Opposition in Simbabwe: Verurteilt wegen Videoguckens
Vor den Wahlen geht die Regierung Mugabe weiter gegen Kritiker vor. Sechs Aktivisten wurden verurteilt, weil sie sich ein Video über den arabischen Frühling ansahen.
JOHANNESBURG taz | Sie wurden gefoltert und misshandelt. Für das Anschauen eines Videos in einem akademischen Seminar über den Arabischen Frühling im vergangenen Jahr sollten sie zu zehn Jahren Haft verurteilt werden. Aber jetzt hat ein Gericht in Simbabwe die sechs Angeklagten freigelassen.
Ihr Urteil von zwei Jahren Haft wurde für fünf Jahre ausgesetzt. In dieser Zeit dürfen sie sich nichts zu Schulden kommen lassen, andernfalls droht ihnen eine erneute Verhaftung. Außerdem müssen die sechs je 500 US-Dollar Strafe zahlen und pro Person 420 Stunden Gemeindearbeit ableisten.
Die Regierung habe mit der Verhaftung und dem Urteil eine Botschaft senden wollen, sagte Dewa Mavhinga, Regionalkoordinator des simbabwischen Krisenkomitees in Johannesburg, ein Dachverband für zivile Organisationen. Kritik an der Regierung wird in Simbabwe nicht toleriert. Die Regierung hatte bereits zuvor die Anklage wegen Verrat und geplanter Gewalttaten zurückgezogen.
Laut Mavhinga habe sie jedoch wegen des starken Drucks vieler nationaler und internationaler Organisationen nicht die Höchststrafe verhängt. Im Vorfeld von möglichen Präsidentschaftswahlen sei damit zu rechnen, dass politische Spannungen zunähmen.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch verurteilte die Verhaftung der sechs Aktivisten – Munyaradzi Gwisai, Hopewell Gumbo, Antoinette Choto, Edson Chakuma, Welcome Zimuto und Tatenda Mombeyarara. Im Nahen Osten würden Menschen verhaftet, die an friedlichen Protesten teilnehmen. In Simbabwe würden Menschen ins Gefängnis geschickt, die das auf Videos verfolgten, sagte Leslie Lefkow, stellvertretender Afrika-Direktor für HRW.
Geständnisse werden mit Gewalt erzwungen
Munyaradzi Gwisai, Leiter der International Socialist Organisation (ISO), bezeichnete die Justiz in Simbabwe unmittelbar nach seiner Freilassung als „Schande“ und sagte, die Diktatur wackele, sie sei aber noch nicht gefallen. Der Kampf müsse weitergehen.
Die sechs Simbabwer waren am 19. Februar 2011 zusammen mit 40 weiteren Personen beim Ansehen eines Videos in der Hauptstadt Harare festgenommen worden. Kurz darauf wurden alle bis auf die sechs Aktivisten freigelassen. Sie verbrachten drei Wochen im Gefängnis, ehe sie gegen Kaution entlassen wurden. Ihre Anwälte durften sie zunächst im Gefängnis nicht besuchen.
Sicherheitsagenten versuchten, mit Gewalt Geständnisse zu erzwingen. Die Gefangenen sollten sagen, dass sie einen Aufstand gegen die Regierung geplant hätten. Den Anwälten zufolge mussten sich die Aktivisten auf den Bauch legen, sie wurden mit Metallstangen, Holzbrettern und Besenstielen auf den Rücken, Fußsohlen und Handflächen geschlagen.
Im vergangenen Jahr hatte die Regierungspartei unter dem 88-jährigen Robert Mugabe Angriffe auf Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und Oppositionelle verstärkt. Mugabe will noch dieses Jahr vorzeitig Präsidentschaftswahlen durchsetzen. Sein Partner in der Übergangsregierung, die frühere Oppositionspartei Bewegung für demokratischen Wandel (MDC), drängt jedoch auf ein Referendum über eine neue, demokratischere Verfassung, ehe das Volk laut Regierungsvertrag im nächsten Jahr an die Wahlurne gehen soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!