: PDS: Keine Kandidatenüberprüfung
■ Partei vertraut den Angaben ihrer Mandatsbewerber
Berlin (taz) – Der PDS-Vorsitzende Lothar Bisky hat nach einer Klausurtagung der Parteispitze den Wiedereinzug in den Bundestag als „realistisches Ziel“ ausgegeben. Dies sei ebenso wie der Einzug ins Europa-Parlament und die Stabilisierung der PDS bei den ostdeutschen Landtagswahlen „keine Träumerei“. In einer gemeinsamen Erklärung werteten Bisky sowie die Landes- und Fraktionsvorsitzenden der Partei das Ergebnis der Brandenburger Kommunalwahl „für die PDS und alle Linkskräfte“ als „ermutigenden Auftakt“ zum Wahljahr.
Als zentrale Wahlkampfthemen nannte Bisky Massenarbeitslosigkeit und soziale Sicherheit, ersatzlose Streichung des Paragraphen 218, eine neue Flüchtlingspolitik, die „aktive Vertretung ostdeutscher Interessen“ sowie die „antifaschistische Solidarität“ gegen wachsenden Rechtsradikalismus. Die Partei, die mit offenen Listen zu den Wahlen antreten will, werde 1994 als Chance für ein Zusammengehen mit kritischen GewerkschafterInnen, linken ChristInnen sowie linksliberalen Intellektuellen nutzen. Mit dieser Strategie wende sich die die PDS „gegen jedes parteiegoistische Sektierertum“.
Eigene Wege will die PDS bei der Überprüfung ihrer KandidatInnen auf eine frühere Stasi-Mitarbeit gehen. Als „einzige Partei“, so Bisky, werde sich die PDS vom Leninschen Grundsatz „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ distanzieren und ihre KandidatInnen nicht einer generellen Überprüfung durch die Gauck-Behörde unterziehen. Die PDS habe 1990 beschlossen, daß alle Funktionsträger ihre Biographie offenlegen müssen. Das betreffe auch eine frühere Tätigkeit für das MfS. Man vertraue den Aussagen der Kandidaten, erklärte Bisky. Die anderen Parteien haben sich unter dem Titel „Aktion weiße Weste“ für eine obligatorische Überprüfung ihrer Mandatsbewerber ausgesprochen. Bisky merkte an, auch die Überprüfungspraxis durch die Gauck- Behörde sei inzwischen „eine Überprüfung wert“.
Als Ermutigung bezeichnete Bisky den „deutschlandweiten“ Mitgliederzuwachs infolge des Brandenburger Wahlergebnisses. Im Westen sei die Partei in den vergangenen Wochen um 200 auf insgesamt 1.200 Mitglieder gewachsen. In Brandenburg habe es 27 Neuzugänge gegeben.
Bisky kritisierte die „Vereinigung aller Parteien gegen die PDS“, mit der eine „Atmosphäre der Bedrohung“ erzeugt werde. Radikale „Biedermänner“ würden dadurch zu Anschlägen gegen PDS-Mitglieder ermutigt. Bisky nannte in diesem Zusammenhang den Brandanschlag auf die Wohnung des Potsdamer Bürgermeisterkandidaten Rolf Kutzmutz. eis
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