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PR-Berater über VW-Skandal„Das muss wehtun“

Hasso Mansfeld plädiert für harte Sanktionen bei VW: Der Schmerz müsse spürbar werden, Vorstände sollten regelmäßig in der Kantine arbeiten.

So runtergeranzt, dass es weh tut. Foto: dpa
Anja Krüger
Interview von Anja Krüger

taz: Herr Mansfeld, wie kann VW in den Turbulenzen des Betrugsskandals auf Kurs bleiben?

Hasso Mansfeld: Was bei VW geschehen ist, ist der Sündenfall der deutschen Ingenieurskunst. Deshalb muss jetzt die Katharsis folgen. Das muss nachweislich weh tun. Der Betrachter muss den Schmerz spüren können. Sonst ist das nicht glaubwürdig. Dass Vorstandschef Martin Winterkorn gegangen ist, ist Voraussetzung für die Aufarbeitung.

Wie muss die Katharsis aussehen?

VW muss als erstes vollständig aufklären, was geschehen ist, wer dafür verantwortlich ist und das öffentlich machen. Es muss eine Untersuchung stattfinden, die auch Herrn Winterkorn einschließt. Die Verantwortlichen müssen entlassen werden, von ihnen muss VW Schadenersatz fordern – auch wenn das nur symbolisch ist. Der Schaden hat ja biblische Ausmaße angenommen, wenn man bedenkt, dass die Marktkapitalisierung von VW in zwei Tagen um 27 Milliarden Euro gesunken ist.

Was muss sich grundsätzlich bei VW ändern?

Die Vergötterung der Vorstände muss aufhören. VW muss einen Kulturwandel einleiten. Von den Manipulationen bei Abgastests sind weite Teile der Produktion betroffen. Dass so etwas möglich ist, hängt mit dem Gesamtkonstrukt von Volkswagen und der Haltung im Unternehmen zusammen. Die Vorstände werden von den Mitarbeitern als gottgleich gesehen. Die Vorstände müssen systematisch geerdet werden, indem sie zum Beispiel regelmäßig in der Kantine arbeiten. A priori ist jetzt keine PR-Arbeit gefragt, das wäre nicht glaubwürdig. Jetzt geht es um das Hinterfragen, wie solche Systeme entstehen können.

Warum erschüttert der Skandal die Öffentlichkeit derart?

Die Wellen schlagen so hoch, weil VW eine so hohe Symbolkraft hat. Es gibt kein deutscheres Unternehmen als VW. Der Betrug hier ist, als würde herauskommen, dass der französische Spitzenkoch Paul Bocuse das Essen für seine Gäste bei Lieferando bestellt hat. Das ist ein Kulturschock.

Bild: dpa
Im Interview: Hasso Mansfeld

Hasso Mansfeld, 53, ist Kommunikationsberater und Mitglied der FDP. Er wurde für seine Kampagnen mehrfach ausgezeichnet, etwa dreimal mit dem deutschen PR-Preis.

Wie können die anderen deutsche Autobauer verhindern, dass sie in den Strudel der VW-Affäre geraten?

Sie müssen in die kritische Selbstreflexion gehen. Sie müssen prüfen, ob es bei ihnen ähnliche Manipulation gibt und, wenn sie etwas finden, das öffentlich machen – und zwar bevor es jemand anderes herausbekommt. Grundsätzlich muss ihre Haltung sein: Wir wollen mithelfen, auszumisten.

Schlägt der Skandal auf die Marke „Made in Germany“ durch?

Die deutsche Ingenieurskunst hat international einen Heiligenschein. Dieser Heiligenschein ist stark beschädigt. Jetzt stellt sich die Frage: Wo wird sonst noch gelogen. Die stellt sich auch der Brasilianer, der eine Miele-Waschmaschine kaufen will. Deshalb muss die deutsche Wirtschaft die Vorgänge bei VW ächten, ihre Repräsentanten müssen klar Stellung beziehen, dass sie so etwas nicht dulden. Das kann unter anderem geschehen, indem etwa Wirtschaftsverbände Ehrentitel der Verantwortlichen streichen und sie zu Branchentreffen nicht mehr einladen.

