: PVAP löst sich auf
■ ZK der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei beschließt direkte Wahlen zum Parteitag / Diskussionspapiere für eine neue Partei angenommen / Die kommunistische PVAP soll entweder abgeschafft oder reformiert werden
Warschau (ap) - Die kommunistische Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (PVAP) will sich bei ihrem kommenden Parteitag selbst auflösen oder von Grund auf reformieren. Dies beschloß das Plenum des Zentralkomitees der PVAP am Montag in Warschau. Außerdem wurde der Beschluß gefaßt, daß die Delegierten zu dem Parteitag am 27. Januar direkt gewählt werden sollen. Ein Parteisprecher teilte am Abend in Warschau mit, außerdem sei eine Reihe von Diskussionspapieren angenommen worden, die den Weg für die Schaffung einer neuen Partei ebnen könnten.
Die Delegierten zu den Parteitagen der PVAP wurden bisher von der Parteiführung bestimmt. Direkte Wahlen würden die Einführung eines demokratischen Elements in die bisher nach kommunistischen Grundsätzen geführte Partei bedeuten. Parteisprecher Jan Bisztyga sagte, die 1.500 Delegierten für den Parteitag müßten bis zum 20. Dezember gewählt sein.
Der für die Vorbereitung des Parteitages verantwortliche Aleksander Kwasniewski erklärte, das ZK habe zwei Entwürfe über die Parteistatuten und das zukünftige Parteiprogramm angenommen. Er sagte, die Partei habe nun zwei Alternativen: eine neue Partei aus linksgerichteten Kräften zu schaffen oder die PVAP unter Beibehaltung ihres bisherigen Namens zu reformieren.
In dem Entwurf über die Reform der Parteistatuten hieß es: „Die gegenwärtige Ansicht ist, daß die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei ihre Existenz beenden und beim 11.Parteitag eine neue Partei geschaffen werden sollte. Die polnische Linke braucht eine starke Partei an Stelle der PVAP.“
Noch schärfere Kritik an der bisherigen Politik der Partei wurde in dem Papier über das zukünftige Programm der PVAP oder ihrer Nachfolgeorganisation geübt. „Der Sozialismus in seiner gegenwärtigen Form hat die Prüfung nicht bestanden. Er hat mit der entwickelten Welt nicht Schritt gehalten und hat die Erwartungen der Gesellschaft nicht erfüllt“, heißt es.
Die Warschauer Nachrichtenagentur 'pap‘ meldete, Parteichef Mieczyslaw Rakowski habe den 230 Mitgliedern des ZKs erklärt, „ungünstige gesellschaftliche Stimmungen“ hätten die Erwartungen der Partei für ein kühnes Programm erhöht. Journalisten durften zu Beginn der ZK-Sitzung kurz in den Saal, mußten diesen jedoch mit dem Beginn der Debatte verlassen.
Der zukünftige Kurs der PVAP ist in Polen zu einem der Hauptthemen geworden, seit die polnische kommunistische Partei zur ersten des Ostblocks geworden ist, die ihre Macht freiwillig abgetreten hat. Mit der Wahl von Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki verlor sie am 24.August die Kontrolle über die Regierung.
Aus einer im September vorgenommenen internen Umfrage unter den Parteimitgliedern geht hervor, daß 72 Prozent von ihnen für eine völlige Umgestaltung ihrer Partei sind, was mit dem Namen anfangen müsse.
Kwasniewski, der in der letzten kommunistischen Regierung Minister für Jugend war, sagte, er hoffe, daß die Veränderungen zur Schaffung einer neuen Linkspartei führen würden. Er und auch Bisztyga erklärten, die PVAP studiere die Veränderungen in der ungarischen kommunistischen Partei genau. Diese hatte sich am 7. Oktober selbst aufgelöst und in eine völlig neue Linkspartei demokratischen Zuschnitts umgewandelt.
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