Online-Wahlkampf der US-Republikaner: Kent, dem Schlachter, gefällt das
"Folge mir auf Twitter, mag mich auf Facebook und schau mich auf YouTube an": Die Republikaner haben den Online-Wahlkampf mit Obama aufgenommen.
Der Mittwoch gehört der Tradition. In der "Ronald Reagan Library" im kalifornischen Simi Valley werden sich die Anwärter für die republikanische Präsidentschaftskandidatur am Abend ins Scheinwerferlicht der Fernsehkameras begeben, gemeinsam Präsident Obama kritisieren und sich selbst und ihre Job-Programme bestmöglich verkaufen.
Es ist Debatten-Zeit in den USA. Innerhalb der nächsten sechs Wochen werden Michele Bachman, Mitt Romney, Rick Perry und die anderen aussichtsreichen Kandidaten noch diverse Male die Debatten-Bühne betreten.
Unterdessen hat Barack Obama eine andere Bühne erneut betreten. Um seine Wiederwahl zu organisieren, hat der amerikanische Präsident seinen Online-Wahlkampf wieder aufgenommen. Seine Debattierbühne: ein Besuch bei Facebook-Gründer Mark Zuckerberg inklusive live übertragenem Townhall-Meeting mit Facebook-Nutzern. Seine erneute Kandidatur verkündete der Meister des "E-Campaigning" natürlich via YouTube, die offizielle "Obama 2012"-App gibt es seit April zum Gratisdownload.
Doch die Republikaner haben dazugelernt. Soziale Netzwerke sind, anders als noch 2008, als Obama im Präsidentschaftswahlkampf Widersacher John McCain online spielend abhing, integraler Bestandteil der Kampagne jedes ernstzunehmenden konservativen Kandidaten geworden.
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Hashtag #reagandebate
"Hast du eine Frage für die GOP-Debatte? Twittere sie mit dem Hashtag #reagandebate und vielleicht wird sie am 7. September gestellt … #GOP2012 #tlot #RonPaul", twitterte Ron Paul am Dienstag über seinen Account @RonPaul. Mehr als 53.000 User könnten dem Aufruf des Politikers folgen, denn sie folgen ihm auf Twitter.
Kein schlechter Wert für Paul gemessen an den Accounts seiner Konkurrenten. Tea-Party-Darling Michele Bachmann hat knapp 90.000 Follower, Mitt Romney knapp 85.000. Am beliebtesten auf Twitter ist hingegen ein Kandidat, der in den Umfragen nicht ganz vorn liegt: Newt Gingrich. Ihm folgen mehr als 1,3 Millionen Menschen – mehr als doppelt so viele wie Sarah Palin, über deren mögliche Kandidatur nach wie vor nur spekuliert wird, die aber in keiner Favoritenliste fehlt. Und die pünktlich zum Vorwahlkampf eine neue, interaktive Homepage präsentiert hat.
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Gingrich nutzt Twitter als klassisches Wahlkampftool. Der Spendenaufruf gehört genauso dazu wie Obama-Bashing: "Stellt Euch vor, wie frustriert 14 Millionen arbeitslose Amerikaner mit der Jobvernichtungspolitik des Präsidenten und seiner mangelnden Führungsstärke sind", twitterte der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses Anfang letzter Woche.
Eine Studie des "Pew Research Center's Internet & American Life Project" zeigt, dass Gingrich, Romney und Co. gute Chancen haben, online gehört zu werden. Denn 21 Prozent aller Amerikaner, die online sind, haben laut Umfrage soziale Netzwerke genutzt, um sich über die Kongresswahlen im November 2010 zu informieren und zu engagieren. Und darunter waren nicht nur Demokraten.
Frühstücksausgabe im Café
"Demokratische und republikanische Wähler haben gleichermaßen soziale Netzwerke genutzt", heißt es in der Auswertung der Studie. 58 Prozent der demokratischen und 54 Prozent der republikanischen Internetnutzer informierten sich demnach über soziale Netzwerke. Eine deutlicher Wandel im Vergleich zu 2008, wo vor allen Dingen Obama-Wähler online am Wahlkampf partizipiert haben.
Das neu gewonnene Interesse des konservativen Amerikas bedienen die Republikaner über alle Kanäle. Mitt Romney, einer der Favoriten für die Kandidatur, postet auf seiner Facebook-Seite Bilder über seine Labor-Day-Tour. Romney bei der Frühstücksausgabe in einem Café: mehr als 300 Kommentare. Und natürlich können sich Unterstützer von Romney nicht nur über den Like-Button engagieren. Franco aus Georgia und Jennifer aus New York haben sich ihr ganz persönliches "Romney – Glaube an Amerika"-Schild heruntergeladen, sich damit fotografieren lassen und auf Romneys Seite gepostet.
Bei Jon Huntsman, "stolzer Ehemann und Vater von sieben Kindern", wie er sich selbst auf Facebook und Twitter vorstellt, sucht auf Facebook unter seinen bis dato gut 15.000 Fans den "Top-Unterstützer". Ob ihm das jedoch aus dem Umfragetief hilft, scheint fraglich.
In den Umfragen auch eher Außenseiter ist Geschäftsmann und Tea-Party-Unterstützer Herman Cain. Sein Online-Wahlkampf hingegen ist sehr breit aufgestellt. Umfragen auf Facebook und ein Livestream gehören genauso dazu wie "Cain TV" auf seiner Homepage. Dort hat er die Serie "Herman Cain stands with us" gestartet. Kleine Clips, die den durchschnittlichen Amerikaner in den Fokus rücken sollen. So wie Kent, den Schlachter aus Santa Paula, der "Ochsen zu Steaks verarbeitet" und das Gefühl hat, dass die Wirtschaft am Ende ist. Wer braucht einen weiteren Politiker? Niemand. Amerika braucht Herman Cain. Und gleich die nächste Folge auf YouTube ansehen und bewerten.
Technik und Politik
"Das wird der erste Wahlkampf in dem beide Parteien begreifen, das Technologie die Ergebnisse der Wahl verändern kann", sagt Andrew Rasiej, Mitgründer des Blogs TechPresident.com, der New York Times. Der Blog beschäftigt sich seit dem Präsidentschaftswahlkampf 2008 mit dem Einfluss von Technik auf Politik.
Ein detaillierter Blick auf die Sozialen-Netzwerk-Aktivitäten der Politiker zeigt jedoch auch, wo sich Online- und Offline-Wahlkampf neben dem Kampf um Aufmerksamkeit treffen: beim Geld und Engagement. Freiwillige sollen helfen, im Flächenland USA vor Ort für den jeweiligen Kandidaten zu trommeln. Soziale Netzwerke können helfen, potenziell Engagierte gezielter anzusprechen – wenn sie bereit sind, private Daten mit den Politikern zu teilen.
Und ohne enorme Summen hat kein Wahlkampf in den USA Aussicht auf Erfolg. "Jetzt spenden", "Hier spenden", die Bettel-Button auf Facebook und den Wahlkampfseiten der Politiker sind fast so omnipräsent wie amerikanische Flaggen und Traktoren in den Image-Videos von Bachmann und ihren Widersachern. Wer der politischen Debatte online folgen will, wird dem nicht entkommen: Schon jetzt wird der Wahlkampf 2012 von Beobachtern als teuerste aller Zeiten eingeschätzt.
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