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Opposition kritisiert schwarz-gelbIm Ton lau, in der Sache rau

Grüne, SPD und Linkspartei bezichtigen die schwarz-gelbe Regierung der Kientelpolitik und des Verfassungsbruchs. Für Familienthemen schickten sie nur die zweite Reihe.

Macht lupenreine Klientelpolitik: Familienministerin Kristina Schröder. Bild: dpa

BERLIN taz | Klientelpolitiker mit Hang zur Illegalität - dieses Bild zeichnete die Opposition am Donnerstag von der Regierung. Grüne, SPD und Linkspartei warfen Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Bundestag geplanten Verfassungsbruch vor. Sie erwarten nämlich Tricksereien bei der Neuberechnung der Regelsätze für die Empfänger von Arbeitslosengeld II.

Im Ton lau, in der Sache rau, so lässt sich der vorletzte Tag der Spardebatte im deutschen Bundestag zusammenfassen. Die erste Lesung über den Haushalt von 2011 endet am Freitag.

Bevor sie am Pranger stand, hatte von der Leyen am Redepult ihre Prioritätensetzung verteidigt. Von allen Regierungsmitgliedern muss sie am meisten sparen, ihr Etat schrumpft um fast 15 Milliarden Euro auf 132 Milliarden Euro. Damit bleibt sie jedoch die Ministerin mit dem dicksten Portemonnaie und möchte am liebsten auch gar nicht als Sparministerin dastehen. Sie erwähnte Einschnitte daher nur kurz als "Effizienzverbesserungen", so etwa die Streichung des Rentenbeitrags für Hartz-IV-Empfänger.

Viel lieber redete von der Leyen über die Ausgabenseite - die geplante Bildungschipkarte etwa, auf der Leistungen verbucht werden sollen, die Kindern von Hartz-IV-Familien kulturelle Teilhabe ermöglichen. Das schließt Nachhilfeunterricht genauso ein wie Schwimmbadbesuche. 480 Millionen Euro sind dafür reserviert.

"Täuschung", warf Grünen Abgeordneter Markus Kurth ihr vor. SPD, Grüne und Linkspartei vermuten, dass das Geld auf der Bildungskarte für kulturelle Teilhabe nicht reichen werde. Sie unterstellen von der Leyen Schummelei. Demnach gebe es in ihrem Hause Pläne, die Berechnungsgrundlage für die Regelleistung der ganzen Familie zu senken und dann die Kindersätze auf dieser Basis zu erhöhen. Wurde bisher das Einkommen der ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung als Vergleichswert genommen, sollen es jetzt die allerärmsten 15 oder 10 Prozent sein. Von der Leyen äußerte sich dazu nicht.

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) gibt im nächsten Jahr 106 Millionen Euro weniger aus und spart am kräftigsten bei den Beziehern von Arbeitslosengeld II. Für sie fallen die monatlichen 300 Euro Elterngeld, die ein Jahr nach der Geburt extra gezahlt werden, ganz weg. Schröder begründet dies mit dem Lohnabstandsgebot.

Pikant ist allerdings, dass Hausfrauen, die von ihren Männern versorgt werden, das monatliche Grundelterngeld von 300 Euro weiterhin erhalten. Um diese lupenreine "Klientelpolitik" zu geißeln, schickten Linkspartei, Grüne und SPD ihre zweite Reihe ins Feld. "Betroffen sind vor allem Alleinerziehende und Familien mit vielen Kindern", beklagte Dagmar Ziegler von der SPD. Der Linkspartei-Abgeordnete Steffen Bockhahn machte Schröder auf die fehlenden Elemente ihrer Rede aufmerksam: "Zu Frauen haben sie nichts zu sagen." Frauenministerin ist Kristina Schröder ja auch noch. Das hatte sie wohl in der Hitze der Sparschlacht vergessen.

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8 Kommentare

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  • K
    kathi

    Schwarz-Gelb macht es richtig!!!!!

     

    Ich finde es gerecht dass den Hartz 4 Familien das Elterngeld gestrichen wird. Wieso sollten die genauso viel bekommen wie Leute die arbeiten gehen.

    In manchen Hartz 4 Familien gibt es 4,5 oder 6 Kinder muß denn das sein?? Ein normaler Arbeitnehmer kann sich doch auch nicht so eine Großfamilie leisten. Und wir Steuerzahler unterstützen das auch noch!!

    Das die Hartz 4 Erhöhung nur so gering ausgefallen ist finde ich auch mehr als gerecht. Bei Geringverdienern : Frieseuse,LKW Fahrer , Verkäufer usw. wo sollte da denn noch der Anreiz sein zum arbeiten zu gehen, wenn ein Hartz4-ler genauso viel bekommt wie ein Arbeitnehmer!!

     

    Nur weiter so schwarz-gelb!!!!!

  • E
    Evi

    Frau Schröder sieht sich nicht als Familien-, Jugend- oder Frauenministerin. Das will sie offensichtlich nicht sein, sie versteht sich als Männerministerin. Für den Rest der Menschen fehlen ihr nicht nur Erfahrung und Kompetenz, sondern auch und schlimmer, der Wille zu lernen. Wie kann man sonst die Perversion erklären, alleinerziehenden Müttern die 300 EUR zu nehmen, mit der Begründung, Anreize für Arbeit zu setzen, die eine Alleinerziehende ohne Geld für Kinderbetreuung gar nicht annehmen könnte? Im Bewusstsein, welche negativen Folgen die erzeugte Hartz IV-Abhängigkeit für die betroffenen Kinder hat?

