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Organspenden in DeutschlandNieren bleiben rar

Die Zahl der Organspenden in Deutschland stagniert trotz eines Pilotprojekts, das Transplantationsbeauftragte in Kliniken schickt. Dennoch soll es für viel Geld fortgesetzt werden.

Nierentransplantation am Universitätsklinikum Jena. Bild: dpa

Es war ein bewegender Auftritt, den Günter Kirste, Medizinischer Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses im Bundestag am 29. Juni in Berlin bot. "Das Potenzial an Organspendern in Deutschland", hob Kirste an, "liegt bei 40 Spendern pro eine Million Einwohner." Kirste machte eine Pause, damit die Zahlen bei den Zuhörern sacken konnten. 40 pro eine Million!

Derzeit liegt die Organspenderate bei knapp 15 pro eine Million Einwohner und erreicht damit nur unteres europäisches Niveau. Rund 12.000 Menschen warten auf eine Lunge, ein Herz oder eine Niere. Weil die Nachfrage aber das Angebot bei Weitem übersteigt, sterben täglich drei von ihnen. Der Gesundheitsausschuss hatte daraufhin Experten eingeladen, die erklären sollten, mit welchen gesetzlichen Änderungen dem Organmangel zu begegnen sei. Kirste hat qua Amt das Monopol für Leichenorgane und den wohl besten Überblick über die Spenderzahlen in Deutschland.

"Eine Bedarfsdeckung wäre möglich", versprach er und verriet auch gleich die Wunderwaffe hierfür: Inhousekoordinatoren. Das sind Ärzte, die es in Deutschland bislang nur in einem von der DSO finanzierten, Anfang 2010 gestarteten Pilotprojekt an 112 Krankenhäusern gibt. Künftig allerdings sollen sie möglichst flächendeckend an allen 1.260 Häusern mit Intensivbetten installiert werden.

Die DSO

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation ist eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt am Main. Sie verantwortet laut Transplantationsgesetz die Durchführung sämtlicher Organentnahmen bundesweit. Finanziert wird sie von den gesetzlichen Krankenkassen. Ihr Budget richtet sich nach der zu erwartenden Anzahl der transplantierten Organe und beträgt 2011 etwa 44,6 Millionen Euro. Den Krankenhäusern vergütet die DSO den Aufwand pauschal.

Die DSO unterliegt der Stiftungsaufsicht des Landes Hessen. Ein Stiftungsrat sowie ein Wirtschaftsprüfer kontrollieren die nichtstaatliche Organisation.

Inhousekoordinatoren hätten, betonte Kirste, idealerweise schon auf Intensivstationen gearbeitet, seien also erfahren im Umgang mit dem Hirntod, der ja die Voraussetzung jeder Organspende sei. Zudem sollten sie die enge Zusammenarbeit verantworten zwischen ihrem Krankenhaus und der DSO - auf dass jede potenzielle Organspende erkannt und realisiert werde.

Darin schwang ein Vorwurf mit, den Kirste und sein kaufmännischer Vorstandskollege Thomas Beck seit Monaten verbreiten: Viele Klinikärzte, obschon gesetzlich dazu verpflichtet, der DSO jeden geeigneten Spender zu melden, machten ihren Job schlecht. Aus Überforderung, unzureichender Kenntnis der Hirntoddiagnostik oder schlicht mangelndem Kooperationswillen. Viele Organe gingen so trotz Spendebereitschaft verloren.

Palliativmedizin bevorzugt

Das Gegenteil ist der Fall. Es ist weder den Krankenhausärzten noch ihrer vermeintlichen Wurstigkeit anzulasten, dass die Spenderaten sinken. Das geht aus einem vertraulichen Zwischenbericht "Inhousekoordination bei Organspenden" hervor, den das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) zur Auswertung des DSO-Pilotprojekts jetzt im Auftrag der DSO erstellt hat: "Des Weiteren zeigt die Inhousekoordination eindeutig, dass die im internationalen Vergleich unterdurchschnittlichen Spenderraten in Deutschland nicht auf unzureichende Meldungen potenzieller Spender durch die Krankenhäuser zurückzuführen sind", heißt es in dem 164 Seiten starken Gutachten, das der taz vorliegt.