Was muss die Politik tun?

Die Politik muss den Vorfall als Frage der nationalen Ehre definieren, der den Kern unseres Selbstverständnisses berührt. Bisher gelten deutsche Produkte als verlässlich und dauerhaft. Die Testbedingungen für Verbrauchswerte für Autos kann man ja in die Tonne kloppen. Wichtige Konsequenz ist, dass die Automobilhersteller regulativ dazu gezwungen werden, Testbedingungen einzuführen, die der Realität entsprechen. Dann hätte der Skandal auch etwas Gutes bewirkt.

Der Korruptionsskandal bei Siemens, Gesetzverstöße in Serie bei der Deutschen Bank und nun der Betrug bei VW. Sind kriminelle Manager ein typisch deutsches Problem?

Nein. Wir Deutschen genießen zu Recht einen guten Ruf in der Welt. Wenn überhaupt, ist das ein Problem von großen Konzernen, die Schwierigkeiten haben, eine Kultur zu ändern, die über Jahre gewachsen ist.

Wer profitiert von dem VW-Skandal?

Der Skandal ist Wasser auf den Mühlen aller, die es mit unserem Wirtschaftssystem nicht gut meinen, der Kapitalismuskritiker, die jetzt sagen können: Seht Ihr, die nehmen in Kauf uns zu vergiften, um Geld zu verdienen. Das ist der weitere Schaden, der entsteht. Die moralische Qualität der Marktwirtschaft liegt in ihren Ergebnissen, die sie hervorbringt. Wenn Produkte nicht erfüllen, was sie vorgeben, scheitern sie auch moralisch. Das ist der Sargnagel in der Akzeptanz der Marktwirtschaft.

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2 Kommentare

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  • Bei Motorkettensägen geht immer noch nicht Viertakt, da ist man auf Zweitaktmotoren angewiesen. Die aber sind dreckig. Die Abgasvorschriften sind aber auch dort so scharf, dass diese nur auf dem Prüfstand, den Vergaser ganz mager eingestellt, einzuhalten sind. Die Stellschrauben hatten Schlitz, damit nicht der Vorwurf auftauchen konnte, na ja, und nachher wird einfach fett eingestellt, entwickelten die Hersteller Spezialschrauben und Spezialwerkzeug, das nur für Werkstätten zu bestellen ist. Mittlerweile kann man aber dieses Werkzeug auch als Privatmann erwerben, als Nachbau.

    Ist das jetzt Betrug? Wohl wissend, dass mit mager eingestellten Motoren nicht vernünftig zu arbeiten ist, solche Kettensägen zu verkaufen und es dem Kunden überlassen, daran zu drehen?

    Und wenn man auf Verschwörungstheorien steht, steckt natürlich die NSA (Industriespionage) oder Herr Piech dahinter.

    Es gibt Amerikaner, die lassen ihren SUV im Sommer einfach laufen im Stand, damit die Kiste schön kalt ist, wenn man einkaufen fahren will. Es werden hier Krokodilstränen vergossen. Und VW als Ziege an den Pflock gebunden. Hier findet eine Entlarvung des Systems überhaupt statt. Das soll dann wiederum mit Managern kaschiert werden, die in der Kantine arbeiten. Na ja.

  • Die bösen, bösen Kapitalismuskritiker werden also profitieren, anscheinend für manche eine schreckliche Vorstellung.

    Ich hoffe allerdings darauf, daß alle diejenigen Menschen profitieren werden, die, so wie ich, täglich unter den Abgasen des Straßenverkehrs zu leiden haben. Denn es geht ja nicht um eine abstrakte "Umweltverschmutzung", wie das oft genannt wird, sondern ganz konkret um die fortgesetzte und von Automanagern als ganz normal empfundene Körperverletzung an Menschen.