  • H
    HamburgerX

    Ich finde die Konzepte unter dem Strich gut. Eine Gesellschaft geht zu Grunde, wenn es zuviele Transferempfänger geht und es diesen zu gut geht. Moral erwächst manchmal aus Leiden - woher soll die Moral kommen, wenn es sich mit Hartz4 leicht leben ließe?

     

    Und zu den alleinerziehenden Müttern und Vätern: Soll wirklich die Allgemeinheit für einen unsteten Lebenswandel haften, wie er oft der Grund für frühzeitige Trennungen und Scheidungen ist? Ich denke, auch hieran kann eine Gesellschaft zu Grunde gehen.

     

    Wer Kinder bekommt, sollte sich einer besonderen Verantwortung bewusst sein. Verhütung ist ja kein Geheimnis mehr. Oder doch?

     

    Deutschland braucht jedenfalls die Sicherheit und Beständigkeit von klassischen Familien und muss diese fördern.

     

    Mir ist eine Millionärsgattin, die sich liebevoll um ihre Kinder kümmert, lieber als eine arabische Großfamilie, für die das Kinder- oder Elterngeld ein Anreiz ist, nach Deutschland einzuwandern.

     

    Mensch Leute, wacht endlich mal auf - alle Wohltaten müssen erarbeitet werden. Und auch Menschen ohne Einkommensteuer finanziern über steigende Mehrwertsteuern und Gebühren etc. den gewaltigen Sozialstaat in Deutschland mit. 700 Mrd. Euro Sozialleistungen jährlich, Rente eingeschlossen.

  • BG
    Bernd Goldammer

    So sieht das christliche Menschenbild offensichtlich aus. Armen wird das letzte genommen und Reichen wird es gegeben. Solange die CDU deswegen unbehelligt von der Kirche bleibt sie Kirchenkomplizin.

  • A
    atypixx

    Wollen wir "idealtypische" ALG2-Bezieher zur Fortpflanzung ermutigen oder eher nicht? Nur wer das mit einem klaren "Ja" beantwortet, darf dann so rumschreien wie einige KommentatorenINNEN hier.

  • K
    K.Schramm

    Es ist zu ernst um lachen zu können. Fr.v. Leyen bedient sich vorbildlich der Verschleierung von Worten. Effiziensverbesserung nennt sie die gravierenden Einschnitte, die Arbeitslose und andere sozial nicht gut gestellten Familien und Alleinlebende hinnehmen sollen. Effizienzverbesserung für wen ? Natürlich, für die Regierung, die Geld in ihre Kassen holen will. Allerdings nicht von denen, die sie vorher so begünstigt hat, Banken, Banken, Banken. Atomkonzere usw.

    Fr. Schröder, um es deutlich zu sagen, hat keine Ahnung, ein Neuling von Roland Koch nach Berlin gebracht, damit sie da knallharte CDU Politik vertritt.

    Ahnung muss man sowieso nicht haben, heutzutage, nur die Ideologie der Partei gut verkaufen muss man können. Ideale haben da keinen Platz, wenn man denn welche hat.

     

    Und ehrlich: Ich bemerke bei mir so eine Art Beisshemmung bei dieser so jungen, unerfahren Frau.

  • J
    Julia

    Frau Schröder ist einfach unglaublich, da fehlen einem regelrecht die Worte. Frauen an den Herd, wer zuhause bleibt, seinen ehelichen Pflichten treu ist und sich im Rahmen christlich-konservativen Heteronormativität fortpflanzt bekommt 300 Euro, alle anderen, die es vielleicht sogar deutlich nötiger hätten, weil sie eben keinen Mann haben, der finanziell für sie aufkommt, leider nicht - das ist ein riesiger Rückschritt auf dem Weg jeglicher Gleichstellung. s ist wirklich bedauerlich, dass jemand mit so wenig Sinn für Emanzipation und Gerechtigkeit eine so wichtige politische Position innehaben und so Frauen und Kinder um ihre Chancen bringen kann.

  • M
    Maike

    Die nichtarbeitende Millionärsgattin bekommt weiterhin die 300,-€ (so Ministerpräsident Tillich), während Frau Schröder dies bei den Beziehern von Arbeitslosengeld II einspart- weil sie ja nicht arbeiten, so die Begründung. Schröder begründet dies mit dem Lohnabstandsgebot. Wunderbar, hier werden die Eltern genannt, aber die Kinder getroffen. Gerade bei Hartz 4 Familien mit Kind sind 300,- € eben 300,-€. Diese 300,-€ fehlen, auch für die Kinder. Sarrazin spaltet? Meine Güte. Hier wird von dieser Regierung mit realer Politik offiziell die Gesellschaft nach Gesichtspunkten der Rentabilität für die herrschende Klasse gespalten. Bei den Kindern der armen Familien gespart, denen es später doch angeblich an Geld für Bildung mangelt. Welch Heuchelei, wie verlogen. Welch unterschiedliche Startchance. Chancengleichheit? Freut euch lieber, dass die armen Menschen hierzulande nicht revoltieren. So brav sind.