Vielmehr gründen die rückläufigen Spenderzahlen dem Gutachten zufolge erstens auf den zunehmenden Ablehnungen, bekundet durch entsprechende Patientenverfügungen oder durch Angehörige. Zweitens steige die Zahl sogenannter "Therapielimitierungen", also die Entscheidung von Ärzten und Patienten, Todgeweihte lieber palliativmedizinisch statt intensivmedizinisch zu versorgen -weswegen sie anschließend als Organspender ausscheiden. Drittens seien viele Spenderorgane einfach ungeeignet für eine Transplantation, etwa weil sie tumorös sind.

Die Inhousekoordinatoren hätten zwar geholfen, krankenhausinterne Abläufe zu verbessern, etwa bei der standardmäßigen Erfassung der Todesfälle mit Hirnschädigung, loben die Gutachter. Sie hätten auch dazu beigetragen, das Bewusstsein unter den Kollegen für die Organspende zu steigern sowie das Organspendepotenzial genauer zu analysieren. Ihr eigentliches Ziel aber - "die Spenderzahlen in den Projektkrankenhäusern zu steigern" - hätten sie verfehlt, heißt es in dem Bericht.

Verglichen mit herkömmlichen Kliniken hätten die Krankenhäuser mit Inhousekoordinatoren nicht besser abgeschnitten, was die Zahl der faktisch realisierten Organspenden angehe: "Des Weiteren lässt sich für die Inhousekoordination keine eindeutige ,Lernkurve' nachweisen derart, dass die Spendermeldungen an die DSO bzw. die realisierten Organspender im Projektverlauf sukzessive steigen."

800 Euro monatlich pro Koordinator

Selbst unter Idealbedingungen dürfte sich an dieser Tendenz wenig ändern, prognostizieren die Gutachter: Wenn man alle Todesfälle mit Hirnschädigung berücksichtige, könnten die Spenderzahlen zwar rein theoretisch maximal um 30 Prozent höher sein als bisher. Das setze allerdings voraus, dass bei allen Hirngeschädigten anschließend auch tatsächlich der Hirntod eintrete, alle der Organentnahme zustimmten und weder Kontraindikationen noch Therapielimitierungen bestünden. Eine utopische Vorstellung, bescheiden die Gutachter: Es "ist […] festzuhalten, dass die faktisch zu realisierenden zusätzlichen Spender […] nicht ausreichen würden, um die Spenderzahlen in Deutschland dem europäischen Durchschnitt oder gar dem europäischen Spitzenniveau anzugleichen."

Damit aber stellt sich die Frage nach der Legitimation der Inhousekoordinatoren. Deren Tätigkeit wird derzeit immerhin mit 800 Euro monatlich pro Koordinator von der DSO unterstützt. Mindestens 2 Millionen Euro sind nach Recherchen der taz bereits in das Pilotprojekt geflossen, eine Weiterführung und -finanzierung für das Jahr 2012, also weit über das eigentlich avisierte Projektende (Dezember 2011) hinaus, ist nach Angaben der Krankenkassen geplant, ebenso eine Festschreibung im Transplantationsgesetz, das derzeit reformiert wird.

Hochgerechnet auf alle 1.260 Krankenhäuser mit Intensivbetten wären das Zusatzkosten von rund 12 Millionen Euro jährlich, zu bezahlen aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Und das, obwohl das eigentliche Ziel nicht mal ansatzweise erreicht wird.

Wie kann so ein Flop passieren?

Wie so ein Flop passiert? Vergleichsweise einfach, berichtete ein knappes Dutzend aktueller und ehemaliger DSO-Mitarbeiter der taz. Die Weise, mit der das Pilotprojekt gegen Zweifel und Widerstände vieler Beschäftigter durchgedrückt worden sei, sei nur ein Beispiel für die "Gutsherrenart", "Beratungsresistenz" und "Intransparenz", mit der die DSO-Vorstände Günter Kirste und Thomas Beck die Stiftung nach innen regierten. Die Idee für die Inhousekoordinatoren sei Kirste und Beck vermutlich auf einer ihrer zahlreichen Dienstreisen gekommen - in Spanien, Europas Organspende-Spitzenreiter mit 34 Spendern pro eine Million Einwohner.

"Ich", sagt ein Vertreter des DSO-Beirats, der die Stiftung fachlich berät, "habe von Anfang an gesagt, dass die Inhousekoordinatoren bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein sind."

