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PDS-Bürgermeister wackelt

■ Heute abend will die PDS in Marzahn über die Zukunft von Bürgermeister Harald Buttler entscheiden. Der Parteimann legte sich mit allen an: der Antifa, der PDS-Basis und mit seiner eigenen BVV-Fraktion

Auf ihren Bezirksbürgermeister ist die PDS-Marzahn derzeit nicht gut zu sprechen. Erst hat Harald Buttler, ohne seine BVV-Fraktion zu fragen, im Bezirksamt Marzahn den Sparvorgaben des Berliner Senats zugestimmt, dann hat er am 1. Mai eine Demonstration von rund 300 Neonazis auf der Marzahner Promenade nicht verhindert. Jetzt liegt der Marzahner Bürgermeister im Clinch mit seiner Partei.

Manche wollen ihn am liebsten loswerden. Aus diesem Grund trifft sich die PDS-Marzahn heute abend auf einer Delegiertenversammlung zur öffentlichen Aussprache. Anschließend wollen die Bezirksverordneten der PDS über einen Abwahlantrag gegen den eigenen Bürgermeister befinden.

Harald Buttler war sich bei der Genehmigung der Neonazi-Demo keiner Schuld bewußt. Die Veranstalter hätten „ordnungsgemäß einen Antrag eingereicht“ und die Erlaubnis nach dem Verbot durch die Polizei vor dem Verwaltungsgericht durchgesetzt. Damit war der Fall für den Marzahner Bürgermeister erledigt. So konnten am 1. Mai in Marzahn rund 300 Neonazis fast ungehindert und weitgehend unwidersprochen „Deutsche Arbeitsplätze für Deutsche Arbeiter“ fordern. Veranlassung, die Öffentlichkeit zu informieren, habe er nicht gesehen. Im Gegenteil, so erklärte Buttler in einem Interview mit der jungen Welt. Er habe „ein gestörtes Verhältnis zu Chaoten“. Ob sie „links oder rechts“ seien, interessiere ihn nicht. In Marzahn gebe es keine faschistische Szene mehr: „Viele von denen sind inzwischen erwachsen und anständige Familienväter geworden.“

Jetzt wirft der PDS-Landesvorstand Buttler in einem offenen Brief vor, er habe aus „Unkenntnis“ oder „politischem Opportunismus“ in skandalöser Weise versucht, einen „Nazi-Aufmarsch zu verharmlosen“, statt ihn zu verhindern und Gegenmaßnahmen zu organisieren. „Unverschämt“ nennt der Landesvorstand Buttlers Gleichsetzung von aktiven AntifaschistInnen und Neonazis.

Doch nicht nur mit seiner Untätigkeit gegenüber dem Treiben von Neonazis in seinem Bezirk hat Buttler den Zorn der Genossen auf sich gezogen. Tief sind inzwischen auch die Gräben zwischen dem PDS-Bürgermeister und seiner BVV-Fraktion in der Frage der Bezirksfinanzen.

Gegen die Stimmen der beiden PDS-Bezirksstadträte und mit Unterstützung des CDU-Stadtrates hatte Buttler Ende April einen Bezirksamtsbeschluß erwirkt, der den Sparvorgaben des Berliner Senats Folge leistet und Einsparungen in Höhe von 47 Millionen Mark im Bezirkshaushalt einstellt. Damit jedoch hat Buttler als einziger PDS-Bürgermeister die Sparvorgaben des Berliner Senats konkret untersetzt. Die vier Bürgermeister in den von der PDS „regierten“ Bezirke hatten sich jedoch zuvor darauf verständigt, die Sparvorgaben nicht konkret, sondern allenfalls als „pauschale Mindereinnahmen“ zu erfüllen und darüber hinaus weiter gegen die Sparpolitik des Senats „konsequent Widerstand“ zu leisten.

Nach Auffassung der stellvertretenden Marzahner Bezirksvorsitzenden Regina Kittler, würden mit dem von Buttler durchgesetzten Beschluß „grundsätzliche politische Positionen der Berliner PDS“ aufgegeben. Auf der nächsten BVV-Sitzung will die PDS Fraktion in Marzahn daher den von Buttler durchgesetzten Beschluß des Bezirksamtes wieder kippen.

In einem Interview mit der Berliner Zeitung hatte Buttler den Bezirksamtsbeschluß gerechtfertigt. Mit der von der PDS favorisierten „Politik des Nicht-Handelns“, würden vor allem die Menschen getroffen. In der PDS, so kritisierte Buttler, sei das Bemühen und die Fähigkeit, „qualifizierte Strategien zu entwickeln, bislang nicht sehr ausgeprägt“, viele Mitglieder der PDS-BVV-Fraktion seien darüber hinaus in der Haushaltsdebatte „überfordert“.

Die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau will mit Buttler vor allem über sein Politikverständnis diskutieren. Sie erwarte von ihm eine Entschuldigung. Vor allem will sie erreichen, daß Buttler künftig einen anderen Umgangston mit Fraktion und Partei pflegt. Hier offenbarten sich, so die Landesvorsitzende, unterschiedliche Auffassungen von innerparteilicher Demokratie. In der Sache allerdings stehe die PDS vor der „Quadratur des Kreises“, räumt Petra Pau ein. Denn setze die PDS die Senatsvorgaben nicht um, falle dies den Bezirken im Jahr 1997 um so schwerer auf die Füße. Auch die anderen PDS-Bezirksbürgermeister könnten also gezwungen sein, ähnliche Beschlüsse wie Buttler in ihren Bezirken durchzusetzen. In der Diskussion über die Bezirkshaushalte entscheide sich, so schwant selbst Petra Pau, die „Politikfähigkeit“ der Berliner PDS.

Nach der heftigen Kritik an seiner Amtsführung schloß Buttler persönliche Konsequenzen nicht mehr aus. Zu sprechen ist der Bürgermeister derzeit allerdings nicht. Er weilt im Urlaub und wird erst am heutigen Abend zurückerwartet. Christoph Seils

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