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Ostberliner TraditionsstadionDer Plan steht, der Streit geht weiter

Der Senat hat den Bebauungsplan für das Jahn-Stadion beschlossen. Doch nach einem Asbestfund fordert die örtliche Bürgerinitiative einen Baustopp.

So sah es bis zum Beginn der Abrissarbeiten im Jahn-Stadion in Prenzlauer Berg mal aus Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | 2028 könnte der Ball erstmals wieder in einem dann völlig neuen Jahn-Stadion in Prenzlauer Berg rollen. Dann soll wieder fertig sein, was derzeit noch nicht mal Bau-, sondern Abrissstelle ist. Auf dem Weg dahin ist am Dienstag ein „nächster Schritt Richtung inklusiver Sportanlage“ passiert – das meinte jedenfalls Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) bei einer Pressekonferenz im Roten Rathaus. Dort hatte zuvor die schwarz-rote Landesregierung am Vormittag den dafür nötigen Bebauungsplan beschlossen.

Auf dem keine drei Kilometer östlich von der Regierungszentrale gelegenen Sportpark hatten im Februar die Abrissarbeiten an der Haupt­tribüne in größerem Umfang begonnen. Gaeblers Senatsverwaltung hatte sich einen früheren Abrissstart gewünscht.

Doch das Verwaltungsgericht hatte die bereits begonnenen Arbeiten auf einen Eilantrag hin im November gestoppt und das mit Artenschutz begründet. Im Februar konnte es zwar weitergehen, jedoch nur an der Haupttribüne. An der Westtribüne werde man erst im Herbst anfangen können, sagte Gaebler am Dienstag, „wegen der Spatzen-Thematik“.

Daran wird aus Sicht des Senators auch nichts ändern, dass bereits vor mehreren Wochen beim Abriss Asbest gefunden wurde. Dabei handelt es sich laut Gaebler um illegale Ablagerungen aus DDR-Zeiten „in den unteren Bereichen des Stadions, in Hohlräumen“. Was da nun lagere und scharfe Kritik von Anwohnern und einer Bürgerinitiative hervorgerufen hat, sei aber „nicht ein Berg von Asbestmüll“.

14.000 Unterschriften gegen Abriss und Neubau

Die Bürgerinitiative Jahnsportpark, die sich gegen einen Neubau und für einen Umbau des Jahn-Stadions ausgesprochen hatte und dafür 14.000 Unterschriften sammelte, hat der Landesregierung in einer Pressemitteilung vorige Woche vorgeworfen, sie verschleiere Asbestfunde und spare an den Schutzmaßnahmen. Sie fordert unter anderem den sofortigen Stopp für jegliche Bautätigkeit. Auch der grüne Landesparlamentarier Andreas Otto, der sich seit vielen Jahren mit Asbestfällen beschäftigt, kritisiert die Landesregierung für ihren Umgang mit den Funden am Stadion.

Nach Darstellung der Initiative lösten sich Anfang Mai einige Abdeckplanen, sodass asbesthaltiger Schutt einige Tage „ungeschützt und offen da lag“. Ein Mitglied der Initiative habe darum Strafanzeige gegen die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen gestellt. Parallel gebe es eine Beschwerde bei der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt.

Gaebler hingegen wusste am Dienstag nach eigenen Angaben von keiner Anzeige. Er sah die am Stadion tätige Baufirma in der Pflicht, für die Entsorgung zu sorgen. „Wir haben keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass der Auftragnehmer seiner Verantwortung nachkommt“, sagte er – und konterte die Kritik. „Bei allem Verständnis für Besorgnis vor Ort ist schon bemerkenswert, dass die Bürgerinitiative das jetzt wieder zum Anlass nimmt, das, was sie sowieso will, nämlich einen Baustopp und die Verhinderung eines Neubaus, wieder hochzuziehen“, sagte der Senator. Nach seinen Angaben ist das zuständige Landesamt eingeschaltet

Die Arbeit am nun im Senat beschlossenen Bebauungsplan hatte 2020 begonnen. Für die bisherigen Abrissarbeiten sei er nicht erforderlich gewesen. Der Neubau soll im kommenden Jahr starten, vier Jahre später soll das Stadion fertig sein. Zwei Jahre nach der Fertigstellung des Stadions im Jahr 2028 soll auch der komplette Sportpark fertig sein. Die als Gymnastikwiese bekannte Fläche neben dem Stadion, für deren Erhalt sich Anwohner und Nutzer ebenfalls eingesetzt hatten, soll zu einem Drittel erhalten bleiben. Für die restlichen zwei Drittel ist ein Großspielfeld für Feldhockey sowie Fußball vorgesehen.

Noch unter Höchstgrenze von 300 Millionen

Laut Gaebler bleiben die Kosten für das Projekt nach gegenwärtiger Berechnung mit 263 Millionen Euro unter den geforderten 300 Millionen. Erste Planungen waren von weit weniger Geld ausgegangen. Diese Höchstgrenze hatte der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses festgelegt. Möglich sein soll das durch Mehrfachnutzung geplanter Gebäude – weitere könne man später errichten, wenn vielleicht wieder mehr Geld in der Landeskasse ist.

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