piwik no script img

Oscar-Preisträger Colin FirthEin Mann der Zwischentöne

Mehr als Mr. Darcy: Durch eine Jane-Austen-Verfilmung wurde Colin Firth populär. Der britische Schauspieler zeigt Gespür für Ironie und feines Understatment.

Brite mit amerikanischer Trophäe: Colin Firth. Bild: reuters

Er habe das Gefühl, seine Karriere sei gerade am Gipfel angekommen. Mit diesen vorgeblich banalen Worten nahm Colin Firth am Sonntagabend den Oscar entgegen. Das Nichtbanale brachte er im Unterton zum Ausdruck, aus dem man deutlich heraushören konnte, dass es von nun an ja nur noch bergab gehen könnte. Die brüchige Stimme informierte den aufmerksamen Zuschauer darüber, dass hier jemand mit Demut den Preis entgegennahm.

Die Darstellung solcher Zwiespältigkeiten ist das große Talent dieses Schauspielers und zugleich der Grund, weshalb der 50-jährige Brite zwar schon ein Vierteljahrhundert in Film und Fernsehen aktiv ist, sein Potenzial aber erst in den letzten Jahren entdeckt wurde. Für jenes scharfe Gespür für die Ironie des Augenblicks, das Colin Firth in seiner Oscar-Dankesrede so wundervoll demonstrierte, findet die Filmindustrie nur selten Verwendung.

Es ist deshalb kein Wunder, dass es eine Jane-Austen-TV-Verfilmung war, die Firth 1995 Popularität verschaffte. Als Mr. Darcy im BBC-Mehrteiler "Pride and Prejudice" erwarb er sich den Ruf eines Frauenschwarms, den er später in den "Bridget Jones"-Filmen etwas selbstverächtlich ausbeutete.

Firth Filmografie liest sich illuster, aber es brauchte den Modemacher und Regiedebütanten Tom Ford, um ihn in "A Single Man" zum ersten Mal als Charakterdarsteller zur Geltung zu bringen. Firth spielte einen um den geliebten Partner trauernden Schwulen im Kalifornien der frühen 60er Jahre. Es war ein Auftritt, der mit fein akzentuiertem Minimalismus die darunter liegenden großen Gefühle aufblitzen ließ. Die Rolle brachte Firth im vergangenen Jahr seine erste Oscar-Nominierung ein.

Mag sein, dass der stotternde König Georg VI., den Firth nun in "The Kings Speech" gibt, die peinlichere und angreifbarere Rolle ist. Dennoch besticht Firth Begabung für Nuancen, fürs feine Understatement. Genau darin besteht der Unterschied zu anderen preisgekrönten "Behindertendarstellungen", wie etwa Dustin Hoffmans Autist in "Rain Man". Firth als stotternder Monarch beeindruckt mindestens so sehr durch seine Ungefälligkeit wie durch sein Menscheln. Das ist eben die Ironie.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • N
    Noncommital

    Oh, ich dachte, nach vorigen zwei TAZ-Artikeln ueber "King's Speech", der Film waere langweilig, angepasst und "zu glatt"? Und jetzt, wo Colin Firth gewonenn hat, gibt es ploetzlich ein Laudatio? Interessant...