Outing: Nazis im Umland
■ In Oyten wurde ein Nazi mit Gewalt geoutet und Propaganda verbrannt
15.000 Einwohner. Ein bekennender Rechter. Sonst gebe es in Oyten eigentlich keine Probleme mit Rechtsradikalen, sagt man im Rathaus. Dann tauchten Plakate und Aufkleber auf. Und dann die Antifaschisten, die die Nachbarn „aufklären wollten, wer hier wohnt“.
Nach Polizeischätzungen zogen am Samstag rund 50 größtenteils vermummte Demonstranten zum Haus von Florian Cordes. Der gilt als Mitglied der Nationalsozialistischen Partei Deutschlands (NPD), ist Vorsitzender des Kreisverbandes der Jungen Nationaldemokraten (JN) und organisiert in der „Region Info-Tische, Demos und den Wahlkampf“, berichtet die Polizei Verden. Bei den Linken gilt er als „einer der treibenden Kräfte im Raum Osterholz-Scharmbeck, Verden, Rothenburg und Diepholz“.
Eine Dreiviertelstunde lang hatten sie vor Cordes Haus demonstriert. Flugblätter an die Nachbarn verteilt. Plakate mit dessen Fotos geklebt. Cordes Garage aufgebrochen, und dort gefundenes Propagandamaterial verbrannt. Jetzt laufen Strafverfahren wegen Landfriedensbruch, Sachbeschädigung und versuchter Brandstiftung.
„Die Auseinandersetzungen zwischen Rechten und Linken haben zugenommen“, berichtet die Polizei Verden: Und seit etwa einem halben Jahr verstärkt im Bremer Umland. Das bestätigt auch der stellvertretende Leiter des Verfassungsschutzes in Bremen, Lothar Jachmann: Die rechte Szene habe sich zum Teil ins Umland abgesetzt. Seitdem würden sich auch die Antifa genauer dort umsehen. Besonders am ersten Mai könne sich die Situation dort zuspitzen, vermutet die Polizei Verden.
Anlass für das Outing war ein Aufmarsch, den Cordes im Januar in Weyhe organisiert hatte, nachdem sich dort an der Schule eine Arbeitsgruppe mit Antifaschismus beschäftigt hatte. Auch Bremer Antifas kamen als Gegner – „mit den üblichen Gemetzeln und Autodemolierungen am Rande“, so Jachmann.
Dieser Aufmarsch plus die Plakataktionen in Oyten gingen den Linken zu weit: Cordes sollte unter den Anwohnern enttarnt werden, um ihn „stillzulegen“, ihm auf der „persönlichen Ebene ein bisschen Stress zu machen“. Für den Bremer Verfassungsschutz dagegegen sind die traditionellen Outings von Rechten „Überfälle quasi terroristischer Natur auf sie“, meint Jachmann.
Verändert habe sich aber auch die rechte Szene. Die Linken sprechen von einer „ganz neuen Qualität“: Die Gruppen würden zunehmend untereinander vernetzt, bürgerliche Themen hätten sich etabliert – wenn auch die Rechten „Anti-Expo“ Veranstaltungen machen. pipe
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