Die spanischen Verhältnisse seien nicht übertragbar: Dort gebe es im Unterschied zu hier eine zentralisierte Krankenhauslandschaft, einen großen gesellschaftlichen Konsens und religiösen Rückhalt sowie eine geradezu sensationelle Gesetzeslage: Wer in Spanien zu Lebzeiten nicht aktiv widerspricht, gilt nach dem Tod automatisch als Organspender. In Deutschland dagegen muss man zu Lebzeiten explizit zugestimmt haben; das Parlament will die Nachfragen hierzu demnächst intensivieren. "Weil wir als Fachbeirat aber keine kontrollierende Funktion haben", sagt das kritische Mitglied, "wurde der Einwand als Einzelmeinung verbucht."

"Da wird kein Tacheles geredet"

Und diejenigen, die kontrollieren müssten, schweigen: Dabei sitzen im elfköpfigen Stiftungsrat, dem Aufsichtsgremium über Deutschlands zentrale Organspendeorganisation, neben Transplantationsexperten immerhin auch je zwei Vertreter der Kassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Bundesärztekammer. Allein: "Da wird kein Tacheles geredet", sagt ein frustriertes Exmitglied. Vielleicht auch, weil die Distanz, die die Kontrolleure gegenüber dem DSO-Vorstand wahren sollten, mitunter fragil wirkt.

Am Hamburger Universitätskrankenhaus Eppendorf beispielsweise wurde im Rahmen des Pilotprojekts ein Inhousekoordinator auf einer halben Stelle beschäftigt - bezahlt aus DSO-Mitteln. In den meisten anderen Krankenhäusern erhielten die Koordinatoren dagegen nur eine Pauschale von 800 Euro. Warum? "Das war einfach ein Angebot der DSO", erklärt Björn Nashan, Professor für Transplantationschirurgie. Zufällig ist Nashan auch Mitglied im Stiftungsrat.

Eine Teilzeitstelle finanzierte die DSO auch mal am Lehrstuhl des Strafrechtsprofessors Hans Lilie in Halle. "Die DSO hatte damals noch keinen eigenen Justiziar", sagt Hans Lilie heute. Weswegen sein Lehrstuhl die DSO mit Rechtsgutachten unterstützt habe. Inzwischen ist Lilie Vorsitzender der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer, die Empfehlungen zu Organspende gibt und Parlamente wie Regierungen berät. Seither, so Lilie, finanziere die DSO keinen Mitarbeiter.

Anfang Oktober, als sich das Scheitern des Pilotprojekts "Inhousekoordination" abzeichnete, platzte einigen DSO-Mitarbeitern der Kragen. In einem offenen Brief an den DSO-Stiftungsrat, den Bundesgesundheitsminister sowie zahlreiche Bundestagsabgeordnete mahnten sie Konsequenzen an: "Außer dem Vorstand und den geschäftsführenden Ärzten glaubt schon lange kein Mitarbeiter mehr an das Projekt", schrieben die anonymen Absender.

Der Bundesgesundheitsminister bat daraufhin die zuständigen Gremien "um schnelle Prüfung"; der Stiftungsrat kündigte an, den Vorwürfen nachzugehen. Ergebnisse liegen bis heute nicht vor.

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13 Kommentare

 / 
  • DW
    Dr Weber

    Endlich wird mal klar, dass es nicht wir Ärzte sind, die Ihre Arbeit nicht machen. Danke für die Klarstellung Frau Haarhoff.

     

    Ich bin Neurologe und Inhousekoordinator in einem größeren Haus und muss sagen, dieses Projekt hat ausser viel zusätzlicher Arbeit gar nichts gebracht. Das lässt sich übrigens ganz einfach am bundesweiten Rückgang der Organspende ablesen.

    Das Projekt zu verlängern ist nicht nachzuvollziehen. Doch wird meine Geschäftsführung den Vertrag natürlich gerne unterschreiben, es bringt ja schließlich Geld: die Arbeit bleibt an mir hängen und Spender haben wir dadurch nicht einen mehr!

     

    @Peter: ich bin Linker und im Prinzip für Organspende.

     

    @wespe, aufklärung: Der Hirntod ist in Medizinerkreisen und unter Naturwissenschaftlern überhaupt nicht umstritten. (es finden sich natürlich immer für alles einzelne Gegner).

