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Illustration von zwei Männern, die sich anschauen
Illustration: Manuel Fazzini

Ost und West auf den JugendPolitikTagen Junge Stimmen gegen Medienklischees

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Der Osten – unsichtbar und missverstanden? Katharina Mielke, Fabienne Joswig und Marie Eisenmann sprechen über die Verantwortung des Journalismus.

Eine Studie der Universität Leipzig und des MDR zeigt: Negativ konnotierte Begriffe wie „ausländerfeindlich“, „Lügenpresse“ und „PEGIDA“ tauchen in Medienberichten über Ostdeutschland bis zu zehnmal häufiger auf als in Artikeln über den Rest Deutschlands. In der zwanzigsten Folge von Mauerecho sprechen Dennis Chiponda, seine Co-Hostin Marie Eisenmann sowie die Nachwuchsjournalistinnen Katharina Mielke und Fabienne Joswig über die mediale Darstellung von Ost und West.

Beide Journalistinnen engagieren sich in Redaktionsteams von „politikorange“, einem Projekt des Vereins „Jugendpresse“, der sich für die Förderung von jungem Journalismus einsetzt. Auf den JugendPolitikTagen, einer Veranstaltung der Jugendpresse, diskutieren sie gemeinsam mit 500 anderen jungen Menschen über Themen, die ihre Generation bewegen. Im Podcast sprechen sie darüber, wie Nach­wuchs­jour­na­lis­t*in­nen die Berichterstattung über Ost- und Westdeutschland verbessern können.

Katharina wurde in Bitterfeld geboren und zog in ihrer frühen Kindheit nach Ingolstadt. Für ihr Politikwissenschaftsstudium kehrte sie zurück in den Osten: Heute lebt sie in Leipzig und arbeitet beim Uniradio Mephisto. Fabienne wuchs in Hamburg auf und studiert – wie Katharina – Politikwissenschaften, allerdings in Kiel. Dort schreibt sie für die Unizeitung Albrecht und arbeitet beim NDR. Mit welchem Blick auf Ost und West sind sie als Nachwendekinder aufgewachsen?

Fabienne und Marie, beide aus dem Westen, stellen fest: Während vor allem ältere Menschen im Westen noch immer Vorurteile gegenüber Ostdeutschland haben, gab es für sie selbst kaum Unterschiede zwischen den beiden Landesteilen. „Bevor ich Leute aus dem Osten kannte, hatte ich kein Bild von ihnen im Kopf“, sagt Fabienne. Doch auch das sei eine Form der Unsichtbarmachung ostdeutscher Perspektiven, die es umgekehrt so nicht gebe, wirft Dennis ein.

Was lief bei der Berichterstattung über den Osten schief? Für Fabienne liegt das Problem darin, dass besonders nach Wahlen ein zu einseitiges Bild des Ostens gezeichnet werde. Alles AfD-Wähler*innen – so scheint es oft. Aber was ist mit der Mehrheit, die nicht AfD gewählt hat?

Westdeutsche Dominanz

Marie ist überzeugt: Die westdeutsche Dominanz in den Medien führt nicht nur dazu, dass sich negative Stereotype über den Osten verbreiten, sondern auch dazu, dass gar nicht klar ist, welche Themen Ostdeutsche tatsächlich beschäftigen. „Ostdeutschland konnte nach der Wende gar keine eigene Öffentlichkeit entwickeln“, sagt sie mit Verweis auf den Philosophen Jürgen Habermas. In der westdeutsch dominierten Öffentlichkeit spielen ostdeutsche Perspektiven bis heute eine untergeordnete Rolle.

Das sinkende Vertrauen in Medien hat mit einer zunehmenden Finanzierungskrise zu tun.

„Es wird nicht mit den Menschen gesprochen, sondern über sie“, entgegnet Katharina. Ihr Lösungsvorschlag: Westdeutsche Medien sollten stärker mit regionalen Medien im Osten kooperieren, anstatt dass ein Journalist aus dem Südwesten nur kurz nach Thüringen fährt, den Menschen ein Mikrofon unter die Nase hält und dann wieder verschwindet. Auch Fabienne betont die Bedeutung des Regionaljournalismus: Durch ihn fühlen sich die Menschen mehr gesehen. Gerade bei überregionalen Medien fehle dieses Gefühl, was zu Entfremdung führe.

Sind die Medien also schuld daran, dass viele im Osten populistische Parteien wählen? Marie hält diese Erklärung für zu einfach. Es müsse einen Reflexionsprozess in den Medien geben – aber auch in allen anderen Teilen der Gesellschaft. Das sinkende Vertrauen in die Medien habe nicht nur mit medialen Narrativen zu tun, sondern auch mit der zunehmenden Finanzierungskrise des Journalismus. Sie stellt infrage, ob der Journalismus früher die Menschen aller Schichten wirklich besser repräsentiert habe. Auch Katharina sieht einen Wandel: „In Redaktionen wird Diversität immer präsenter.“ Dennoch gebe es weiterhin Verbesserungsbedarf.

Wie muss der Journalismus der Zukunft aussehen? Und was können Nachwuchsjournalistinnen besser machen?Marie wünscht sich bessere Finanzierungsmodelle für einen tiefgründigen, vielfältigen Journalismus. Katharina hofft, dass es der jungen Generation irgendwann gelingt, Ost-West-Konstruktionen hinter sich zu lassen. Fabienne betont, dass Journalistinnen nicht nur in ihrer Arbeit, sondern auch im persönlichen Umfeld Verantwortung dafür tragen, unvoreingenommen mit Themen umzugehen und ins Gespräch zu kommen.

„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der taz Panter Stiftung. Er erscheint jede Woche Sonntag auf taz.de/mauerecho sowie überall, wo es Podcasts gibt. Das Format „Der Nachwendekindertalk“ erscheint alle zwei Wochen. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm.

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