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Organisatorin über Veranstaltungsreihe„Ein Forum, um zuzuhören“

Am Schauspielhaus Hamburg eröffnet im Theaterkeller der „Salon Arsenalna“. Hier soll ukrainische Literatur und Musik Begegnungen ermöglichen.

Die U-Bahnstation Arsenalna in Kyiv schützt vor Bomben. Außerdem behauptet sich dort die Kultur Foto: Vojtech Darvik Maca / imago
Paul Weinheimer
Interview von Paul Weinheimer

taz: Frau Hannig, der Titel der Veranstaltungsreihe, „Salon Arsenalna“, macht neugierig: ein Salon in einer U-Bahnstation in Kyiv – was hat es damit auf sich?

Ute Hannig: Die Titelsuche hat ein bisschen gedauert. Vielleicht ähnlich wie bei einem Buch fragt man sich: Was ist die Überschrift des Ganzen? Von Ludwig Haugk, der das Projekt mitinitiiert hat, kam die Idee, das einen Salon zu nennen, weil die Reihe im Theaterkeller stattfindet, der einer Kneipe ähnelt. Die Idee eines Salons hat etwas nicht so Beschwerendes, was den Krieg nicht sofort anklingen lässt. Ein Ort, an dem eine gewisse Schönheit herrscht. Uns ist dabei wichtig, dass es keine Bühne wird, von der herab wir zu Leuten runtersprechen. Es geht vielmehr darum, einen Ort zu schaffen, an dem Leute zusammenkommen.

Und wie kam es dann zu „Arsenalna“?

Es sollte erst „Salon Odessa“ heißen. Wir fanden das super. Dann hat aber die ukrainische Schauspielerin in unserem Team, Nika Kushnir gesagt, dass Odessa schwierig sei, weil das ein russisch besetzter Name ist. Das klinge zwar schön, würde aber eigentlich nicht für unser Vorhaben passen. Dann haben wir weitergesucht, bis unser Dramaturgieassistent Martin Györffy die tolle Idee mit dem U-Bahnhof Arsenalna hatte, der in Kyiv ist.

Der Salon Arsenalna

Der „Salon Arsenalna“ ist eine monatliche Veranstaltung im Theaterrestaurant im Schauspielhaus-Keller. Erstmals öffnet er am 16. 12. um 20.15 Uhr mit Texten von Serhij Zhadan, Musik von Mavka, Gesprächen und Bildern, moderiert und gelesen von Martin Györffy, Ute Hannig, Ludwig Haugk. Karten unter www.schauspielhaus.de oder ☎ 040 / 24 87 13

Organisiert hat die Reihe ein Team um die Schauspielerinnen Ute Hannig, Nika Kushnir und Lea Steinhilber sowie die Dramaturgen Ludwig Haugk und Martin Györffy, die Musik bestreitet Mavka.

Wieso gerade ein U-Bahnhof?

Wir kennen ja alle die Bilder von den Menschen, die sich in den U-Bahnhöfen vor den Bombenangriffen in Sicherheit gebracht haben und dort miteinander in Kontakt gekommen sind, sich gegenseitig geholfen haben, gemeinsam Musik gemacht haben, um sich lebendig zu halten, um zu überleben. Den Bezug darauf finde ich total gut. Ein Bahnhof ist ja auch etwas, wo man reinkommt und wieder rausfährt. Das zeigt, dass es ein Prozess ist, der auch unfertig ist. Die ersten literarischen Texte, die vorgetragen werden, sind von Serhij Zhadan, der schreibt toll, macht aber auch Musik und ist mit seiner Band auch in U-Bahnhöfe gegangen, um dort Musik zu machen. In diesem Kontext ist dann der Titel entstanden.

Ist das zentrale Thema der Reihe der Ukraine-Krieg?

Der Ukraine-Krieg, der jetzt bald ein Jahr alt wird und den wir in nächster Nachbarschaft alle in uns tragen, ist der Anlass und auch der Boden, auf dem dieser Salon entstanden ist. Am Anfang waren wir alle erschrocken über den Krieg. Der Schrecken hat sich nun langsam in ein Grauen verwandelt.

Ist das besser?