    Ich selber führe die Hirntoddiagnostik regelmässig durch und habe mich auch wissenschaftlich damit auseinandergesetzt. Trotz einiger gegenteiliger Äußerungen ist noch niemals jemand bei dem der Hirntod korrekt festgestellt wurde wieder ins Leben zurückgekehrt. Auch ist eine Wahrnehmung oder Schmerzempfindung schlicht nicht mehr möglich.

  • P
    Peter

    Wieso muss man als Linker eigentlich gegen Organspende sein? 

    Diese Kommentare und der Angriff gegen die Autorin zeigen wieder einmal wie viele den üblichen Verschwörungstheorien anhängen. Es gibt einige schwarze Schafe in der Transplantationsmedizin und im Bereich der Organspende: diese sind das eigentliche Problem!  Deshalb diese sinnvolle Medizin zu verteufeln ist falsch.

    Stattdessen sollten man/frau dankbar für diesen gut recherchierten und fundierten Artikel sein!!! Es geht um einzelne korrupte Mediziner. Transplantationen sind sinnvoll: auch für aufgeklärte Linke!

  • P
    Peter

    Wieso muss man als Linker eigentlich gegen Organspende sein?

    Diese Kommentare und der Angriff gegen die Autorin zeigen wieder einmal wie viele den üblichen Verschwörungstheorien anhängen. Es gibt einige schwarze Schafe in der Transplantationsmedizin und im Bereich der Organspende: diese sind das eigentliche Problem! Deshalb diese sinnvolle Medizin zu verteufeln ist falsch.

    Stattdessen sollten man/frau dankbar für diesen gut recherchierten und fundierten Artikel sein!!! Es geht um einzelne korrupte Mediziner. Transplantationen sind sinnvoll: auch für aufgeklärte Linke!

  • W
    wespe

    "Hirntod, der ja die Voraussetzung jeder Organspende sei." ++ Am 5.1.2010 schrieb die taz (Link: http://www.taz.de/!60829/) über "Neue Zweifel am Hirntod". So gibt es wohl empirische Beweise, dass Menschen trotz diagnostiziertem Hirntod LEBEN. Falls man sich als betroffener Mensch gegen ein solches "Leben" entscheidet, mag er wohl einer Organspende zustimmen. Falls nicht, sollte man die Finger davon lassen, zumal die Frage gestattet sei: "Gibt es ein Zurück aus dem Hirntod?"

  • SS
    Susi Sorglos

    Das Transplantationsthema bietet ein bemerkenswertes Schauspiel dafür, wie man ein kostspieliges Minderheitenproblem zum gesamtgesellschaftlichen Anliegen aufblasen kann. Die Wahrscheinlichkeit, potentielle Spenderin zu werden, ist extrem niedrig (40 : 1.000.000); meine Wahrscheinlichkeit, Empfängerin zu werden, ist Null, da ich Raucherin und nicht privatversichert bin.

     

    Sehr viel bedeutender hingegen ist für mich das Problem der multiresistenten Krankenhauskeime. Pro Jahr sterben rund 30.000 Menschen durch Krankenhausbakterien, wobei 700.000 Infektionsfälle jährlich neu auftreten. [1,2] »Die Gewerkschaft ver.di [weist] darauf hin, daß vor allem der massive Personalabbau in deutschen Kliniken zur Vernachlässigung der gebotenen Maßnahmen beigetragen hat. Er sei zum Sicherheitsrisiko Nummer eins geworden - der Rotstift beim Personal bedeute Lebensgefahr. Die Zusammenarbeit beim Infektionsschutz erschwert auch die zunehmende Leiharbeit in diesem Sektor. Es gibt Krankenhäuser, deren Beschäftigte zum erheblichen Teil von Personalservicegesellschaften entliehen werden. Für ver.di ist der Zusammenhang zwischen Personalausstattung, Arbeitsmenge und Krankenhausinfektionen augenfällig.« [3]

     

    Statt »Inhousekoordinatoren« brauchen unsere Kliniken Hygieniker sowie qualifiziertes, also gutbezahltes Pflege- und Reinigungspersonal. Außerdem: Wenn viele Klinikärzte, obschon gesetzlich dazu verpflichtet, der DSO nicht jeden geeigneten Spender melden, dann machen sie ihren Job besonders gut! Mein Arzt hat nämlich, auch wenn er mir nicht mehr helfen kann, mich vor Schaden zu schützen. Der Job des »Inhousekoordinators« ist es hingegen, darauf zu dringen, daß mein Arzt sich von mir abwendet!

     

    Im übrigen scheint mir der aktuell angedachte »gesetzliche Offenbarungszwang« nur ein Zwischenschritt zu sein. Nicht zur Widerspruchslösung, die viele so gerne hätten, denn kein Transplantationszentrum ist daran interessiert, daß bspw. die Frage des Hirntods [4] vor dem Bundesverfassungsgericht öffentlich verhandelt und endgültig entschieden wird. Wenn genügend Spendewillige registriert sind, geht es wohl zwecks Erhöhung der Organernte in Richtung »non-heartbeating-donation« (Herzstillstandsspende), die zu recht umstritten ist: »Ein 45jähriger Mann war Anfang des Jahres (2008) nach einem Herzinfarkt in Paris auf der Straße zusammengebrochen. Der Rettungsdienst versuchte an Ort und Stelle vergeblich, ihn zu reanimieren. Daß die Helfer ihn dann in das Krankenhaus Pitié Salpêtrière brachten, wäre dem Mann beinahe zum Verhängnis geworden... Weil das Herz des Mannes keinen Schlag alleine tat und die Ärzte entschieden, daß sie seine Herzkranzgefäße nicht erweitern konnten, lag der Patient nach 90 Minuten als Organspender im OP. Als die Chirurgen dann mit der Entnahme beginnen wollten, atmete der Totgeglaubte plötzlich wieder, und seine Pupillen reagierten auf Licht. Heute kann der Mann wieder sprechen und laufen.« [4]

     

    Wir sollten also nie vergessen: Mit dem Ausfüllen eines Organspendeausweises wird der Freibrief formuliert, andere über den eigenen Tod entscheiden zu lassen.

     

     

     

    [1] http:// www.cecu.de/gesundheit-nachrichten+M5007904533e.html

    [2] http://www.welt.de/wirtschaft/article13360660/30-000-Tote-pro-Jahr-durch-Krankenhaus-Infektionen.html?print=true

    [3] http://www.der-druck-muss-raus.de/node/87

    [4] http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion.html?guid=NWBGPO&page=0

    [5] http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,559972,00.html

  • MG
    Margit Geilenbrügge

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    Liebe Leute,

    muß sich die TAZ wirklich zum Fürsprecher der Transplantatsionslobby machen?

     

    Wer glaubt denn, dass es hier wirklich um die Menschen geht! Die Transplantatsionsmedizin ist eine Sparte in einem Medizinsystem, in dem sich immer mehr die Tendenz durchsetzt, mit dem, was technisch möglich ist, größt möglichen Profit zu machen.

     

    Etwas mehr kritischer Durchblick wäre angesagt!

     

    Margit Geilenbrügge

  • A
    Aufklärung

    „Wenn wir die Gesellschaft aufklären, bekommen wir keine Organe mehr.“ - so umriß Prof. Dr. med. Rudolf Pichlmayr 1985 die Grenze dessen, was wir von den »Experten« an »Information« erwarten können. Information also als Methode des Marketings.

     

    Dagegen Immanuel Kant: »AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen.

     

    Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!«

     

     

    • Organspende und Selbstbestimmung, eine Broschüre der Bundeszentrale für politische Bildung (PDF, 48 Seiten):

    http://www.bpb.de/publikationen/F5U0YL,0,Organspende_und_Selbstbestimmung.html

     

    Darin u.a.:

    • Wie tot sind Hirntote? Alte Frage, neue Antworten

    http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion.html?guid=NWBGPO&page=0

     

    • Hirntod - Ist die Organspende noch zu retten?

    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/hirntod-ist-die-organspende-noch-zu-retten-1605259.html#Drucken

     

    • Kritische Betrachtungen u. a. zu den ökonomischen Aspekten des Transplantationswesens von Richard Fuchs:

    http://www.taz.de/Anmerkungen-zur-Organtransplantation/!78828/

     

    Einige Texte mit historisch-kritische Anlalysen und den daraus folgenden philosophisch-ethischen Fragen der Transplantationsthematik von Prof. Dr. phil. Anna Bergmann::

     

    • Organspende - tödliches Dilemma oder ethische Pflicht?

    http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion.html?guid=Y1BWD8&page=0

     

    • Tabuverletzungen und Schuldkonflikte:

    http://www.initiative-kao.de/bergmann-tabuverletzungen-und-schuldkonflikte-in-transplantationsmedizin.html

     

    • Letzte Zuckungen, Einspruch gegen Organtransplantationen:

    http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2005/12/27/a0133

     

    • Rechtliche Aspekte von RA Dr. Friedrich:

    http://www.dr-friedrich-partner.de/pdf/merkblaetter/mb_aufgeklaerte_organspende%20220511.pdf

     

    • Kein Privatpatient: Pech gehabt!

    Eine Frau starb. Ihr Arzt und ihre Anwältin sagen, man hätte ihr helfen können – mit einer Behandlung, die die Kasse nicht zahlte... Ein Verfahren, „das 3000 Euro kostet, damit sich ein Patient etwas besser fühlt – ich meine nicht, dass die Gesellschaft das tragen kann … Wir sind nicht dazu da, die Wünsche von Patienten zu erfüllen.“

    http://www.tagesspiegel.de/zeitung/chronik-eines-schleichenden-todes/v_print,750172.html?p=

     

    Organspenden kennt jeder. Dass aber auch Gewebe wie Herzklappen, Haut und Knochen mitverwertet werden, ist kaum jemandem bewusst. Denn das Geschäft mit toten Körpern findet im Verborgenen statt. »Würde eine einzige Leiche in all ihre Einzelteile zerlegt und verkauft, käme man in Amerika leicht auf einen Erlös von 250.000 Dollar.«

    • Gewebespende - Lukrativer Leichenhandel

    http://www.stern.de/gesundheit/gewebespende-lukrativer-leichenhandel-642530-print.html

     

    Erlebnisbericht eines Augenzeugen einer Organentnahme

    http://www.blogigo.de/Ryan/Scheiss-Tag/4968/

  • NO
    no organ donation

    darf ich mal fragen, was der anlass für diesen endlos öden artikel ist? ausser, dass die taz aus einem mir unerfindlichen grund ein gesteigertes interesse an der inzwischen üblichen pro-organspende-propaganda hat und deswegen vollkommen unkritisch gegenüber diesem "der mensch ist ein ersatzteillager"-denken ist. die formulierung "unzureichender Kenntnis der Hirntoddiagnostik" lässt es schön durchblicken: die aufgabe der dso ist offenbar, den ärzten zu erklären, dass es kein problem ist, einen lebenden menschen auszuweiden, wenn diese zu verantwortungsvoll sind, denn sterbenden auszuschlachten (und damit erst zu töten). das will man anscheinend erreichen, indem man das hirntod-kriterium grosszügiger auslegt. es ist einfach ekelhaft.

     

    dass immer mehr menschen das erkennen und durch negative erklärung ihre verweigerung ausdrücken, ist gut. den anderen sei gesagt, dass der wert des lebens sich nicht in der länge festmacht. ein anderer umgang mit krankheit fehlt, nicht noch mehr transplantationen.

  • S
    Sabine

    Beim Vergleich mit Spanien bleibt hier noch eine weitere Tatsache unberücksichtigt: In Spanien gibt es die sogenannte "non-heartbeating-donation" also eine Organspende von Herztoten, das ist eine sehr umstrittene Methode. Damit läßt sich natürlich leicht die Zahl der Spenderorgane erhöhen.

  • V
    vic

    Ich bin der Ansicht, jeder Mensch sollte als Orgenspender gelten, sofern er sich nicht dokumentiert dagegen geäußert hat.

    Für mich ist das selbstverständlich.

  • W
    womue

    Es wundert mich hier wirklich, dass man noch nicht dazu übergegangen ist, Strafhäftlingen und Entmündigten zwangsweise eine Niere zu entfernen. Das würde noch einmal richtig Umsatz machen. Damit unsere verarmten Chirurgen endlich mal was auf die hohe Kante bringen.

  • C
    Chef

    Ihr Artikel ist eigentlich ganz gut, aber der Einschub mit Hans Lilie ist ziemlich schlecht..

     

    Journalistisch auf "Bildniveau"

  • S
    Stefan

    Ganz einfach:

    Eine Spenderdatei. Jeder dort eingetragene hat vorrangig das Recht auf ein gespendetes Organ.

    Oder besser per Negativerklärung: Jeder, der nicht widerspricht, stimmt zu. Wer jedoch widerspricht, der schliesst sich auch aus bzw. setzt sich ganz hinten auf die Liste.

    Es wird niemand gezwungen.