Pädagogische Bestleistungen unserer Zeit: Chaos im Karnickelkurs!

Auch dieses Jahr wetteifern innovative Pädagogen wieder um den „Goldenen Zeigestock“. Und dieses Jahr gilt es, das drastische Kaninchenexperiment …

… der César-Klein-Schule im ostholsteinischen Ratekau zu übertreffen. Dort wurde im Rahmen einer Projektwoche zum Thema Steinzeit ein Kaninchen vor den Augen der entsetzten Fünftklässler getötet und anschließend auf dem Schulhof gegrillt und verzehrt. Das Schlachten übernahm der Vater eines Schülers, ein beherzter Landwirt.

Pädagogische Beckmesser hätten sich selbstverständlich gewünscht, dass hier eine Schülerarbeitsgruppe zur Tat geschritten wäre, aber auch so war die Empörung nach dem schönen Experiment groß genug. Die „Karnickel-Causa“ (Solinger Tageblatt) hatte eine Anzeige gegen Schulleitung und Landwirt zur Folge. Die Reaktionen waren einhellig: von „inakzeptabel“ (Solinger Tageblatt) bis „wenig sinnvoll“ (Kinderschutzbund). Die Kinderpsychologin Dr. Ulrike Bowi mahnt im Gespräch mit dem Solinger Tageblatt besonnen: „Man kann Kinder ruhig mit der Realität konfrontieren und muss sie nicht in Watte packen. Aber man darf sie nach solchen möglicherweise traumatischen Erlebnissen keinesfalls alleinlassen, sondern muss sie gemeinsam aufarbeiten.“ Gute Anregung. Deshalb wurde das Grillgut ja dann gemeinsam verzehrt. In der Steinzeit dienten noch zusätzliche Höhlenmalstunden zur Aufarbeitung der kindlichen Traumata nach der Jagd.

Dieses Jahr hat sich im Bereich experimenteller Pädagogik erstaunlicherweise die Waldorfschule um einen Podestplatz beim Wettbewerb um den „Goldenen Zeigestock“ beworben. Wieder ist es eine Schule aus dem Norden, diesmal aus Lübeck. Dort hatte ein Waldorflehrer mit Schülern Schwarzpulver gemischt und zur Explosion gebracht. Die engagierten Schüler spürten beim Zünden der Böllerbombe sogar die Druckwelle. Wir brauchen eben einfach kompromisslose Pädagogen, die auch mal dahin gehen, wo es wehtut.

Vorbilder gibt es genug. Im aufregenden Fahrwasser der praktischen Pädagogik bewegt man sich denn auch nicht erst seit den 68er Jahren. Als Beispiel dienen soll eine schöne Rechenaufgabe aus der „Sammlung von Beispielen und Aufgaben aus der allgemeinen Arithmetik und Algebra“ von Dr. Eduard Heis aus dem Jahr 1894: „Bacchus fand den Silen neben einem vollen Weinfasse schlafend; er benutzte die Gelegenheit und trank während zweier Drittel der Zeit, welche Silen gebraucht hätte, um das ganze Fass zu leeren. Nachdem Silen erwacht war, trank er den von Bacchus übrig gelassenen Rest. Hätten beide gleichzeitig angefangen zu trinken, so wären sie um zwei Stunden früher fertig geworden, Bacchus hätte aber alsdann nur soviel getrunken, als er vordem dem Silen übrig gelassen hatte. In welcher Zeit hätte jeder allein das Fass geleert?“

Eine Aufgabe, die natürlich in einer pädagogisch wertvollen Arbeitsgruppe praktisch überprüft zu werden verdient. Am besten bei einem schön gegrillten Kaninchen, das mit einem genau berechneten Böller in die ewigen Jagdgründe expediert wurde!

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kari

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