Also ich kann emotional für mich sagen, dass dieses Grauen so wie ein Nebel ist, der immer weiter schwelt und es immer schwieriger wird, die Hoffnung zu behalten, dass das bald zu Ende ist. Das Ende eines Krieges ist ja auch nicht der Frieden. So ein Salon kann vielleicht ein Ort werden, an dem man sich mit dem Grauen des Krieges auseinandersetzen kann, jenseits von Ideologie, jenseits von Politik und Machtfragen und einander zuhört.

Sie betonen das Zusammenkommen. Wie stellt sich das Orga-Team das genau vor?

Wir wollen zum einen ukrainische Literatur zusammenkommen lassen, sich versammeln lassen. Dazu nehmen wir uns jeden Monat ein literarisches Werk vor. Jetzt fangen wir mit dem etwas älteren Roman „Internat“ von Serhij Zhadan an, der sich vor allem auf die Ukraine im Jahr 2014 bezieht. Wir wollen uns außerdem der ukrainischen Sprache widmen, also zusammenkommen, um die Sprache in Ruhe und Frieden hören zu können, weil sie durch den Krieg keinen friedlichen Platz mehr hat, fast verzerrt ist. Also ein Zusammenkommen, um einander zuzuhören.

Bild: Werner Bartsch/Deutsches Schauspielhaus
Im Interview: Ute Hannig

50, Schauspielerin im Ensemble des Deutschen Schauspielhauses Hamburg, gehört zum Team, das den „Salon Arsenalna“ initiiert und organisiert.

Wen lädt der „Salon Arsenalna“ als Ge­sprächs­partner*in­nen ein und wie kommt der Kontakt zustande?

Nika Kushnir ist ziemlich gut vernetzt. Sie ist schon seit 1999 in Deutschland und hat hier gute Kontakte zur ukrainischen Community, sowohl zu Freund*innen, die schon länger hier sind, als auch zu Geflüchteten, um die sie sich im letzten Jahr gekümmert hat. Denn wir werden auch Menschen einladen, die geflüchtet sind. Es geht nicht darum, prominente Leute einzuladen, sondern viel mehr Menschen, die zu dem Buch oder dem Ort passend sind, um den es dann geht. Wir wollen da keine Statements, sondern persönliche Eindrücke von Menschen, mit denen wir sonst nicht so schnell zusammenkommen würden und damit ein Forum schaffen, um ihnen zuzuhören. Außerdem beteiligt ist die Musikerin Mavka, die mit ihrer Tochter aus der Ukraine geflüchtet ist und gerade in Berlin wohnt.

Wann ist die zu Gast?

Mavka wird immer dabei sein und zwischen den Texten als stetige Begleiterin Musik machen. So kommen auch die Künste zusammen, es geht also um ein Zusammenkommen auf allen Ebenen. Das ist unser Wunsch.

Wie wird mit sprachlichen Hürden umgegangen?

Ludwig Haugk hat zum Beispiel neulich gesagt, dass es erstaunlich ist, was er von Nika Kushnir durch die gemeinsamen Treffen schon gelernt hat. Es ist allerdings wirklich sehr komplex. Es gibt zum Beispiel viele Ukrainer*innen, die nur Russisch sprechen. Das war mir vorher auch nicht so klar. Wenn man aus der Ostukraine kommt, ist es eigentlich üblich, dass man Russisch spricht, im Westen eher Ukrainisch. Wir haben jetzt einen Gast, der ist 16 Jahre alt und spricht nur Russisch, obwohl er Ukrainer ist.

Gibt es dann verschiedene sprachliche Fassungen der Werke?

Es gibt bei der ersten Veranstaltung eine deutsche Fassung von „Internat“, die gelesen wird. Wir wollen die gleichen Passagen aber auch auf Ukrainisch lesen. Das wollen wir so bauen, dass man die Sprache gut hören kann und hoffen natürlich, dass wir auch viele Gäste haben, die ukrainisch sprechen und die sich gemeint fühlen: Sie sollen Freude daran haben, dort zu sein. Im Gespräch werden wir das wahrscheinlich mischen. Nika Kushnir wird unsere Schnittstelle und Vermittlerin sein, die Ukrainisch, Russisch, Deutsch und Englisch übersetzen kann.

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