau zu sein.
US-Präsident Barack Obama und seine Außenministerin Hillary Clinton bemühten sich mit ganzer Kraft um eine Lösung des Nahostkonfliktes und forderten von beiden Seiten Höchstleistungen. Damit ließen sie auch die Erwartungen wachsen. Zum ersten Mal seit 1993 machten die Palästinenser den totalen Baustopp in den israelischen Siedlungen zur Bedingung für Verhandlungen. Als Obama seine Forderungen an Israel relativierte, entzog er Abbas innenpolitisch den Boden unter den Füßen.
Die Führung der PLO hat die Entscheidung des Palästinenserpräsidenten offenbar zurückgewiesen. Abbas würde ein Vakuum hinterlassen. Als sein Vorgänger Jassir Arafat vor fast genau fünf Jahren starb, bestand kein Zweifel daran, dass Abbas das höchste Amt übernehmen würde. Doch nun mangelt es in den Reihen der PLO und der Fatah offenbar an passendem Nachwuchs.
Marwan Barghuti galt über Jahre als Mann mit Aussichten auf das höchste palästinensische Amt. Problematisch jedoch ist, dass er noch immer hinter Gittern sitzt. Mohammad Dahlan und Jibril Rajoub, beide ehemals Sicherheitschefs im Gazastreifen und im Westjordanland, werden ebenfalls für eine mögliche Nachfolge gehandelt werden. Sie haben seit den letzten Parlamentswahlen und anschließend dem gewaltvollen Coup der Hamas im Gazastreifen jedoch stark an Popularität und Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung eingebüßt.
Ohne die Rückendeckung des zwar schwachen, aber doch unangreifbaren Abbas als Palästinenserpräsident dürfte es auch Premierminister Salam Fajad schwer haben, sich erneut bei Wahlen durchzusetzen. Denn er gehört weder der Fatah noch der Hamas an. Abbas hatte erst vor kurzem den 24. Januar 2010 als Termin für Parlaments- und Präsidentschaftswahlen festgelegt, wobei die Hamas bereits ankündigte, die Wahlen zu boykottieren. Ohne den alten PLO-Mitbegründer an der Spitze droht den Palästinensern neue Ungewissheit und Instabilität.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung